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Die schwarzen Wasser von San Marco

Die schwarzen Wasser von San Marco

Titel: Die schwarzen Wasser von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Wunde waren schon leicht zusammengezogen. Das Blut war gestockt. Ich zog vorsichtig an den Wundrändern, um festzustellen, wie tief der Schnitt war und ob er genäht werden musste. Mein Arm schmerzte mittlerweile bis in die Schulter hinauf. Ich dachte an Fiuzetta und dass sie oder Mariana bestimmt ein Kraut haben würden, um ein Fieber zu verhindern. Die Wunde war verschmutzt vom Straßenstaub und den Fäden aus meiner Kleidung. Ich pickte einen auf und zog ihn heraus. Es war kein angenehmes Gefühl. Ich fragte mich, welcher Dreck an der Klinge des Dolchs gewesen sein mochte. Wo der Faden gesteckt hatte, quoll ein Tröpfchen Blut heraus. Ich presste einen Daumen darauf.
    »Sie hätten den Arzt nicht so leichtfertig wegschicken sollen.«
    »Heute Abend findet im Haus eines deutschen Kaufmanns ein Gelage statt. Er feiert seinen Abschied von Venedig und eine erfolgreiche Akquisition.«
    »Haben Sie das von einem der Köche, die das Festmahl bereiten sollen?«
    »Sie haben nicht gefragt, welcher Art seine Akquisition ist.«
    Er hob die Augenbrauen und lächelte uninteressiert.
    »Es handelt sich um ein junges Mädchen namens Caterina. Er hat sie aus Rara de Jadras Waisenhaus zu sich genommen und will sie mit zurücknehmen.«
    »Ich bin sicher, das ist ebenso selten wie edel.«
    »Das hat nichts mit Edelmut zu tun. Er hat das Mädchen nicht bei sich aufgenommen, um ihr Gutes zu erweisen.«
    »Nicht?«
    »Nein, Herrgott noch mal«, stieß ich hervor. »Er braucht sie als seine Schlafmatte. Soll ich noch deutlicher werden?«
    Er atmete ein und legte den Kopf zur Seite. »Das hat er Ihnen so gesagt.«
    »Ich habe es schriftlich, mit Siegel und Unterschrift und allen obszönen Worten, die man dafür finden kann«, sagte ich beißend. »Natürlich hat er es nicht gesagt.«
    »Ich bin erstaunt, was Sie wissen, obwohl es Ihnen niemand mitgeteilt hat.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass es mir niemand mitgeteilt hätte. Wollen Sie Wortspiele mit mir treiben, Calendar?«
    »Bringen Sie den Mann, der es Ihnen gesagt hat, dann werden wir feststellen, woher er es weiß, und so der Quelle näher kommen.«
    »Es geht nicht darum, der Quelle näher zu kommen, sondern das Mädchen zu retten.«
    Er lächelte wieder sein kurzes, freudloses Lächeln. »Wovor? Vor einem Leben in Reichtum im Haus eines Kaufmanns?«
    Ich stand wütend auf, aber ein Schwindel zwang mich dazu, mich sogleich wieder hinzusetzen. »Ich bin sicher, dass die Anklage stimmt. Aber ich kann Ihnen den Ankläger nicht bringen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Keine Lust, mit Ihnen zu reden, fürchte ich. So langsam kann ich es nachvollziehen.«
    »Keine Lust heißt: Angst davor, habe ich Recht?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte nicht vor, mir von ihm mehr über Fiuzetta entlocken zu lassen, als ich bereits gesagt hatte. Er presste nachdenklich die Lippen zusammen und sah mir starr ins Gesicht.
    »Ich möchte, dass Sie mir helfen«, erklärte ich.
    »Wobei?«
    »Das Mädchen herauszuholen. Ich weiß, wo das Haus steht. Wir können jederzeit dort vorsprechen. Wenn Sie dabei sind und vielleicht noch ein Kontingent Bewaffneter, wird es keine Probleme geben.«
    Er seufzte. »Es gibt überall Probleme, wo Sie sich einmischen. Sehen Sie sich bloß an.«
    » Meine Probleme stehen hier nicht zur Debatte.«
    Er zuckte seinerseits mit den Schultern und erhob sich. »Soll ich den Arzt nicht doch zurückrufen?«
    »Hören Sie mir doch mal zu. Hier gibt es einen regelrechten Ring von perversen Schweinen, die sich die Hilflosigkeit der Sklaven zunutze machen. Junge Mädchen werden erbarmungslos zu Lustsklavinnen ausgebildet und an die Meistbietenden verschachert. Wer genug Geld hat, kriegt sogar die ganz Unschuldigen. Das widert mich an.«
    »Sie legen die Maßstäbe Ihrer eigenen gesetzlosen Städte auf Venedig an«, sagte er heftig.
    »Die Menschen sind hier genauso verdorben wie überall.«
    »Hier gibt es Gesetze, die das verhindern. Sie jagen einem Hirngespinst nach. Oder haben Sie persönliches Interesse, einen Geschäftskonkurrenten zu verleumden?«
    »Sie kaltherziger Klotz«, stieß ich hervor. »Sie sind noch seelenloser als die Fische, die Ihnen und Ihren Schwagern letztes Jahr durchs Netz geschlüpft sind. Welche Gesetze waren es denn, die Ihnen zu einer Erholungsreise in einem Fischerboot verholfen haben?«
    Er kniff die Augen zusammen und errötete. Dann schloss er die Lider und atmete durch, und seine Gesichtsfarbe normalisierte sich wieder.
    »Wenn Sie wünschen, lasse ich

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