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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Callahan Henry
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»Und das habe ich gemacht, als ich zwölf war. Mom hat es letztes Jahr auf dem Boden gefunden und hierhergestellt.«
    »Oh«, sagte ich, sprachlos ob all der Schönheit. »Ich erinnere mich an kaum etwas.«
    »Du warst ja auch nur ein einziges Mal hier, mit deinem Vater. Es hat Mom fast das Herz gebrochen, dass dieses Haus nicht zu der lebenslangen Freundschaft mit deiner Mutter gehörte.«
    »Ich kapier’s nicht«, sagte ich, da erschien Birdie auf der Veranda und hieß uns mit ihrem warmen Lächeln, einem kalten, süßen Tee und einer langen Umarmung willkommen.
    »Endlich bist du gekommen, Ellie. Oh, endlich! Deine Mutter sieht jetzt auf uns herab und freut sich, da bin ich ganz sicher. Willkommen in meinem Sommerhaus.« BirdiesAkzent war so breit, als wäre er in Butter und Sahne getränkt.
    »Du gönnst dir wirklich einen langen, langen Sommer.« Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    Nach dem Abendessen und zu vielen Gläsern Chardonnay saßen Sadie und ich still auf der hinteren Veranda des Gästehauses.
    Sadie streckte die Hand aus und berührte mein Knie. »Geh schlafen. Wir reden morgen. Ich gehe zu Mom rüber, dann hast du das Haus für dich allein. Bist du sicher, dass …?«
    »Ich allein klarkomme? Willst du fragen, ob ich allein klarkomme?«
    »Nein, ich weiß, dass du das tust.«
    Sie lief in die Nacht hinaus, und ich war allein.
    Nicht einsam, nur allein.
    Ich ging ins Gästehaus und fühlte mich sofort geborgen. Im einzigen Schlafzimmer lag mein Koffer noch unausgepackt auf dem Holzfußboden. Ich grub meinen Schlafanzug und die Kosmetiktasche aus und ging ins weiß gekachelte Bad, um mein Gesicht zu waschen und die Zähne zu putzen – das, was man tut, egal, wo man ist oder wohin man geflohen ist. Zum ersten Mal seit Monaten, vielleicht Jahren, fiel ich ohne ein Gefühl von Beklemmung ins Bett.
    Ich hörte ein leises Kratzen an der Tür, das ich für einen Ast oder ein herumstöberndes Tier hielt, aber dann drang eine Stimme durch das offene Fenster.
    »Ellie.«
    Mein Name wand sich einen Weg in meinem Schlafund weckte mich vorsichtig. Die Uhr zeigte zehn nach vier. Ohne jede Angst ging ich zur Tür, dabei hätten mich zu jeder anderen Zeit, an jedem anderen Ort mein Name und ein Klopfen an der Tür um vier Uhr morgens in helle Panik versetzt.
    Vor mir stand Sadie in Gummistiefeln, einem T-Shirt mit einem verblichenen Crawfish-Joe’s-Logo, kurzen Jeans und Baseballkappe. Das Licht fiel von oben auf ihre helle Haut. In den Händen hielt sie ein Paar leuchtend rosa Gummistiefel und eine weitere Baseballkappe. Zu ihren Füßen standen und lagen eine Thermoskanne, eine Kühlbox, ein Fischspeer und ein Fischernetz. Ich starrte Sadie an und verarbeitete den Anblick dieser Gegenstände in der üblichen verlangsamten Art, wenn man gerade in einer anderen Welt aufgewacht ist.
    »Ein Jubilee«, flüsterte sie und hielt die offenen Hände vor sich ausgestreckt, als würde sie das präsentieren, was immer ein Jubilee auch sein mochte.
    »Hä?«
    Sie nahm die Thermoskanne, goss Kaffee in eine Plastiktasse und gab ihn mir. »Koffein. Jetzt zieh dir Shorts und dein hässlichstes T-Shirt an, ich erkläre dir alles auf dem Weg.«
    Schlaftrunken tat ich, was sie mir gesagt hatte. Ich setzte die Baseballkappe auf, schlüpfte in die Gummistiefel und trank den Kaffee. Während wir gemeinsam die Ausrüstung Richtung Bucht schleppten, erzählte sie. »Es ist so weit. Ein Jubilee. Und nur für dich, das weiß ich. Alle anderen glauben zwar, es sei für sie, aber ich weiß, dass es für dich ist.«
    »Tut mir leid, ich bin total durcheinander. Kann ich wieder ins Bett gehen?«
    »Kann es was Besseres geben? Das ist ein Zeichen. Ein Geschenk.«
    »Was?« Ich blinzelte in die Dunkelheit, als ob das die Umrisse zum Leben erwecken könnte.
    »Du verstehst nur Bahnhof, wie?«
    »Ja.«
    »Eine geheimnisvolle Welt taucht auf, aber nur, wenn Wetter, Wind und Wasser genau richtig stehen, wenn alles stimmt. Die ganze Stadt rennt jetzt zum Wasser. Da wird mehr Meeresgetier herumschwimmen, als man fangen kann.«
    »Ich verstehe gar nichts.«
    »Wirst du gleich. Nimm die andere Seite der Kühlbox.« Sie gab Anweisungen, ich gehorchte widerspruchslos. Als wir am Wasser ankamen, stand da bereits eine Menschenmenge. Die Bucht lag blau und dunkel unter dem Nachthimmel. Die Mondsichel ließ nur einen sehr dünnen Lichtstrahl auf dem Wasser spiegeln. Ich stand am Wasser in Birdies Gummistiefeln, die mir zu klein waren und meine Zehen

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