Die schwarzen Raender der Glut
»weil ich nicht glaube, dass das ein Unfall ist. Zundt lebt seit Jahrzehnten hier, und er kennt den Albtrauf.«
Tamar betrachtet den Toten, der in einem dunklen Anzug steckt, und vor allem betrachtet sie seine Halbschuhe. Es sind schwarze Halbschuhe, deren mit nasser Erde verschmierte Sohlen nach oben schauen. Soweit es Tamar erkennen kann, sind es Ledersohlen, nicht ganz neu, denn an der Spitze sieht man Lederflicken. Wer Halbschuhe mit Ledersohlen trägt und diesen Weg nimmt, kann sich so gut auskennen, wie er will, denkt Tamar. Die Ledersohlen rutschen ihm trotzdem weg.
»Zundt hat nie so etwas getragen, wenn er spazieren ging. Die Bauern kennen ihn nur in Kniebundhosen und Stiefeln.«
Tamar blickt den Propheten fragend an. Da ist doch noch irgendwo ein Kaninchen.
»Es gibt auch nur einen einzigen Grund, warum er in diesem Anzug den Franzosensteig hinab ist. Er wollte zur Bushaltestelle unten im Tal. Das machen wir alle so, wenn wir ins Unterland wollen. Sonst müssten wir erst nach Wintersingen und dort umsteigen.«
Tamar nickt, als ob das eine Erklärung sei.
»Nur versteh ich eines nicht«, fährt Seifert fort. Mein Gott, denkt Tamar, sind das die Vernehmungsmethoden der alten Schule?
»Ich verstehe nicht, warum er zum Bus wollte. Wenn er wegfährt, nimmt er seinen Audi. Er nimmt ihn immer. Noch nie ist er mit dem Bus gefahren.« Unter buschigen Augenbrauen mustert der Prophet die Kommissarin.
»Und Sie wissen nicht zufällig, warum er diesen verdammten Audi hat stehen lassen?«
Streng schüttelt der Prophet den Kopf. »Nicht solche Worte, junge Frau. Sie versündigen sich. Das wäre schade um Sie. Aber warum er sein Auto stehen gelassen hat, das zeige ich Ihnen jetzt.«
Er wendet sich zum Steig und geht hinauf. Sein Hund schaut zu Tamar auf, die achselzuckend seinem Herrn folgt. Nach einem kurzen, befriedigten Wedeln des Stummelschwanzes schließt der Hund sich ihnen an.
Im fensterlosen miefigen Büro des Hausdetektivs lehnt Steguweit gegen seinen Schreibtisch und hat die Hosen heruntergelassen. Vor ihm kniet die kleine Dunkelhaarige, die er in der Parfümerie erwischt hat.
Ein blow job ist für alle Beteiligten angenehmer als eine Strafanzeige. Für die Dunkelhaarige, und für ihn auch. Findet Steguweit. Sogar für die Staatsanwaltschaft, die sowieso nicht weiß, wohin mit all den Strafanzeigen. Außerdem, denkt Steguweit,
wird er der Kleinen den Pass abnehmen. Nur zur Sicherheit. Und die Abende sind lang in dieser Jahreszeit.
An der Tür klopft es. Die Kleine fährt erschreckt zusammen, Steguweits Schwanz glitscht aus ihrem Mund. »Mach weiter«, flüstert er. Wieder klopft es an der Tür. Die Kleine steckt gehorsam wieder in den Mund, was dort noch nicht fertig hat. Noch einmal klopft es an der Tür.
Hau ab, du Arsch. Unter ihm macht die Kleine mit ihren Lippen und ihrer Zunge, was sie tun soll. So ist es recht. Lutsch dir die Bananenmilch.
Draußen entfernen sich Schritte. Steguweit kommt es. Die Kleine will den Kopf wegziehen. »Bleib«, sagt Steguweit und zwingt ihren Kopf mit beiden Händen an sein Gemächte. »Brav schlucken. Gute Medizin. Hilft gegen Polizei, Knast und Ausweisung . . .«
Dann ist Steguweit fertig und will, dass die Kleine noch schön sauberleckt, aber das Mädchen springt plötzlich auf und rennt in das kleine Klo, das zu seinem Büro gehört, und kauert sich vor die Kloschüssel und kotzt und kotzt und hört nicht mehr auf zu kotzen und zu würgen.
»Hab dich nicht so«, sagt Steguweit und zieht sich die Hosen hoch. »Du hast den Job nicht zum ersten Mal gemacht, meinst du, ich merk so was nicht?« Ich werd sie besser laufen lassen, denkt er dann. Das kann keiner brauchen, dass so ein Mädchen ihm die ganze Wohnung voll reihert. Dann holt er eine Schachtel Tabletten aus seinem Schreibtisch und schüttelt eine heraus und geht zum Handwaschbecken im Klo, die Kleine hockt noch immer vor der Schüssel und würgt, er greift über sie hinweg und füllt einen Pappbecher mit Wasser und wirft die Tablette hinein. Er wartet, bis sie sich aufgelöst hat, dann beugt er sich zu dem Mädchen herunter und zieht seinen Kopf an den Haaren hoch: »Trink das!« Das Mädchen will nicht, aber dann trinkt es doch, die Hälfte sabbert vorbei.
Das Gewürge hört auf, nur Steguweits lausiges, versifftes, fensterloses Büro stinkt nach Kotze, dass man den Gestank mit dem Messer schneiden möchte. Steguweit dreht den Lüftungsschalter
auf, aber viel hilft das nicht. »Hau ab«, sagt er
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