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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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desto tiefer will man sie vergraben. Aber keine Grube ist so tief, dass die Vergangenheit nicht aus ihr aufstehen könnte und nach Ihnen greifen und Sie einholen wird . . .«
    Er greift nach der Türklinke und zerrt daran, bis ihm bewusst wird, dass er sie erst herunterdrücken muss.

    Zwei Jungen, die marokkanisch aussehen, haben Berndorf in seinem Peugeot entdeckt. Bevor sie einen größeren Auflauf veranstalten können, gibt er ihnen zwanzig Franc und den Auftrag, nach deutschen Autos zu sehen, die in den Nachbarstraßen geparkt sind.
    Dann öffnet sich vorne an der Briefmarkenhandlung die Tür, hoch gewachsen, mit etwas fahrigen Bewegungen kommt heraus der Freiburger Universitätsprofessor Ernst Moritz Schatte, der sich kurz umsieht und dann zur Ladentür hin nickt. Es folgen ihm zwei Männer, von denen einer aussieht, als wolle er im Frühtau zu Berge, er ist groß und stämmig und steckt in Kniebundhosen, zu denen er ein rot kariertes Hemd trägt. Warum kein Tirolerhut?
    Dann sieht Berndorf den dritten Mann und atmet tief durch. Diesmal kein Leistungswanderer des Schwäbischen Albvereins. Klein und fast zierlich neben den beiden Deutschen geht ein Mann mit olivfarbenem Teint und einem kümmerlichen, aber rund geschnittenen Kinnbart, der Mann sieht aus wie eine halbe Portion, möchte man meinen, nur Berndorf meint das nicht.
    Marckolsheimer fällt ihm ein und die Geschichte über die Autonomisten mit der Maghreb-Connection. Und der Prozess gegen den muslimischen Sektenprediger, dessen abtrünniger Jünger im Hochofen endete.
    Der Mann aus dem Maghreb bleibt bei einem Renault-Lieferwagen stehen und wartet, während die beiden Deutschen zu dem Porsche gehen. Der Bursche mit den Kniebundhosen nimmt einen voll gepackten Rucksack aus dem Kofferraum, er und Schatte nicken sich kurz zu, dann steigt Schatte in seinen Porsche und der Leistungswanderer trägt seinen Rucksack zu dem Kombi und verstaut ihn im Laderaum.
    Gleich darauf schiebt sich der Porsche aus der Parklücke und zieht leise aufbrummend davon. An der Kreuzung vorne biegt der Fahrer nach rechts ab, in Richtung Stadtmitte. Der Renault bläst eine blaue Qualmwolke aus dem Auspuff und folgt, aber vorne an der Kreuzung wird der linke Blinker gesetzt,
er funktioniert sogar, obwohl das Glas über der Birne halb eingeschlagen ist, es geht stadtauswärts, in Richtung der Nationalstraße 83, falls Berndorf den Stadtplan richtig gelesen hat.
    Schon vorher hat er ohne langes Überlegen entschieden, dass er nicht dem Porsche nachfahren wird.
     
    Grassl geht durch die Bockenheimer Anlage, an einem kümmerlichen Teich vorbei, auf dem ein verirrter Schwan kümmerliche Kreise zieht. Wie viel Tritte verträgt der Mensch? Mehr als er meint.
    Was soll’s? Ein Wisch. Ein hingekrakelter Schriftzug auf einem Wisch. Ein Tamariskenstrauch, der fürs Erste abgebrannt ist. Was heißt: fürs Erste? Abgebrannt ist abgebrannt.
    Was tun? Anders gefragt: Was hättest du tun müssen? Aus ahnungsvollen Tiefen kommt glockenschwer die Antwort.
    Du hättest ihnen die fertige Arbeit auf den Tisch legen müssen. Und ihnen überlassen, was sie dazu sagen. Und das, mein Lieber, kannst du immer noch. Du fährst ins Elsass. Zeitreise auf den Spuren deutscher Eroberer . . .
    Er geht eine Treppe hoch und kommt auf einen Weg, der zur U-Bahn-Haltestelle Eschenheimer Tor führt. Es ist später Vormittag, am besten, er wird in sein Hotel im Nordend gehen und mit dem Rest des Geldes aus dem Doppelturm erst einmal einen strategischen Rückzug antreten.
    Er bleibt stehen. Warum nicht Straßburg? Wo es eine Universität gibt, wird es auch Archive geben. Er lächelt still. Die zwei Männer, die hinter ihm die Treppe hochgekommen sind, gehen an ihm vorbei.
    Dann bleiben sie stehen. Einer der Männer trägt den rechten Arm in einer Stützschiene.
    Und dann sieht Grassl auch schon das feuerrote Mal, das sich über die Wange des Mannes zieht. Grassl wendet sich zur Seite. Aber da packt ihn schon Shortie am Handgelenk, es ist ein schraubstockharter Griff, der ihm den Arm auf den Rücken reißt.

    »Ganz ruhig«, sagt der Bursche mit dem Feuermal, »diesmal hilft dir kein Schaffner . . .«
    Ein Wagen, der halb im Halteverbot und halb auf dem Gehsteig geparkt ist, wird gestartet. Sie gehen auf den Wagen zu, Shortie öffnet die Tür zu den Rücksitzen und stößt Grassl hinein. Dann setzt er sich neben ihn. Der Bursche mit dem Feuermal und der Stützschiene hievt sich etwas mühsam auf den Beifahrersitz. Kaum

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