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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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stellen und sie überwinden mußte, wenn nicht die Feinde eine Lücke ausnutzen und den Triumph für sich verbuchen sollten. »Es sind schlechte Neuigkeiten«, sagte er rasch. »Erzähl es mir.«
    Immer noch sprachlos vollführte der Junge aus Mitleid eine zweite Verbeugung, dann entnahm er der Tasche eine Pergamentrolle. In dem Augenblick, da Hokanu die rote Farbe an den Rändern des Pergaments sah, wußte er: Es ging um Tod, und noch als er das Dokument an sich nahm und das Siegel brach, erriet er, daß der Name seines Vaters darin stehen würde.
    Es hätte keinen schlechteren Zeitpunkt dafür geben können, dachte er in der betäubten, ungläubigen Pause, bevor die Trauer seinen Verstand wie ein Faustschlag traf. Sein Vater, fort. Der Mann, der ihn verstanden hatte wie kein anderer; der ihn adoptiert hatte, als sein leiblicher Vater in die Versammlung der Magier berufen wurde, der ihn mit all der Liebe aufgezogen hatte, die sich ein Sohn nur wünschen konnte.
    Es würde nie mehr mitternächtliche Gespräche bei Hwaet-Bier geben, keine Witze mehr über den Kater am Morgen. Es würde keine geistreichen Auseinandersetzungen und keine gemeinsame Freude über Siege mehr geben. Der Enkel, den Mara bald gebären sollte, würde niemals seinen Großvater sehen.
    Hokanu mußte plötzlich gegen Tränen ankämpfen und entließ den Boten mechanisch. Jican erschien, als hätte er etwas geahnt, und sorgte ruhig für Erfrischungen und die Aushändigung der Münze, die der Kurier gewöhnlich als Beweis für die Ausführung seines Auftrags erhielt. Der Hadonra brachte die notwendigen Dinge zu Ende und wandte sich dann erwartungsvoll dem Ehemann seiner Mistress zu. Hokanu hatte sich nicht bewegt, außer daß er die rotgeränderte Rolle in den Händen zerdrückte.
    »Es ist eine schlechte Nachricht«, vermutete Jican voller Mitgefühl.
    »Mein Vater«, sagte Hokanu gepreßt. »Er starb, während er schlief, ohne jede Qual, ganz natürlich.« Er schloß für einen Moment die Augen. »Unsere Feinde werden dennoch frohlocken.«
    Jican fingerte an den Troddeln seiner Schärpe, zaghaft, vorsichtig und schweigend. Er hatte Kamatsu von den Shinzawai kennengelernt; er kannte den Hadonra des Lords sehr gut. Der einzige sinnvolle Beitrag, der ihm einfiel, war kein gewöhnlicher und auch kein besonders eleganter. Er sagte es dennoch. »Er war ein Mann, der von seinen Untergebenen vermißt werden wird, Mylord. Er wurde sehr geliebt.«
    Hokanu sah ihn mit schmerzlichen Augen an. »Genau das wurde er.« Er seufzte. »Er tat niemals einem Menschen oder einem Tier etwas zuleide. Sein Herz war groß. Wie Mara war er in der Lage, mit gerechtem Blick hinter die Traditionen zu blicken. Er hat mich zu dem gemacht, was ich bin.«
    Jican unterbrach die Stille nicht, die sich jetzt ausbreitete, während draußen vor dem Fenster die Schritte einer Wache zu hören waren. »Mara ist in der Arbeitsscheune beim Spielzeugmacher«, sagte er schließlich.
    Der neue Lord der Shinzawai nickte. Er begab sich auf die Suche nach seiner Frau, und die Last auf den eleganten Schultern wurde noch schwerer von einer zusätzlichen Furcht. Dieser Erbe war jetzt noch wichtiger als zuvor. Denn wenn Hokanu auch zahlreiche Cousins hatte und sogar einen oder zwei Bastard-Neffen, war keiner von ihnen geübt in der Weitsicht seines Stiefvaters. Nicht ein einziger besaß die Wahrnehmungsfähigkeit und die Gedankenschärfe, um in die Fußstapfen eines Mannes zu treten, der die rechte Hand von Kaiser Ichindar gewesen war.

    In der Arbeitsscheune herrschte eine Mischung aus Staub, einer Wärme, die durch die sonnenüberfluteten lichtundurchdringlichen Dachziegel entstand, den aromatischen Gerüchen von Holzspänen, Harz und dem scharfen Gestank von Needra-Leim. Die Ecken waren zugestellt mit Regalen voller Stoffreste, Körben mit Federn und säuberlich angeordneten Werkzeugen, von denen ein unschätzbares Metallmesser wohl das kostbarste Stück war. Mara hatte es aus der barbarischen Welt eingeführt und sich damit die ewige Bewunderung und Hingabe Orcatos eingehandelt – des Spielzeugmachers, Genies und Täuschers, der eine Schwäche für unanständige Witze und Sauferei hatte. Mara sah über sein grobschlächtiges Verhalten hinweg, seine Neigung, zu vergessen, daß sie eine Frau war, und mit ihr zu sprechen, als wäre sie seinesgleichen, und auch über seinen Gestank, der eine Mischung aus altem Schweiß und den Tecca-Samen war, mit denen er sein Essen würzte. Als Hokanu eintrat,

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