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Die schwarzen Wasser von San Marco

Die schwarzen Wasser von San Marco

Titel: Die schwarzen Wasser von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Preis!«
    Calendar lockerte seinen Griff. Barberro versuchte, sich ein wenig aufzurichten. Er bekam eine Hand frei und wischte sich vorsichtig über die blutige Nase.
    »Fulvio kann deine Geschichte sicher bestätigen.«
    »Ich kann ihn rufen.«
    »Nein, ist nicht nötig.« Der Polizist ließ Barberros Hals los. Seine Hand war voll Blut aus Barberros Nase. »Wenn du gelogen hast, komme ich wieder«, sagte er, während er sich die Hand an Barberros Wange abwischte.
    »Pass nur auf, dass du nicht irgendwann zum falschen Zeitpunkt kommst«, knurrte der Sklavenhändler und richtete sich vorsichtig auf. Er schniefte durch die Nase, um das Blut hochzuziehen.
    »Du begleitest mich vors Schiff«, befahl Calendar. »Ich habe keine Lust, einen Bolzen in den Rücken zu bekommen.«
    Barberro fügte sich; er schien nichts anderes erwartet zu haben. Die beiden Männer verschwanden daraufhin vom Fenster, und ich machte, dass ich von meinem Ausguck hinunterkam. Zur Brücke, die mir einige Sichtdeckung gegeben hätte, war es zu weit; mir blieb nichts anderes übrig, als zu versuchen, die mit Steinen beschwerte Plane auf der vom Schiff abgewandten Seite hochzuziehen und mich darunter zu kauern. Ich hörte bereits die Stimmen der Männer oben an Deck und das Scharren des Laufstegs, als ich endlich auf die andere Seite huschte. Die Plane war dort nur nachlässig über die Säcke gebreitet; jemand hatte vor nicht allzu langer Zeit ein paar der Puffer ausgetauscht und die Plane nicht wieder ordentlich befestigt. Ich schlüpfte darunter, und ein Geruch empfing mich, der mich beinahe zum Husten brachte: eine ekelhafte Mischung aus altem Leinen, Stroh, Urin sowie den Ausscheidungen von Ratten, Katzen und Hunden.
    Als mein Herzschlag sich etwas beruhigt hatte, wagte ich die Plane ein paar Zoll anzuheben. Ich konnte die Beine der Männer sehen, die gerade von der Hühnerleiter herabkamen. Weit hinten, auf der Piazzetta, erscholl schwach erneuter Beifall. Entweder beanspruchte Leonardo Falier das Rednerpult noch immer für sich, oder jemand anderer hatte es für richtig gehalten, einige Worte zum Sieg über die Piraten an die Menge zu richten. Vielleicht warteten die Organisatoren des Feuerwerks aber auch ganz einfach darauf, dass der Himmel vollständig dunkel wurde.
    Zwei Beinpaare entfernten sich wie in einem gemütlichen Schlendern vom Schiff, ich erkannte Barberros hohe Stiefel. Er ging hinter Calendar her, sodass ein Bolzenschuss von seinem Schiff ihn zuerst getroffen hätte. Ich fragte mich, ob der Sklavenhändler wirklich so eingeschüchtert war, dass er Calendars Befehlen widerstandslos gehorchte. Dann hörte ich ein metallisches Klingen, als habe jemand ein Messer achtlos zu Boden fallen lassen und dann mit dem Fuß davongestoßen, gefolgt von einem wüsten Fluchen. Calendar hatte also vorgesorgt: Bereits im Schiff hatte er Barberros Dolch an sich genommen und ihn vermutlich die ganze Zeit in irgendeine Stelle an Barberros Körper gedrückt, an der der Flame keine Verletzung riskieren wollte. Als er außerhalb der Reichweite eines Armbrustbolzens war, gab er die Waffe frei.
    Barberros Füße kehrten zum Schiff zurück. Eine der Wachen richtete eine harmlose Frage an den Sklavenhändler, und dies war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Füße begannen mit einem Veitstanz, und ihr Besitzer ließ eine laut gebrüllte Orgie an Flüchen und Beschimpfungen hören, dass vermutlich sogar die Ratten in der Umgebung in Deckung gingen. Barberro war so außer sich, dass er während des Fluchens ins Stottern geriet und ihm schließlich die Gemeinheiten ausgingen. Ich sah zu meinem Schrecken, wie er plötzlich zu meinem Versteck herübersprang, um die unter der Plane verborgenen Säcke mit Fußtritten zu bearbeiten. Er geiferte wie ein tollwütiger Hund. Unter der Plane wirbelte der Staub von den strohgefüllten Säcken auf und kratzte in meiner Kehle. Ich wusste, dass ich um mein Leben nicht husten durfte; der Sklavenhändler hätte mich dankbar in kleine Fetzen zerrissen, hätte er mich entdeckt. Barberros Fußtritte hagelten auf die Säcke nieder, keine zwei Schritte von mir entfernt, und wenn er nur einmal das Ziel seiner Attacke ein wenig weiter seitwärts verlegt hätte, wäre statt der Säcke mein Kopf getroffen worden. Schließlich erlahmte seine Kraft. Er stolperte zum Laufsteg hinüber, und ich atmete erleichtert auf.
    Endlich schweigend stapfte der Sklavenhändler hinauf zu seinem Schiff, und der Laufsteg wurde

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