Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn
seinem letzten Satz hatte sagen wollen. Mrs. Seth fand, daß seine Stimme sehr leise und fern klang, gleichzeitig aber eindringlich, angespannt, als sei die Lösung jetzt ganz nah. Sie sah, wie Morse über ihren Kopf hinweg jemandem zunickte. Sergeant Lewis ging lautlos zur Tür und verließ den Raum. Was … Aber da sprach Morse schon weiter, wieder mit dieser leisen, stahlharten Stimme.
»Wir müssen, wie gesagt, davon ausgehen, daß niemand den Mord an Quinn allein begangen haben kann. Daraus folgt zwingend, meine Damen und Herren, daß wir zwei Täter suchen. Zwei Täter, die ein gemeinsames Motiv haben. Zwei Täter, für die Quinns Tod unverzichtbar ist. Zwei Täter, die eine enge Beziehung zueinander haben, zwei Täter, die die Möglichkeit gemeinsamer Arbeit und Planung hatten. Zwei Täter, die Ihnen gut bekannt sind. Sehr gut sogar … Und ehe Sergeant Lewis zurückkommt, möchte ich nur noch eines betonen, denn ich habe den Eindruck, daß der eine oder andere von Ihnen mir nicht genau zugehört hat. Ich sagte, daß Roope verhaftet und unter Mordanklage gestellt worden ist. Ich habe nicht gesagt, um welchen Mord es sich handelt. Denn ich bin fest davon überzeugt, daß nicht Christopher Roope Nicholas Quinn ermordet hat.«
In Quinns früherem Büro hatten Monica Height und Donald Martin noch kein Wort gewechselt, obgleich es jetzt schon eine halbe Stunde her war, seit die beiden Constables sie geholt hatten. Monica hatte das Gefühl, sich durch eine kahle, wasserlose Wüste zu bewegen. Ihre Gedanken, ihre Gefühle, ja, selbst ihre Ängste waren verdorrt, leidenschaftslos, leer. Gleich zu Anfang hatte sie bemerkt, wie einer der Constables ihre Figur gemustert hatte, aber diesmal hatte sie das völlig kaltgelassen. Wie hatte sie sich je einbilden können, Morse würde nicht darauf kommen? Diesem klaren Denker entging so schnell nichts. Ja, er hatte die Wahrheit erraten. Wie er ihre Geschichte durchschaut hatte, das war ihr allerdings immer noch nicht recht klar. Dabei war es gar keine dicke Lüge gewesen. Im Gegensatz zu den anderen dummen Lügengeschichten, die sie und Donald ihm anfangs aufgetischt hatten. Donald … Das war doch gar kein Mann, der da mürrisch, stumm, verachtenswert neben ihr saß, hoffnungslos wie sie, denn auch er hatte kaum noch eine Chance. Die Wahrheit mußte ans Licht, die ganze Wahrheit. Die Gerichte, die Presse … Einen Moment empfand sie einen Hauch von Mitgefühl, denn im Grunde war es ihre Schuld, nicht die seine. Als er seine Stellung hier angetreten hatte, hatte sie sofort gewußt, daß sie mit ihm machen konnte, was sie wollte.
Die Tür ging auf, Lewis erschien. »Bitte kommen Sie mit, Miss Height.«
Sie erhob sich langsam und ging die hölzerne Treppe hinauf. Die Tür zum Vorstandsraum war geschlossen. Sie zögerte sekundenlang, als Lewis sie aufmachte und beiseite trat, um ihr den Vortritt zu lassen. Das Gewicht, das auf ihr Gewissen drückte, war unerträglich geworden. Endlich würde sie es loswerden.
Mrs. Seth wandte den Kopf, als die Tür hinter ihr aufging. Der Inspector hatte gerade vom STUDIO 2 in der Walton Street gesprochen, aber sie war schon ganz benommen und hatte ihm kaum folgen können. Eine gedämpfte Männerstimme: »Nach Ihnen, Miss Height.« Monica Height? Nein, das durfte nicht wahr sein. Monica Height und Martin. Gewiß, sie hatte Gerüchte gehört, alle hatten wohl die Gerüchte gehört, aber … Monica saß jetzt auf Roopes Platz. Zwei Täter, hatte Morse gesagt. Hatte er Roope und Monica gemeint? Aber da sprach er schon weiter.
»Als ich Sie zu Beginn des Falles vernommen habe, Miss Height, behaupteten Sie, am Freitag, dem 21. November, den Nachmittag mit Mr. Martin verbracht zu haben. Trifft das zu?«
»Ja.« Ihre Stimme war kaum zu verstehen.
»Sie sagten, Sie hätten den Nachmittag bei sich zu Hause verbracht?«
»Ja.«
»Und danach haben Sie zugegeben, daß das nicht stimmte?«
»Ja.«
»Sie sagten, daß Sie in Wirklichkeit den Nachmittag mit Mr. Martin im STUDIO 2 in der Walton Street verbracht haben.«
»Ja.«
»Als ich Sie zuerst danach fragte, wollte ich wissen, ob Sie in dem Kino außer Mr. Martin sonst noch Bekannte gesehen hätten. Erinnern Sie sich?«
»Ja, ich erinnere mich.«
»Und Sie sagten, dies sei nicht der Fall gewesen.«
»Ja, und das stimmte auch.«
»Ich fragte dann, ob Sie irgendwelche Bekannte haben ins Kino gehen sehen.«
»Ja.«
»Und Ihre Antwort lautete nein.«
»Ja.«
»Und dabei bleiben
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