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Die schweigenden Kanäle

Die schweigenden Kanäle

Titel: Die schweigenden Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ungelesen zur Seite, dann griff er nach der ersten Zeitung und schlug die Titelseite auf.
    Die Post hatte Zeit. Wichtiger war, ob Prof. Panterosi einen Artikel in der Zeitung hatte. Am vergangenen Abend hatte Cravelli eine kurze Unterredung mit dem Chirurgen gehabt. Panterosi war im Palazzo Barbarino erschienen, entgegen seiner Art unangemeldet und ziemlich erregt.
    »Wo ist dieser deutsche Arzt?!« hatte er gerufen, kaum daß er durch die Tür der Bibliothek rannte. »Ich muß ihn sprechen!«
    »Sie meinen Dottore Berwaldt?« hatte Cravelli hinhaltend gefragt.
    »Wen denn sonst? Im Hotel ist er nicht. Ich muß ihn sofort sprechen! Sofort!«
    »Ist Ihre Patientin gestorben, Professor?«
    »Gestorben? Sie ist schmerzfrei!« Panterosi setzte sich in einen der Sessel und trommelte mit den Fingern nervös auf die Lehne. »Es ist unbegreiflich! Auch die Röntgenkontrolle beweist deutlich ein Aufweichen des Stammcarcinoms! Dieser Mann ist ein Genie! Ein Retter der Menschheit! Wo ist er! Ich brauche dringend zur Weiterbehandlung weitere Injektionen –«
    Cravelli hatte Prof. Panterosi mit einer Mischung von Erstaunen und Entsetzen angesehen.
    »Weiterbehandlung? Ich dachte, Sie haben nur den Affen Julio als Versuch –«
    Prof. Panterosi fuhr sich mit beiden Händen verzweifelt über das zerknitterte Greisengesicht. »Cravelli … Mio lebte weiter! Mein Gott – starren Sie mich nicht so an! Ja, ja … ich habe mit dem Rest, den Dr. Berwaldt mir für Julio dagelassen hatte, eine inoperable Frau behandelt. In der Klinik weiß es nur mein Oberarzt. Die Frau lag bereits im Koma! So oder so … es war gar keine Hoffnung mehr vorhanden. Da habe ich ihr dreimal das Berwaldtmittel injiziert. Ich habe mir gesagt: Wenn man einer Sterbenden eine winzige Chance geben kann –«
    »Und?« Cravelli schluckte krampfhaft. »Professor – es war der erste Menschenversuch. Selbst Berwaldt hat bisher nur Mäuse und Ratten –«
    »Die Frau erwachte aus dem Koma!« schrie Panterosi. »Wir standen herum wie kleine Kinder, die ein Wunder erleben. Mein Gott, begreifen Sie jetzt, Cravelli! Ich brauche Dr. Berwaldt … ich brauche neue Injektionen – wir haben ein Jahrhunderte lang verschlossenes Tor aufgestoßen …«
    »Dottore Berwaldt ist abgereist –«, sagte Cravelli leise.
    »Wieso? Wohin?«
    »Zurück nach Berlin.«
    »Das kann nicht sein. Ich habe mit Berlin telefoniert. Er ist dort nicht angekommen! Auch hat er keinerlei Nachricht gegeben, daß er kommt!«
    Sergio Cravelli schnürte es die Kehle zu. Damit hätte man rechnen müssen, dachte er. Natürlich hatte Panterosi keine Ruhe gegeben, als er den beginnenden Erfolg bemerkte. Hier war ein Fehler, der das ganze Unternehmen in Gefahr bringen konnte. Und man konnte auch nicht die bewährte Methode anwenden und die Zeugen verschwinden lassen … Prof. Panterosi war kein Patrickson oder Dacore. Er bedeutete von jetzt an einen unbewußten, gefährlichen Gegenspieler.
    Cravelli hob bedauernd die Schultern. »Er wird vielleicht noch andere Besuche haben? Ein Mann wie er ist begehrt –«
    »Begehrt?« Prof. Panterosi sprang auf. »Mann, wissen Sie überhaupt, was dieser Berwaldt da entdeckt hat.«
    »Und ob ich das weiß, Professor«, antwortete Cravelli ehrlich.
    »Ich habe gedacht, Sie seien mit Dr. Berwaldt als Vertreter einer Industriegruppe –«
    »Das stimmt, Professor. Aber Dr. Berwaldt erbat sich Bedenkzeit.« Auch das stimmt, dachte Cravelli. Ich lüge nicht. Berwaldt sitzt im Keller, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er weich genug ist.
    »Sie haben ihm nicht genug geboten, was?« Panterosi rannte in der großen Bibliothek hin und her. »Dieser Geiz, diese Krämerseelen! Da hat man einen Mann in der Hand, der Millionen retten kann … und was tut man? Man läßt ihn mit Bedenkzeit ziehen! Alle Schätze der Erde sollte man vor ihm aufhäufen! Er hat sie verdient –«
    »Ich weiß das alles, Professor. Aber Berwaldt ist ein schwieriger Mann.«
    »Sein gutes Recht! Er weiß, was er da erfunden hat! Cravelli! Wo bleibt Ihr Nationalismus?! Italien – das Land, das die Welt von der Krebsgeißel befreit! Mensch, das ist wie die Entdeckung eines Galilei! Und Sie lassen ihn weggehen!«
    »Er wird wiederkommen. Bestimmt.« Cravelli spürte ein starkes Unbehagen. Wenn Panterosi über seine Erlebnisse der letzten Tage einen Bericht veröffentlichte, würde die Meute der internationalen Presse sich auf den Palazzo Barbarino stürzen. Das war genau das, was Cravelli auf alle Fälle

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