Die schwarzen Raender der Glut
jetzt noch nicht sagen kann, welche Einheiten frei werden – und, verstehen Sie mich bitte richtig, wir lehnen es ab, in irgendeiner Weise auf unsere Mieter Einfluss zu nehmen . . .«
Was für eine scheißfreundliche, aalglatte Halsabschneider-Schwuchtel. Laut sagt Franziska, man möge sie doch vormerken. »Und sobald Sie einen Prospekt haben, schicken Sie ihn mir bitte.« Sie gibt ihre Mannheimer Adresse an, und der Blonde notiert sie höflich. Dann blickt er aber doch zu ihr hoch und lächelt fein. »Ihr Patensohn ist Mediävist, sagten Sie? Das ist dann sicher der Lehrstuhl von Schmalbach . . . Ich hätte nie gedacht, dass er schon emeritiert ist.«
Dreimal verfluchte mediävistische Spekulantenschwuchtel, flüstert Franziska tonlos, als sie die Treppe hinabsteigt und das Haus verlässt.
Draußen kommt sie an den reservierten Parkplätzen vorbei. Ein Mann parkt ein orangefarbenes Coupé ein, das Auto sieht nach irgendeiner italienischen Luxusmarke aus und hat kein Frankfurter F-, sondern ein HP-Kennzeichen aus dem Kreis Bergstraße, ist der Fahrer vielleicht der Chef des mediävistisch gebildeten Blondchens? Der Fahrer steigt mühsam aus, so, als ob der Sportwagen doch zu niedrig für ihn sei. Franziska streift den Mann mit einem flüchtigen Blick, ein gebräuntes hageres Gesicht, irgendwas in Franziskas Kopf stupft sie, noch einmal hinzusehen, aber dann hat sich der Mann schon abgewandt.
Egal, denkt Franziska und geht weiter, weil sie sich mit ihrer Freundin zum Brunch in ein kleines plüschiges Café in der Nähe des Grüneburgparks verabredet hat. Aber nach ein paar Schritten holt sie dann doch ihr Handy heraus und ruft Tomaschewski an, den Mannheimer Kripo-Mann, von dem sie den Trick mit dem Plastikstreifen gelernt hat, und gibt ihm das Fahrzeugkennzeichen durch, und der Kripo-Mann will schauen, was er herausfindet.
Das ist nicht zu viel verlangt, schließlich hat Tomaschewski ihr ein paar neue Hosen zu verdanken. Die alten hatte er sich im letzten November versaut, als er im Mannheimer Hafen einem flüchtenden Kosovo-Albaner, der nicht schwimmen konnte, nachgesprungen war und ihn aus dem Wasser gezogen hatte. Das Land hatte ihm die Beinkleider nicht ersetzen wollen, bis Franziska eine kleine Geschichte über die Hosen des Hauptkommissars T. schrieb. Zwei Tage später erhielt Tomaschewski den Bescheid, die Kosten würden erstattet.
Berndorf steht am Fenster und starrt in den Sommertag hinaus. Er wartet. Statt schwimmen zu gehen und in der Sonne zu liegen und sich dem Geruch und dem Lärm des Freibads auszuliefern, wartet er. Er ist allein, Tamar ist gegangen, kurz nachdem er ihr Troppaus Geschichte erzählt hatte, die auch die seine ist.
»Wir haben von dieser Sache gewusst«, hatte Tamar gesagt, »alle im Neuen Bau haben es gewusst.«
Ein Leben hinter der Glaswand. »Sie haben mich nie darauf angesprochen.«
»Niemand hätte das für klug gehalten . . .«
Das Telefon klingelt, dankbar nimmt Berndorf ab. Es ist, höflich und zurückhaltend, der Strafverteidiger Auffert.
»Ich hoffe sehr, Thalmann ist nicht schon wieder . . .?«
»Nein«, sagt Berndorf, »es ist nicht wegen Thalmann. Sie haben doch damals in Düsseldorf die Sabine Eckholtz verteidigt. . .?« Auffert bestätigt, aber seine Stimme zieht sich noch mehr zurück.
»Ich möchte Sie bitten, dass Sie mir ein Gespräch mit Frau Eckholtz vermitteln.« Eilig fügt er hinzu, dass dies keine dienstliche Bitte sei. »Ich bin im Ruhestand, und der Fall, für den ich mich aus einem privaten Anlass interessiere, ist längst verjährt. Strafrechtliche Konsequenzen können sich daraus also für niemanden mehr ergeben. Ich erzähle Ihnen gerne mehr davon, wenn Sie es wünschen . . .«
Schweigen. Also fährt er ungebeten fort. »In der Sache selbst geht es um einen Banküberfall, der im Juni 1972 in Mannheim stattgefunden hat und bei dem angenommen wurde, dass er einen terroristischen Hintergrund habe. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher, und ich hätte gerne gewusst, wie das in der Szene eingeschätzt wurde . . .«
Kälte kriecht durch das Telefon. »Warum sagen Sie nicht, was wirklich Sache ist? Sie wollen mit Frau Eckholtz sprechen, weil Sie vermuten, sie sei damals beteiligt gewesen.«
»Sie wissen doch – der Fall ist verjährt. Ihre Mandantin vergibt sich nichts, wenn sie mit mir redet. Und zweimal nichts, wenn die Szene mit dem Fall tatsächlich nichts zu tun gehabt hat.«
Auffert schweigt. Dann will er aber doch
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