Die Schwert-Legende
weise.«
Ali lächelte seinem väterlichen Freund zu, drehte sich um und ging. Yakup schaute ihm nach. Er war stolz auf den Jungen, konnte aber nicht mit Bestimmtheit sagen, ob Ali den gleichen Weg einschlagen wollte wie er und sich damit für das Kloster entschied. Er war noch zu jung, zuviel konnte geschehen. Man sollte ihm nicht jetzt schon die Fesseln anlegen, ihm auch hin und wieder freien Lauf lassen.
Yakup dachte darüber nach, ob er nicht auch das Kloster als eine Fessel ansah. Nein, das war es nicht. Er leitete diesen Posten in den Bergen Kaliforniens. Nie würde er sich in einer Großstadt zurechtfinden. Hin und wieder unternahmen sie Trips nach Frisco. Nur war Yakup jedesmal froh, wenn er dem Trubel entrinnen konnte.
Daß die Ninja Wache halten würden, war nicht zu sehen. Kein Kämpfer patrouillierte um das Gebäude. Sie alle waren hinter den Mauern geblieben, um dort eine Deckung gegen die heranfliegenden Todesboten des Shimada zu haben.
Im ewigen Eis stand die Pyramide, aus dem Amaterasus Schwert herausragte. In einer Weite, die schon unendlich war, in der alles verloren gehen konnte.
Auch Menschen.
Erfroren, verhungert. Körper, die vielleicht nach vielen Jahren erst durch einen Zufall entdeckt wurden, eingeklemmt zwischen mächtigen Bergen aus gefrorenem Wasser.
Wie sollte er das Ziel da finden?
Vielleicht den schwarzen Totenvögeln nacheilen, die das Schwert bewachten, ohne es Shimada je übergeben zu können, da es durch eine andere Magie oder Kraft geschützt wurde?
Es war unter Umständen die einzige Möglichkeit.
Wenn er sich allerdings mit seinen Londoner Freunden zusammensetzte, konnte es sein, daß diese noch eine Chance wußten. Yakup wollte vor seiner Abreise in London anrufen und mit John Sinclair reden.
Er war wieder an das Fenster getreten. Sein Blick durchstreifte die Dunkelheit der Nacht. Er mußte zugestehen, daß Ali recht behalten hatte. Die Vögel waren noch vorhanden.
Er sah die Tiere mit den sich langsam bewegenden Schwingen, wie sie in großer Höhe ihre Kreise zogen. Sie wirkten wie künstliche Geschöpfe, die jemand durch Hilfe einer Fernbedienung fliegen ließ. Unheimliche Wächter, geschickt von Shimada, ausgesandt von seinem unheimlichen Todesschloß, der Festung, die die Zeiten durchwehen konnte. Schräg vor ihm schwebte ein schwarzer Vogel. Seinen Kopf mit den kleinen Augen direkt auf das Fenster gerichtet, als wollte er im nächsten Augenblick hineinfliegen.
Yakup beobachtete ihn. Etwas kam ihm an diesem Tier nicht geheuer vor. Den Grund konnte er nicht sagen. War es vielleicht dieses abwartende Verhalten? Das Zögern und…
Etwas zischte heran. So schnell, daß Yakup es mit den Blicken kaum verfolgen konnte. Ein Schatten nur, schmal und langgestreckt, der sein Ziel fand und den Vogel durchbohrte.
Selbst Yakup hatte damit nicht gerechnet. Seine Augen weiteten sich für einen Moment. Er schüttelte den Kopf, weil er es kaum glauben konnte, denn von seinen Freunden hatte bestimmt keiner Pfeile gegen den Vogel geschossen.
Es sah so aus, als wollte sich der schwarze Vogel noch in der Luft halten, dann aber fiel er nach unten, als wäre er von einer Schnur gezogen worden.
Yakup verfolgte seinen Weg. Er sah nicht, wie er aufschlug, aber sein empfindliches Gehör nahm die Schritte wahr, die sich von der Seite dem Ort näherten, wo der tote Vogel lag.
Die Gestalt war keiner seiner Brüder. Sie trug eine andere Kleidung und winkte zu ihm hoch.
»Wer bist du?« rief Yakup in die Tiefe.
»Darf ich eintreten?« fragte Shao.
Der Türke stand auf dem Fleck, als hätte man ihn angeleimt. Er bewegte nur die Augen, schloß sie, öffnete sie wieder, doch das Bild verschwand nicht.
Shao war da!
»Du?« hauchte er.
»Ja, ich bin es.«
»Wie kommst du hierher?«
»Vielleicht haben mir Shimadas Totenvögel den Weg gewiesen oder die Magie der Amaterasu. Ich weiß, daß die Zeit knapp ist, wenn wir reden wollen. Er hat seine Vögel geschickt, um dich zu beobachten. Mir hat die Sonnengöttin eine Nachricht hinterlassen, über die ich mit John Sinclair und Suko sprach.«
»Warte, ich hole dich.« Yakup eilte die Treppen hinab in die Halle, wo vier Brüder im Kerzenschein bei ihrem toten Kameraden die Ehrenwache hielten.
Niemand sprach ihn an, als er das Tor öffnete. Nur die Blicke der Ninja folgten ihm.
Shao betrat das Kloster, das nur äußerst selten den Besuch einer Frau sah. Sie trug wie immer ihre dunkle Kleidung und die Halbmaske vor dem Gesicht. Die Armbrust
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