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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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gebucht und bezahlt. Unsereins kann das nicht verfallen lassen. Was passiert war, hab ich drei Tage später in einer deutschen Zeitung gelesen. Und in den ganzen Tagen am Strand habe ich nur gebrütet, ob ich nicht zurückfliegen soll und mich um Franziska kümmern. Aber sie war im Knast, und irgendwie wusste ich, dass sie mich nicht sehen will.«
    »Sie haben sie dann lange Zeit nicht mehr gesehen.«
    »Überhaupt nicht mehr. Eines Tages, in der zweiten Urlaubswoche, bin ich an einer kleinen Klitsche vorbeigekommen, und da hat ein Mensch auf einer baufälligen Linotype eine Urlaubszeitung für die Deutschen am Ort gesetzt, Zeitung ist zu viel gesagt, ein Anzeigenblatt mit einem bisschen PR . . . Im Schaufenster hing ein Schild, Hilfskraft gesucht, Wohnung und gute Bezahlung, und da habe ich gedacht, das ist der beste Weg, dass ich niemanden mehr sehen muss, und hab dem Verlag meine Kündigung geschickt und bin in der Sonne geblieben.«
    »Geht das so einfach?«, fragt Barbara. »Sie hatten doch eine Wohnung oder ein Zimmer. Und was war mit Ihrem Wagen?«
    »Ein Kumpel hat meine Wohnung aufgelöst und mein bisschen Krempel einer Spedition mitgegeben, Kumpel ist vielleicht zu viel gesagt, es war Busse. Dafür hab ich ihm den VW vererbt, für einen seiner Knaben, was mich noch am meisten gereut hat. Sonst gab es kein Problem. Arbeitsgenehmigung und Sozialversicherung hat mein Chef geregelt, und auf den Job verstand ich mich . . . Es sind dann alles in allem ganz gute Jahre geworden. Von April bis November habe ich gearbeitet, nicht allzu viel, Mädchen waren immer zu haben, und wenn zwei Wochen rum waren, saßen sie wieder im Flieger und sind zurück nach Sulz am Neckar. Den Rest des Jahres hatte ich meine Ruhe und hab mir das Land angesehen. Was wollen Sie mehr?«

    »Warum sind Sie dann heute hier?«, will Barbara wissen.
    »Irgendwann hat der Mensch seine Klitsche an einen großmäuligen deutschen Verlag verkauft, und die haben einen smarten Jungen geschickt, den ich mir nicht antun wollte. Außerdem habe ich dieses Abbruchhaus hier geerbt. Ich wäre besser unten geblieben. Das hier ist kein Land mehr für mich. Verheiratet bin ich jetzt auch noch.«
    »Und in der ganzen Zeit hat sich kein Bulle daran gestört«, fragt Berndorf, »dass Sie, der revolutionäre Proletarier, so plötzlich verschwunden waren?«
    »Mein Pass ist anstandslos verlängert worden. Niemand hat je etwas von mir wissen wollen, bis vor anderthalb Jahren. Da kam dieser andere pensionierte Polizist, Wilhelm Troppau, und fing an, mich auszufragen. Auch nach dieser silbernen Kette.«
    »Und wissen Sie etwas darüber?«
    Steffens nimmt einen langen Schluck. »Wenn ich etwas wüsste, warum hätte ich es Troppau sagen sollen? Sehen Sie, diese alten Geschichten interessieren doch kein Schwein. Verjährt sind sie außerdem. Das ist alles so tot und vergessen wie der Fußball, den die Deutschen 1972 gespielt haben. Was also ist es, was man hier noch ausgraben kann?« Herausfordernd schaut er seine beiden Besucher an.
    »Sie irren«, sagt Berndorf. »Wir spielen nicht Schatzinsel.«
    »Es kommt nicht darauf an, was Sie spielen«, erwidert Steffens. »Wenn Sie herausfinden, was damals war, dann führt Sie das wie an einer Hundeleine zu dem Geld, oder was davon noch übrig ist. Glauben Sie mir – wenn ich eine Ahnung hätte, wo es liegt, hätte ich schon längst den Spaten geholt.«
    »Ich nehme an, das haben Sie auch Troppau erklärt?«
    Steffens überlegt. »Ich habe es versucht. Aber ich fürchte, er hat es nicht begriffen. Es war ein Abend irgendwann im November, als er hier erschienen ist. Ich hab ihn hereingebeten, und er saß hier, wie Sie jetzt hier sitzen, in einem schweren regennassen Mantel, den er nicht ablegen wollte . . . Er tat so, als ob er von dem Geld gar nichts wissen wolle. Es gehe ihm nur
um diesen Toten, sagte er, und darum, wer damals bei der Polizei angerufen hat . . .«
    »Wieso glaubte er, dass Sie etwas über diese Kette wissen könnten?«
    »Mir sagt diese Kette nichts. Sie wissen doch auch, dass das nur ein Hirngespinst ist.« Er macht eine Pause, als ob er auf Widerspruch warte. Schließlich spricht er weiter. »Troppau war bei mir, weil ich zu dieser Clique um Franziska gehört habe. Und weil er dachte, wenn er mir den Überfall anhängen kann, dann steckt die gesamte Clique mit drin, und der ganze mörderische Aufmarsch Ihrer Staatsgewalt ist halbwegs gerechtfertigt, spät, aber irgendwie doch.«
    Schweigen breitet sich

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