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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Täter sei keine Frau, sondern ein Mann. Ein Mann mit langen Haaren.«
    »Ich weiß es nicht mehr. Woher soll ich es auch wissen? Es ist drei Ewigkeiten her. Es war ein anonymer Anruf.«
    Berndorf greift wieder nach dem Slip. »Exakte Angaben. Adresse, Stockwerk. Silberne Kette als besonderes Kennzeichen. Klare, feste Stimme, hast du damals gesagt.«
    »Ja. Sicher doch.« Steguweit hat sich gesammelt. »Aber weiter weiß ich nichts. Ich weiß nicht, ob sie Hochdeutsch gesprochen hat oder einen Dialekt. Oder ob sie einen Akzent gehabt hat. Ich weiß nur, dass ich es damals angegeben hätte, wenn so etwas gewesen wäre.«
    Er redet nicht von einer Person. Er redet von einer Frau, denkt Berndorf.
    »Du bist sicher, dass das kein Mann war?«
    »Bin ich. Natürlich gibt es Kerle, deren Stimmen man für die einer Frau halten kann, vor allem am Telefon. Aber ich habe damals keinen Zweifel gehabt, dass es eine Frau war.«
    »Warum steht dann in den Akten nur, dass es eine Person war?«
    »War es doch auch. Wenn ich sie für einen Mann gehalten hätte, hätte ich es auch so angegeben. Ich hätte reingeschrieben, dass es eine männliche Person war.« Berndorf schließt kurz die Augen. Wenn die Frau ein Mann ist, ist sie eine männliche
Person. Was für ein Kinder fickender bürokratischer Schriftkünstler. »Bist du später dazu vernommen worden?«
    Steguweit schaut misstrauisch zu Berndorf hinüber. »Sicher doch. Immer wieder.« Plötzlich strafft er sich. »Und ich bin vergattert worden, dass meine gesamte Aussage vertraulich bleiben muss. Wer hat Sie eigentlich befugt, mich dazu zu vernehmen?«
    »Das da«, sagt Berndorf und greift mit Daumen und Zeigefinger nach dem Slip und hält ihn hoch. »Das da befugt mich, Steguweit. Wer hat dich vernommen?«
    »Das war der alte Kuhlbauer. Vom Polizeipräsidium Karlsruhe. Das müssen Sie doch wissen. Der hat doch auch Sie in der Mangel gehabt.« Er grinst hämisch.
    Berndorf erinnert sich. Es ist keine angenehme Erinnerung. Und trotzdem hätte er Kuhlbauer ganz gerne aufgesucht und ihm eine oder zwei Fragen gestellt. Aber der Fall hat sich erledigt. Vor anderthalb Jahren ist Polizeidirektor i. R. Albin Kuhlbauer, im Krieg Gestapochef in einer galizischen Stadt, sanft in seinem Bett den Rentnertod gestorben, unbehelligt von der Justiz, ein paar Zeitungen haben ihm nachgerufen, was wohl die Wahrheit war und ihn trotzdem nicht mehr zu stören brauchte.
    Berndorf lässt sich von dem Schreibtisch herunter und geht auf Steguweit zu und hält ihm den Slip hin. Der greift danach, aber Berndorf nimmt ihn wieder weg.
    »Nur eines noch. Die Frau hat etwas von einer Silberkette gesagt. Sag mir, wie das genau war.«
    Steguweit macht ein klägliches Gesicht. »Chef, das war 1972. Das sind bald dreißig Jahre her.«
    »Ich bin nicht dein Chef. Erinner dich.«
    »Ich hab es doch schon gesagt. Sie hat gesagt, die Durchsage in den Nachrichten ist falsch. Es war keine Frau dabei, sondern ein Mann mit langen Haaren.« Plötzlich verändert sich seine Stimme. Geziert sagt er etwas auf. »Sie finden ihn in Feudenheim . Dann hat sie die Straße und Hausnummer genannt. Dritter Stock. Rechts. Eine Frau ist bei ihm. Achten Sie auf die silberne Kette .«

    »Das gibt aber keinen Sinn. Wer hat eine silberne Kette?«
    »Die Frau, Chef. Die Frau, die bei dem Mann ist, hat eine silberne Kette. Daran erkennt man sie. Sie ist seine Komplizin. So hab ich’s verstanden.«
    Unsinn. Beide waren nackt. Keiner trug eine Kette.
    Berndorf steckt den Slip in die Brusttasche von Steguweits Hemd und schiebt ihn von der Tür weg und macht sie auf.
    »Noch was, Steguweit. Auf der Liste von den Kollegen stehst du ganz weit oben. Die warten nur darauf, dass eines von den Mädchen angeheult kommt, und du bist dran. Da hilft dir dann auch keine Remittenden-Ware mehr, und wenn du sie im Lastwagen anlieferst. Glaub mir das.« Hoffentlich ist das auch so, denkt er und geht den Korridor hinunter.
     
    Hubert Höge hat das schnurlose Telefon ins Musikzimmer mitgenommen, durch dessen Isolierscheiben er draußen im Garten seine Frau sieht, die gerade auf den herrenlosen räudigen Kater einredet. Trotz der dicken Scheiben spricht er mit gedämpfter Stimme.
    »Sie ist gestern Nacht zurückgekommen. Nach einem Unfall auf der Autobahn.«
    Miriam glaubt ihm nicht. »Was redest du da? Sie ist doch mit dem Zug gefahren.«
    »Sie hat es sich anders überlegt. Sie hat sich einen Mietwagen genommen.«
    »Oh!«, sagt Miriam, »Birgit hat es sich

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