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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Callahan Henry
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Abend«, sagte Rusty gerade so laut, dass er zu hören war, aber nicht laut genug, um den Eindruck zu erwecken, dass er gehört werden wollte.
    Er lehnte sich an die Theke und winkte irgendwem zu. Sara Matthews schob sich zwischen uns und umarmte uns gleichzeitig – einen mit jedem Arm. »Wie geht’s, wie steht’s?«, sagte sie mit breitem Lächeln. Ihre Lippen hatten sich seit unserer letzten Begegnung vergrößert, und die linke Seite des Mundes war dicker als die rechte, was mich dazu brachte, den Kopf schief zu legen.
    »Alles gut«, sagte ich. »Und bei dir?«
    »Wunderbar«, sagte sie, sah Rusty an und zog die Augenbrauen hoch, allerdings bewegte sich dabei ihre Stirn nicht mit. »Und ihr?«
    Rusty ergriff ihre Hand. »Wie geht es deinem Vater?« Saras Vater hatte in der Woche davor einen dreifachen Bypass gelegt bekommen.
    Saras Augen füllten sich mit Tränen. »Nicht so gut.« Sie machte einen schiefen Schmollmund.
    Rusty küsste ihren Handrücken. »Bitte grüß ihn von uns, und sag ihm, wir beten für ihn.«
    »Was?«, sagte ich. Das Wort war ausgesprochen, bevor ich überhaupt wusste, dass ich es gedacht hatte.
    Sara starrte mich wütend an. »Er hat gesagt, ihr betet für meinen Vater.«
    Ich sah Rusty an. Er ist die Sorte Mann, die höchstens darum betet, dass der Golfball es ins Loch schafft, aber nicht für jemanden, der einen Bypass bekommen hat. Ich ging weg, auf das Badezimmer im Flur zu, während Sara und Rusty mir mit überheblicher Besorgtheit hinterherstarrten. Ich knallte die Tür hinter mir zu und starrte in das Porzellanwaschbecken, das von Hand mit kleinen gelben und rosafarbenen Schmetterlingen bemalt war.
    Was war los mit mir? Ich wollte Rusty nicht in meiner Nähe haben. Mir wurde klar, dass diese schreckliche Ahnung, dass in unserer Ehe keine Liebe mehr war, sich bewahrheitete. Irgendetwas musste mit mir los sein. Es musste meine Schuld sein, denn wenn man seinen Ehemann nicht lieben kann, wen kann man denn dan
    Wenn man sich unser Leben ansah – wir gehörten zu den Glücklichen. Wir hatten doch alles.
    Ich würde das wieder hinbiegen, wie ich auch alles andere in unserem Leben hingebogen hatte. Ich würde meine Gefühle reparieren wie einen tropfenden Wasserhahn oder eine kaputte Schranktür. Entschlossen drehte ich den Hahn auf und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht.
    Sadie stand vor der Tür. »Alles okay, Ellie?«
    Ich öffnete die Tür und lächelte sie an. »Alles bestens.«
    »Hat Rusty irgendwas Dummes zu dir gesagt?«
    »Nein«, sagte ich und schob mich an ihr vorbei in den Flur, an dessen Wänden Broomesche Familienporträts in dunklen Holzrahmen hingen.
    Sie hob die Hand und wischte mit dem kleinen Finger etwas an meinem rechten Auge ab. »Mascara«, sagte sie zur Erklärung.
    Meine Handtasche vibrierte, ich kramte mein Handy hervor.
    Hutch.
    »Das muss ich annehmen«, sagte ich zu Sadie und ging auf den leeren Wintergarten neben der Eingangshalle zu.
    »Hey, du«, sagte ich leise.
    »Ich liebe es, wie du das immer sagst.«
    Ich lachte. »Was sage?«
    »›Hey, du.‹ Als könnte hier kein anderer außer mir sein.«
    »Oh.« Das Wort sank hinab an einen ruhigen Ort.
    Das Schweigen war voll und leer zugleich, und mein Magen schlug einen Purzelbaum wie auch schon beim Klang seiner Stimme. Wir hatten uns schon immer in Schweigen ergehen, darin ruhen können, als ob die Stille eine eigene Sprache hätte, die nur wir kannten und mit Freude sprachen.
    »Hast du meine Nachricht bekommen?«, fragte ich schließlich, im Wintergarten auf und ab laufend.
    »Habe ich. Passt es gerade?«
    »Nicht so gut. Ich bin auf der Party der Broomes zum fünfzigsten Hochzeitstag.«
    »Wow, wenn du Mrs. Broome suchst, musst du in der Vorratskammer nachsehen, da sitzt sie und trinkt den Jack Daniels direkt aus der Flasche.«
    Ich lachte zu laut. »Woher kennst du denn dieses schmutzige kleine Geheimnis?«
    »Ich habe meine Wege.«
    »Wie immer.« Ich hielt inne, verlegen, weil ich in das alte Geplänkel zurückgefallen war, das es zwanzig Jahre lang nicht mehr gegeben hatte. »Ernsthaft, woher weißt du das?«
    »Weißt du nicht mehr? Du hast mir das erzählt … als wir zusammen waren und nach dem Thanksgiving-Essen rübergegangen sind. Damals auf der Uni.«
    »Stimmt.«
    »Jedenfalls …« Eine kurze Pause, dann fragte er: »Wie wäre es mit Mittagessen morgen, und dann erzählst du mir alles über diese beiden Sommer in Alabama?«
    »Das bisschen, was ich weiß, reicht für kein

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