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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Mann, auf dem die Hoffnungen einer stolzen Mutter und eines stolzen Vaters ruhten. Und plötzlich bricht für die Bartletts eine Welt zusammen: Richard hat sich überanstrengt, die an ihn gestellten Erwartungen waren zu hoch. Er hat einen Nervenzusammenbruch, muß ins Krankenhaus. Als er herauskommt, wird er für die Bartletts zum Problem. Sie schicken ihn von einem Spezialisten zum anderen. Überall dieselbe Antwort: eine längere Behandlung verspricht möglicherweise Heilung.
    Sie, Lewis, haben selbst ermittelt, daß Richard Bartlett die letzten fünf Jahre in den fortschrittlichsten und teuersten psychiatrischen Kliniken Europas zugebracht hat – Genf, Wien, London, Gott weiß wo. Und da ist die Behandlung nicht gratis und franko. Es muß Bartlett Tausende gekostet haben, und ich glaube nicht, daß er so gut betucht ist. Sein Gehalt ist recht ordentlich, aber … Roope muß das gewußt haben. Wie alles im einzelnen gekommen ist, wissen wir nicht, jedenfalls haben die beiden ein Geschäft miteinander gemacht. Ursprünglich hatten wohl Bland und Roope zusammengearbeitet. Aber Bland wandte sich noch fetteren Weiden zu, und Roope brauchte jemanden im Verband selbst, damit die Gans weiterhin goldene Eier legen konnte. Wie sie es arrangiert hatten, weiß ich nicht, aber –«
    »Wissen Sie genau, wie Bartlett Quinn umgebracht hat?«
    »Genau nicht, nein. Aber ich kann es mir denken, denn nur so konnte die Täuschung funktionieren. Sie beschafften sich eine tüchtige Dosis Zyankali. Das dürfte Roope übernommen haben. Wenn die Menge groß genug ist, tritt der Tod auf der Stelle ein, die Tat selbst ist also eigentlich kein Problem. Ich denke mir, daß Bartlett ihn in sein Büro bat und ihm etwas zu trinken anbot. Er wußte, daß Quinn sehr gern trockenen Sherry trank, und sagte ihm, er solle sich ein Glas einschenken – und Bartlett auch. Vermutlich hatte er vorher schon die Sherryflasche und die Gläser abgewischt, so daß –«
    »Aber hätte Quinn das Zyankali nicht gerochen?«
    »Normalerweise vielleicht, aber Bartlett hatte fast sekundengenau geplant. Alles war mit teuflischem Geschick auf die nächsten Minuten abgestellt.«
    »Sie meinen die Feuerübung.«
    »Ja. Noakes hatte Anweisung, um 12 Uhr mittags Alarm zu geben, dazu aber das Startzeichen des Chefs abzuwarten. Sobald Quinn den Sherry einschenkt, greift Bartlett zum Telefon, wendet Quinn vermutlich den Rücken zu und sagt: Okay, Noakes. Ein, zwei Sekunden später schrillt die Alarmglocke. Aber – und das ist der springende Punkt, Lewis – Quinn kann sie nicht hören. Sie ist gleich in der Eingangshalle angebracht und laut genug, aber Quinn hört sie nicht, und damit hat Bartlett den kleinen Spielraum, den er braucht. Als Quinn eingeschenkt hat, sagt er etwa: ›Ach, die Alarmglocke, das hatte ich ja ganz vergessen. Trinken Sie schnell aus, wir reden nachher weiter.) Quinn muß die Hälfte des kleinen Glases auf einen Zug geleert und sofort gemerkt haben, daß irgendwas nicht stimmt. Er ringt nach Atem, windet sich in Krämpfen. Eine, allenfalls zwei Minuten später ist er tot.«
    »Warum hat er aber nicht um Hilfe gerufen? Es muß doch –«
    »Sie haben offenbar die Raffinesse von Bartletts Plan noch nicht völlig durchschaut. Was geschieht draußen? Eine Feuerübung. Wie Sie selbst herausgefunden haben, hatte Noakes Anweisung, die Alarmglocke zwei Minuten läuten zu lassen. Zwei Minuten sind eine lange Zeit, Lewis. In dieser Zeit läuft alles lachend und schwatzend die Treppe hinunter und den Gang entlang. Vielleicht hat Bartlett dafür gesorgt, daß Quinn nicht um Hilfe rief. Aber selbst, wenn er einen Schrei herausgebracht hätte, ist es sehr fraglich, ob er von jemandem gehört worden wäre. Und bedenken Sie noch eins: Niemand betritt unaufgefordert Bartletts Büro. Draußen brennt das rote Lämpchen, und die Mitarbeiter wissen sehr wohl, daß man nicht ungestraft gegen die goldene Regel verstößt. Und selbst im schlimmsten Fall, Lewis, selbst wenn jemand ins Zimmer gekommen wäre – ich möchte allerdings annehmen, daß Bartlett abgeschlossen hatte –, sind auf der Flasche und den Gläsern nur Quinns Fingerabdrücke, und die Ermittlungen der Polizei werden sich auf die grundsätzliche Frage konzentrieren, wer Bartletts Sherry vergiftet und somit versucht hat, Bartlett – nicht Quinn! – umzubringen. Quinn ist also tot, das Haus ist leer. Bartlett zieht sich Handschuhe an, gießt seinen und den Rest von Quinns Sherry in das Waschbecken seiner

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