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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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sich um die Weihrauchfässer, bereicherten die bereits stickige Atmosphäre noch um den intensiven Geruch von Weihrauch.
    Auf dem goldenen Thron saß Ichindar, niedergedrückt unter dem Gewicht von verschiedenen Lagen von Mänteln und der gewaltigen Krone des Kaiserreiches. Er sah müde und dünn aus für einen Mann Ende Dreißig. Es war ein anstrengender Tag voller harter Entscheidungen gewesen, und die Sitzung war noch nicht zu Ende. Einmal wöchentlich hielt der Kaiser den Tag der Bittsteller ab, an dem er seinem Volk von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zur Verfügung stand. Er mußte dazu auf seinem Thron sitzen und so lange Entscheidungen treffen, wie noch Bittsteller kamen, bis die Stunde der Dämmerung gekommen war und die Priester ihre abendlichen Gebete anstimmten. Früher, als der Kriegsherr noch den Vorsitz über den Rat geführt hatte, war der Tag der Bittsteller etwas Zeremonielles gewesen. Bettler, niedere Priester, Gewöhnliche mit armseligen Beschwerden – sie alle hatten sich versammelt, um der Weisheit eines Herrschers zu lauschen, der Geheimnisse mit ihren Göttern teilte. Ichindar war oft in seinem Stuhl eingenickt, während die Priester als seine Stimme fungierten, Almosen oder Ratschläge entsprechend der Rechtschaffenheit ihrer Götter verteilten.
    Seither hatte sich das Wesen des Tages der Bittsteller geändert. Diejenigen, die jetzt um Audienz baten, waren häufig Edle, oft sogar Feinde, die versuchten, die kaiserliche Herrschaft über Tsuranuanni zu schwächen. Jetzt saß Ichindar steif auf dem Goldenen Thron und spielte das tödliche Spiel des Rates, in Worten, in Urteilen und im Wissen, daß es häufig um seine eigene Vormachtstellung ging. Bei Sonnenuntergang war er regelmäßig erschöpft, und an vielen Tagen konnte er sich nicht zuverlässig an den Namen der Frau erinnern, die in dieser Woche das Bett mit ihm teilte.
    An diesem Tag traute er sich nicht, seinen Kopf mehr als nur einen Bruchteil zu beugen, damit nicht das Gewicht der Krone seinen Nacken nach unten riß. Er winkte der Frau zu, die auf weißgoldenen Kissen zu seinen Füßen saß, die Fingernägel goldbestäubt.
    »Lady, Ihr solltet nicht hier sein, sondern Euch im kühlen Garten beim Rauschen der Springbrunnen entspannen.«
    Hochschwanger und müde genug, daß ihre Haut durchsichtig schimmerte, brachte Mara ein Lächeln zustande. »Wenn Ihr mir einen Befehl erteilen wollt, werde ich das Ansehen Eurer Autorität ruinieren, indem ich mich weigere zu gehen.«
    Ichindar unterdrückte ein Kichern hinter einem perlenbestickten Ärmel. »Das würdet Ihr tun, Ihr unerträglich eigenwillige Frau. Als ich Euch zur Guten Dienerin des Kaiserreiches machte, habe ich ein Monster erschaffen.«
    Maras Lächeln verschwand, als sie ihren Kopf dem nächsten sich nähernden Bittsteller zuwandte. Der Mann verbeugte sich. Ihre Augen wurden hart wie kostbares Metall und die Hände in ihrem Schoß kreideweiß.
    Ichindar folgte ihrem Blick und stieß zwischen zwei Atemzügen etwas aus, das eine Lästerung der Götter sein mochte. Einer der Priester fuhr verärgert herum, schaute dann aber rasch wieder nach vorn, als die Stimme des Kaisers in der gewölbten Audienzkammer ertönte.
    »Lord Jiro von den Anasati, wisset, daß Ihr das Ohr der Götter habt durch unser Ohr. Der Himmel wird Eure Bitte anhören, und wir werden antworten. Erhebt Euch. Ihr habt die Erlaubnis zu sprechen.«
    Die leicht knallenden Konsonanten warnten vor Ichindars Gereiztheit. Seine haselnußbraunen Augen blickten kühl, als er zusah, wie der Lord der Anasati sich aus seiner ehrerbietigen Haltung erhob und am Geländer stand, den gierigen Blick auf den Goldenen Thron konzentriert und auf die Frau, die vor ihm saß, zu Füßen des Kaisers. Jiro verbeugte sich erneut. Obwohl er die Formen der Höflichkeit befolgte, wirkte die anmutige Ausführung wie Spott.
    »Der Kaiserliche Rat ist heute zusammengetreten«, begann er. »Guten Tag, Lady der Acoma, Gute Dienerin des Kaiserreiches.« Seine Lippen wurden zu einer dünnen Linie, was ein Freund durchaus für ein Lächeln halten mochte. Ein Feind wußte es besser.
    Mara spürte, wie ein Frösteln ihren Körper durchlief. Niemals zuvor hatte sie sich durch ihre Schwangerschaft so hilflos gefühlt; jetzt jedoch, unter Jiros räuberischem Blick, entmutigte sie ihre Unbeholfenheit und Schwerfälligkeit. Dennoch verlor sie nicht die Beherrschung und weigerte sich, einen gehetzten Eindruck zu machen.
    Ichindars Stimme durchbrach die

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