Die schwarzen Raender der Glut
kriegt seinen Seelenklempner. Troppau nicht. Die Justiz hat gekniffen. Hat ihn allein gelassen mit seiner Schuld.
Franziska lehnt sich zurück.
Ihre Hände liegen jetzt auf dem Tisch. Es sieht ganz entspannt aus.
»Ich hatte tief geschlafen. Irgendjemand läutete Sturm. Es war schon Morgengrauen. Brian steht auf. Lass die klingeln, sag ich. I thought in this country they had given up grabbing people at dawn , sagt Brian und geht in den Flur und zur Wohnungstür.«
Franziska greift nach der Tasse mit der Brühe und zieht die Hand wieder zurück.
»Es war unsere erste gemeinsame Nacht, müssen Sie wissen.« Sie versucht ein Lächeln. Es geht nicht. »Vorhin sagten Sie, Sie seien für jenen Einsatz verantwortlich. Sie haben also Brians Tod auf dem Gewissen. Was bedeutet so etwas? Wie lebt man damit?«
Berndorf blickt in graue forschende Augen. Was willst du hören? Der eine Mann ist tot, der andere Mann lebt. Wer davongekommen ist, soll nicht über Hühneraugen klagen.
»Ich hab mir angewöhnt, nicht mehr daran zu denken.« Stimmt nicht.
»Sehr praktisch.« Franziska trinkt nun doch einen Schluck Brühe. »So hab ich mir das auch vorgestellt. Aber warum kommen Sie jetzt zu mir? Der Tod von diesem Troppau hat Sie doch gar nichts anzugehen. Selbst wenn Sie zuständig wären, müssten Sie den Fall abgeben, weil Sie befangen sind.«
»Es ist noch nicht einmal ein Fall. Er hat Selbstmord begangen. Das steht außer Zweifel.«
»Dann versteh ich Sie erst recht nicht.«
»Warum eine silberne Kette?«
Franziska schüttelt den Kopf. »Keine Fragen. Ich saß ein halbes Jahr in U-Haft. Nie wieder lass ich mich von einem Bullen verhören.«
Berndorf wartet. Franziska betrachtet ihn. Dann winkt sie der Bedienung. Kamelbeinig steht die Bedienung auf und kommt kassieren. Franziska und Berndorf zahlen getrennt.
»Ich biete Ihnen einen Deal an«, sagt Franziska und steckt das Wechselgeld ein. »Finden Sie etwas über jenen Anrufer heraus. Wer es gewesen sein könnte. Ein Indiz. Etwas, das brauchbar ist. Wenn Sie etwas gefunden haben – aber nur dann –, können Sie mich anrufen.« Sie holt aus ihrem Jackett einen Notizblock und reißt einen Zettel ab und schreibt etwas darauf.
»Der Mann heißt Rüdiger Volz. Er war Feuilleton-Redakteur beim Aufbruch , das war die Zeitung, bei der ich damals
gearbeitet habe. Er wohnt heute in Bobenheim, das ist eines dieser Dörfer zwischen Frankenthal und Worms. Sagen Sie ihm, dass Sie seine Adresse von mir haben. Vielleicht spricht er dann mit Ihnen.«
Sie steht auf und geht.
Zwischen hohen Parkmauern findet Birgit Höge einen von überhängenden Ästen beschatteten Platz für den kleinen japanischen Wagen, den sie sich am Morgen für das Wochenende gemietet hat. Die Äste könnten zu einer Sequoia gehören, so vornehm ist das Viertel hoch über Neckargemünd. Sie holt die Zeit heraus und entfaltet einen Aufsatz über Frauenliteratur. Sie liest, aber die Worte fallen ihr durch das Sieb.
Blödes Huhn, denkt sie. Was machst du, wenn das Trampel vorbeikommt und dich sieht? So ein popliges Auto fällt hier doch sofort auf. Da schau her, Hubermayers müssen eine neue Putzfrau haben.
Und wenn? Lass sie doch kommen und gucken. Dann weiß sie wenigstens, dass Krieg ist.
Unsinn. Wenn sie allein kommt, ist vielleicht gar nichts. Noch immer hast du keinen Beweis. Nur ein Stück beschichtetes Plastik. Nein. Kein Beweis. Er kann sonst wen gefickt haben.
Du weißt ganz genau, dass es Bettina ist. Seine verdruckte Art, nach ihr zu fragen. Dass er ihr die besten Auftritte zuschanzt. Seine Fürsorge, dass sie nur ja nicht fehlt.
Und der Ausdruck, mit dem sie dich ansieht.
In Schräglage biegt ein Jeep aus der nächsten Querstraße ein und hält mit quietschenden Reifen vor Chefarzts Anwesen. Hinter dem Essay zur Frauenliteratur geht Birgit in Deckung, über die Schlagzeile lugend. Zwei Köpfe stecken zusammen, dann springt das Mädchen aus dem Jeep. Ihr Sommerrock weht hoch und gibt den Blick frei auf gebräunte stämmige Beine. Sie winkt dem Jeep-Fahrer zu und entschwindet, die Schultasche schlenkernd.
Du kleines Biest, denkt Birgit, das ist ja gar nicht Hubert.
Winklige Gassen. Grau und ocker verputzte Fassaden, manche mit Eternit verkleidet. Vordächer aus gelb getöntem Glas. Die Jalousien heruntergelassen. Eine türkische Familie belädt einen Kombi, turmhoch sind Koffer und Bündel aufgeschnürt. Last exit Bobenheim.
Die Sonne neigt sich den Pfälzer Bergen zu, aber in den
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