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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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riecht nach Klebstoff und altem Papier. Eine ganze Weile lang spricht niemand.
    »Im Juni 1972 hat es in Mannheim zwei Geschichten gegeben, für die sich heute noch jemand interessieren könnte«, sagt Steffens schließlich in die Stille. »Das eine war der Überfall auf einen Geldtransporter der Landeszentralbank, angeblich waren es Terroristen, die mit anderthalb Millionen Mark Beute abgezogen sind. Und dann war noch die Geschichte mit Franziska, das war eine Redakteurin des Aufbruch , der die Polizei in der Nacht darauf den Lover erschossen hat, einen Iren. Wegen welcher Sache sind Sie nun wohl zu mir gekommen?«
    »Es ist eine Geschichte«, sagt Berndorf zu dem Lichtkegel, hinter dem Steffens sitzt.
    »Mag sein«, antwortet es von dort.
    »Aber was ist daran so aufreizend, dass es heute noch die pensionierten Polizisten auf die Beine bringt? Ich kann mir
nicht helfen, aber da fallen mir immer die anderthalb Millionen ein, die nie aufgetaucht sind. Apropos. Wollen Sie einen Blick in meine Bücher werfen? Dann wüssten Sie, dass das Geld nicht bei mir gelandet ist.«
    »Warum sollten wir das vermuten?«, fragt Berndorf zurück. »Etwas bleibt immer hängen«, sagt Steffens. »Irgendjemand hat damals bei der Polizei angerufen und Franziska angeschwärzt. Ihr Lover sei einer der Bankräuber gewesen. Nachdem die Bullen ihn prompt umgelegt haben, hat sich dann herausgestellt, dass er es nicht gewesen sein kann. Hatte irgendwelche Geschäftstermine. Dumm gelaufen für den armen Teufel. Vielleicht hat der Anrufer den Iren mit jemand anderem verwechselt. Mit jemand, der auch schon einmal mit Franziska zusammen war.«
    Er macht eine Pause.
    »Ich zum Beispiel war es.« Plötzlich hat seine Stimme einen anderen Klang. »Es war nur eine sehr kurze Zeit, aber ich war mit ihr zusammen.«
    »Da war doch noch etwas anderes?«, fragt Berndorf. »Nur wegen einer Bettgeschichte wird Sie niemand mit einem Terroristen verwechseln.«
    »Weiß nicht«, kommt es abweisend. »Wir waren damals ein ziemlich wilder Haufen, und eingenistet hatten wir uns bei Rüdiger, der war Feuilleton-Chef, eins von diesen Weicheiern, würden die Kids heute sagen, der sich stark vorkam, wenn die richtig harten Typen bei ihm aus und ein gingen. Schatte war einer davon, ein entschlossener Kämpfer gegen den US-Imperialismus, vor allem auf dem Papier, denn für alles andere hatte er zwei linke Hände. Ich dagegen hielt mich für einen wirklichen Revolutionär, für einen Proletarier, der schreibt. Und der vielleicht auch kämpft. Also ich hätte damals schon Wert darauf gelegt, dass man es mir zutraut.«
    »Dann tun wir mal so«, sagt Berndorf. »Was also haben Sie an diesem 23. Juni gemacht, als der Geldtransporter überfallen wurde? Es war wohl irgendwann nachmittags.«
    »Stopp. Was soll das nun werden?«

    »Sie haben es selbst vorgeschlagen. Sie wollten, dass wir Ihnen eine Beteiligung zutrauen. Jetzt sollten Sie nicht kneifen.«
    »Na schön«, kommt es nach einer Weile. »Ich hatte an dem Tag Spätschicht. Beginn 16 Uhr, Ende 1 Uhr. Der Überfall muss kurz nach 15 Uhr gewesen sein.«
    »Und Sie haben sich um 16 Uhr zur Arbeit gemeldet.«
    »So ist es. Und wenn Sie sich den Mannheimer Stadtplan anschauen, hätte ich keine zehn Minuten gebraucht, um vom Tatort zum Verlagshaus zu kommen.«
    »Sie haben den Schichtdienst danach normal zu Ende gebracht?«
    »Es muss ein Freitag gewesen sein, und wenn es Freitag war, haben wir ganz sicher zum Schichtende hin noch Quadrätche geworfen. Ein altes Spiel der Leute von der schwarzen Kunst, um Bierrunden auszuknobeln. Außerdem musste ich noch meinen Urlaubsausstand geben.«
    »Sie gingen am nächsten Tag in Urlaub?«
    »In den Jahresurlaub. Ich weiß noch, dass er lange vorher angemeldet war.«
    »Was war nach den Bierrunden?«
    »Knülle war ich, was denken Sie? Wie man das damals machte, bin ich in mein Auto geklettert, einen alten VW, der noch eine geteilte Heckscheibe hatte und den man mit Zwischengas schalten musste, und bin ein bisschen durch die Landschaft gefahren. Nur so, um wieder nüchtern zu werden. Ich war ja solo damals.«
    »Waren Sie erfolgreich?«
    »Irgendwann ist mir eingefallen, dass ich noch nach Schwetzingen fahren könnte, auf das Sommerfest von Busse. Winfried Busse war Polizeireporter, hatte ein Häuschen in Schwetzingen, vermutlich gemietet, vielleicht hat es ihm auch gehört. Vor allem aber war er schwul, und schon damals hat man das in der Szene nicht diskriminieren dürfen. Es wäre

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