Die Schwarzen Roben
Kräuter-Heilmittel und Massagen brachten keine Erleichterung. Maras Körper zog sich in Spasmen zusammen, schweißgebadet von Krämpfen und Schmerzen. Der Heiler hatte die Hände auf ihren Unterleib gelegt und nickte seinem Helfer ernst zu.
»Ist es soweit?« fragte Hokanu.
Er bekam eine wortlose Bestätigung, als der Heiler weiter Maras Unterleib abtastete und der Helfer herumwirbelte und den Läufer nach den Hebammen schickte.
»Aber schon so früh?« verlangte Hokanu zu wissen. »Seid Ihr sicher, daß alles in Ordnung ist?«
Der Heiler blickte auf; er wirkte aufs höchste angespannt, fast verzweifelt. Seine Verbeugung war kaum mehr als ein flüchtiges Nicken. »So etwas kann geschehen, Lord. Und jetzt überlaßt die Lady bitte ihrer Mühsal und schickt ihre Zofen herein. Sie wissen besser als Ihr, was die Lady jetzt braucht. Wenn Ihr nicht einfach so herumstehen wollt oder eine Ablenkung braucht, könnt Ihr die Köche beauftragen, heißes Wasser zu machen.«
Hokanu ignorierte die Anweisungen des Heilers. Er beugte sich vor, küßte seine Frau auf die Wange und flüsterte ihr ins Ohr:
»Meine tapfere Lady, die Götter wissen ganz sicher, wie sehr ich dich schätze. Sie werden für deine Sicherheit sorgen und dafür, daß deine Mühen nicht zu schwer werden, oder der Himmel wird mir für ihre Verfehlung Rede und Antwort stehen müssen. Meine Mutter hat immer gesagt, daß Shinzawai-Kinder es eilig haben, auf die Welt zu kommen. Unseres scheint da nicht anders zu sein.« Mara antwortete auf seine Freundlichkeit mit einem Händedruck, bevor ihre Hände seinen Fingern entrissen wurden, als die Dienerinnen auf die aufgebrachten Anweisungen des Heilers hin den Gemahl der Lady der Acoma aus seinen eigenen Gemächern schoben.
Hokanu sah seine Frau an, bis die vorgeschobenen Läden sie seinen Blicken entzogen. Dann, nur mit sich und seiner Sorge allein im Korridor, wollte er sich zuerst Wein bringen lassen. Doch er änderte seine Meinung sofort, als ihm einfiel, daß Mara ihm einmal erzählt hatte, wie ihr brutaler erster Ehemann sich sinnlos betrunken hatte, während sie Ayaki zur Welt brachte. Nacoya hatte den Flegel mit Ohrfeigen einigermaßen nüchtern machen müssen, um ihm die freudige Neuigkeit überbringen zu können, daß er einen Sohn hatte.
Das Ereignis mußte gefeiert werden, sicherlich, aber Hokanu wollte Mara keine unglückliche Erinnerung verursachen, indem er an ihre Seite zurückkehrte und nach Alkohol roch. So ging er einfach auf und ab, unfähig, sich eine angemessene Ablenkung einfallen zu lassen. Er konnte nicht anders, er mußte einfach lauschen, um jeden einzelnen Laut zu hören, der hinter den geschlossenen Läden hervordrang. Das Geräusch schneller Schritte gab keine Antwort, und in der nachfolgenden Stille fragte er sich besorgt, was Mara wohl durchmachen mußte. Er verfluchte sich und tobte innerlich, daß er von den Mysterien der Geburt ausgeschlossen war. Dann verzog er das Gesicht zu einem halbherzigen Lächeln, als ihm klar wurde, daß diese häßliche, nagende Ungewißheit dem Gefühl sehr ähnlich sein mußte, das eine Frau hatte, wenn ihr Mann in die Schlacht zog.
Nach einiger Zeit wurde seine Wache unterbrochen, als Lujan, Saric, Incomo und Keyoke auftauchten. Sie kamen aus der großen Halle, weil Mara dort an diesem Morgen nicht zur Beratung erschienen war. Ein einziger Blick auf Hokanus verzweifeltes Gebaren, und Incomo hatte begriffen; kein Diener hatte sich bisher die Zeit genommen, sie zu informieren. »Wie geht es Lady Mara?« fragte er.
»Sie sagen, das Kind kommt«, antwortete Hokanu.
Keyokes Gesicht wurde ausdruckslos; er versuchte seine Besorgnis hinter einer steinernen Miene zu verbergen. Lujan hingegen schüttelte zweifelnd den Kopf. »Es ist zu früh.«
»Aber so etwas kann passieren«, beeilte sich Incomo zu versichern. »Babys werden nicht nach irgendwelchen festgesetzten Regeln geboren. Mein ältester Sohn wurde nach acht Monaten geboren. Er war gesund und kräftig und schien niemals gegenüber anderen Nachteile zu haben.«
Doch Saric blieb still. Er machte keine seiner geistreichen Bemerkungen, mit denen er normalerweise für bessere Stimmung sorgte, wenn die anderen aus lauter Besorgnis nervös wurden. Er beobachtete Hokanu sorgfältig und sagte nichts, hing nur seinen düsteren Gedanken nach – Gedanken über einen Händler, der eine herrliche Goldkette getragen hatte, als ob sie vollkommen wertlos gewesen wäre.
Stunden vergingen. Maras Ratgeber ließen
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