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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Das tut dir nicht gut.«

    »Dieser Herr Schnappauf, Giselher fehlt, eben der, über den sich gerade der Innenminister aufregt«, erklärt Tamar. »Weißt du, was das bedeuten könnte? Als der Herr Zundt noch nicht den Fels heruntergefallen war, wollte er nichts von Frau Schnaase-Schrecklein wissen und nichts von Herrn Schnatzheim. Das bedeutet es. Er wollte etwas von Herrn Schnappauf wissen, dabei ist der in einer ganz anderen Partei. Und es war ihm sogar so wichtig, dass er das ganze Blatt herausnahm. Nur – bei der Leiche haben sie es nicht gefunden.«
    Hannah betrachtet sie schweigend. Tamars Gesicht glüht, und ihre Augen sind groß und klar und leuchtend. In Spitzen fällt das noch immer feuchte Haar über ihre Schultern, und der Bademantel hat sich über ihrer Brust geöffnet.
    Hannah atmet tief durch. »Hier hast du was zum Schreiben«, sagt sie und schraubt einen Tuschestift auf. »Schreib diesen albernen Namen zu den anderen albernen Namen, und dann komm und leg den Zettel weg. Leg ihn schnell weg.«

Sonntag, 2. Juli
    Es ist ein schöner klarer Morgen, so schön und klar, dass man es selbst auf der zugigen Hochpassage über den Bahnsteigen des Heidelberger Hauptbahnhofs wahrnimmt.
    »Eigentlich kein Tag zum Zugfahren«, sagt Barbara.
    »Es wäre ein Tag für den Odenwald«, sagt Berndorf. Er sieht Wanderwege vor sich, die durch stille Täler führen, an Bachläufen vorbei und über grüne Hügel, die im Licht liegen. Es hat Zeiten gegeben, da sind sie diese Wege gegangen.
    Aber Barbara muss zurück. Zurück nach Berlin. Der Flieger wartet nicht.
    »Wir holen es nach«, sagt Barbara. »Und die Erinnerungen werden uns nicht mehr bedrücken.«
    »Ich hoffe es«, meint Berndorf, aber seine Stimme klingt, als ob ihn gleich die Übelkrähe der Depression anfliegen wird.
    »Was machst du heute noch?«, will Barbara wissen. Berndorf sagt, dass er sich noch einmal die fromme Gemeinde anschauen wird, in der Troppau eine Zeit lang sein Seelenheil gesucht hat. »Vielleicht finde ich jemanden, mit dem sich reden lässt. Danach geh ich in ein Internet-Café und versuche, die Adressen von diesem Busse herauszufinden. Falls der nicht längst am Virus gestorben ist.«
    »Du bist dran, nicht wahr? An irgendetwas hast du dich festgebissen, und nun wirst du nicht mehr loslassen.«
    Berndorf zögert. »Genau besehen, habe ich nichts, schon gar nichts, um mich daran festzubeißen. Aber das ist es ja. Wo etwas sein sollte, ist nichts. Es gibt nicht einmal Kollegen, die
etwas von Steffens hätten wissen wollen. Es gibt nur Löcher. Die Brandnarben etwa, die Steffens auf seinem Arm hat.«
    Lautsprecher scheppern, dass der Interregio nach Frankfurt Einfahrt hat. Barbara und Berndorf steigen zum Bahngleis hinab.
    »Morgen ruf ich bei Schatte an«, sagt Barbara. »Er wird mit dir reden. Ich versprech’s dir.«
    »Danke«, sagt Berndorf. »Ist es eine große Überwindung für dich, ihn anzurufen?«
    »Ach, mein lieber Schatz!«, antwortet Barbara. »Was glaubst du, mit was für Leuten ich in Berlin telefonieren muss, angefangen bei der Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten. Ich bin abgebrühter, als du denkst.«
     
    »Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein, sagt der Herr, denn was darüber ist, das ist vom Übel. Und gilt dies heute nicht mehr denn je, liebe Gemeinde?«, fragt Prediger Hesekiel und lässt seine dunklen Augen forschend über die Reihen seiner Schäfchen gleiten. »Neulich waren wir bei einem Freund, der Fernsehen hat, und er hat es uns eingeschaltet, und – liebe Gemeinde! – selten sind wir so erschrocken wie beim Anblick und beim Anhören dieser unwissenden und verlassenen Menschen, die – von nichts gehemmt – die Geheimnisse ihres kleinen, schmutzigen Lebens ausbreiten vor aller Welt, als empfänden sie eine niedrige Lust daran . . .« Die Augen gleiten weiter und sparen nur einen aus, den Mann, der später gekommen ist und hinten sitzt.
    Die dunkelhaarige Frau in der dritten Reihe, das Liederbuch in der Hand, nickt. Er sagt, wie es ist. Gestern hatten sie eine junge Frau gezeigt, die erzählte, wie sie es . . .
    »Eure Rede sei: Ja, ja; nein, nein«, wiederholt der Prediger, »ja sollt ihr sagen zum HERRN, ja und zweimal ja; aber nein, zweimal nein sollt ihr denen entgegenschleudern, die euch zum unnützen Reden verführen wollen, zu unwahrhaftigen Worten, mit kleinen, schmutzigen Fragen, die vor gierige Augen zerren wollen, was ihr in eurem Herzen bewahrt . . .«

    Das konnte doch gar nicht

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