Die Schwerter von Zinjaban
seinen Sessel zurück und schloss die Augen. Ein leises Schnarchen entwich seinem halb offen stehenden Mund.
Alicia sprang auf. Als selbst mehrere leichte Rippenstöße hintereinander den Khaldonier nicht aufzuwecken vermochten, packte sie ihn bei seinem Gürtel und schleifte ihn in eine Ecke des Zimmers. Dann zog sie seinen Dolch, eine ziemlich große Waffe mit einer nadelscharfen Spitze, aus seiner Scheide.
Als nächstes nahm sie die Decke vom Bett und warf sie über den tief schlummernden Minyev. Sie drapierte sie so, dass sie aussah, als wäre sie achtlos weggeworfen worden, wobei sie den Khaldonier aber vollständig verhüllte. Sie zögerte einen Moment, bevor sie den Plan weiterverfolgte, den sie gefasst hatte, während sie sich Minyevs Storys angehört hatte. Sollte sie erst versuchen, Vizman sein Vorhaben auszureden, bevor sie zu äußersten Maßnahmen griff? Sie verwarf den Gedanken gleich wieder, wusste sie doch zuviel über die Methoden krishnanischer Monarchen. Wenn er rücksichtslos genug war, um sie mit Gewalt den ganzen weiten Weg von Mishe bis hierher schleppen zu lassen, dann würde er sich in diesem späten Stadium erst recht nicht mehr von seinem Vorhaben abbringen lassen, weder durch Appelle noch durch vernünftige Argumente.
Alicia versteckte den Dolch unter ihrem Kissen und legte ihn so, dass er sich mit dem Griff in Reichweite ihrer rechten Hand befand, wenn sie auf dem Rücken lag. Dann drehte sie die Lampe herunter, zog sich aus und legte sich aufs Bett. Nach endlosem, schier unerträglichem Warten vernahm sie schließlich draußen vor dem Zelt das Knirschen von Schritten. Dann hörte sie Vizmans Stimme rufen: »Minyev!«
»Er ist fort, aber ich bin hier«, rief Alicia, einen Ton von gespannter Erwartung in ihre Stimme legend.
Die Zelttür, die aus einer breiten, vertikalen Lasche bestand, wurde gehoben, und herein kam Dour Vizman, ein wenig schwerer und ein wenig langsamer als vor achtzehn Krishnajahren, aber ansonsten immer noch derselbe stämmige krishnanische Politiker mittleren Alters. Er trug die traditionelle Qiribo-Tracht, ein quadratisches Tuch, das über eine Schulter und unter dem anderen Arm hindurch geschlungen war. Als er Alicia erblickte, blieb er stehen und sog scharf den Atem ein.
»Alicia!« rief er. »So schön wie eh und je! Meine Teure, von diesem Augenblick habe ich fast zwanzig Jahre geträumt! Niemals hat die hell lodernde Flamme der Leidenschaft, mit welcher ich für dich entbrannt bin, auch nur eine Sekunde geflackert! Ich liebe dich, und du sollst auch mich lieben!«
Vizman streifte seine spärliche Kluft ab und kickte die Pantoffeln von seinen Füßen. »Ah, Geliebte, wie ich mich all die langen Jahre nach dir gesehnt, ja verzehrt habe!« Er ließ seine zitternde Hand über ihren Oberschenkel gleiten.
Mit wild klopfendem Herzen zwang Alicia ihre Lippen zu einem einladenden Lächeln. Vizman holte tief Luft und warf sich auf sie.
»Ah, Bákh!« murmelte er. »Welche Freude! Welches Glück!« Dann straffte sich sein Körper, seine Antennen zitterten, und in wilder Ekstase schloss er fest die Augen.
Vorsichtig schob Alicia die Hand unter das Kissen, packte den Knauf des Dolches und zog ihn unter dem Kissen hervor. Sie hob die Arme, legte sie um seinen massigen Oberkörper, bis sie das Heft des Dolches mit beiden Händen fassen konnte, und drehte die Spitze vorsichtig nach unten, bis sie auf seinen Rücken zeigte. Während Vizman heftig schnaufend auf ihr herumrammelte, zog Alicia die Waffe mit einem kräftigen Ruck zu sich herunter und stieß die Klinge in seinen Rücken.
Als der Dolch sich in seinen Körper bohrte, riss Vizman die Augen auf. Ungläubiges Staunen verzerrte seine groben Züge, bevor sie in der ausdruckslosen Stille des Todes erschlafften.
Eingeklemmt unter dem riesigen leblosen Körper des Krishnaners, fühlte Alicia plötzlich heftige Panik in sich aufsteigen. Sie unterdrückte den Impuls, laut aufzuschreien, und schaffte es schließlich mit einiger Mühe, den erkaltenden Körper des Monarchen von sich zu wälzen und sich zu befreien. Sie überlegte einen Moment, ob sie den Dolch herausziehen sollte, entschied sich dann aber, ihn im Rücken ihres Möchtegern-Begatters steckenzulassen. Mit der bluttriefenden Waffe in der Hand entdeckt zu werden, war ein zu hohes Risiko.
Ein Kreis aus blaugrünem Blut breitete sich langsam auf dem Laken aus, während Alicia mit zitternden Händen ihre Kleider und Schuhe zusammenraffte, die Lampe löschte und
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