Die Schwerter von Zinjaban
Als sie sich küssten, klatschten die Passagiere, die sich neugierig hinauslehnten, laut Beifall und riefen »Bravo!« und »Hurra!« Als er und Alicia sich schließlich voneinander lösten, hörte Reith vereinzelte Kommentare aus dem allgemeinen Geplapper heraus.
»Sie ist seine Exfrau, musst du wissen.«
»Mann, ich wünschte, meine Ex würde mich auch so behandeln!«
»Sie kann meine Ex sein, wann immer sie möchte!«
Ordway blies in seine Trillerpfeife. Die Kutscher ließen ihre Peitschen knallen, und die Waggons setzten sich ächzend und rumpelnd in Bewegung.
Als der letzte Waggon durch das Tor geschaukelt war, wandte sich Reith an Timásh, der die Zügel von drei Ayas hielt, von denen einer zwischen die Deichseln von Reiths Einspänner geschirrt war. Reith kletterte auf den Sitz und lenkte seinen Einspänner zum Tor hinaus, gefolgt von Timásh, der auf dem einen der Ayas ritt und den anderen am Zügel führte. Doch statt in die Uferstraße nach Qou einzubiegen, nahm er die Straße nach Norden Richtung Rosid.
VIII
DER DASHT VON RUZ
I n Avord begrüßte ihn der Gastwirt Asteratun – der mit den ausgefransten Antennen – mit den Worten: »Seid mir gegrüßt“ guter Meister Ries! Kommt Ihr wieder mit neuen Ertsuma?«
»Nein«, sagte Reith. »Nur mit meinem getreuen Timásh, und diesmal werde ich mir ein Zimmer mit ihm teilen.«
»Dann gebe ich Euch Nummer Sechs, wenn es Euch recht ist.«
Später, als Reith und Timásh in der Schankstube beim Falat saßen, setzte sich Asteratun, da er im Moment keine anderen Gäste hatte, zu ihnen. Reith fragte: »Wie stehen die Dinge in Ruz in diesen Tagen?«
»Recht gut. Den göttlichen Sternen sei Dank hat der Dasht jene törichte Verfügung, welche den Badehausbesitzern vorschrieb, ihre Institute in Abteilungen für Männer und Weiber zu spalten, wieder rückgängig gemacht.« Asteratun schaute Reith in die Augen. »Mein guter Herr, das letzte Mal, als wir uns begegneten, gabt Ihr mir das Versprechen, mir zu verraten, wer die Dame ist, die ich fälschlich für Eure Tochter hielt. Nun, und da wir alte Freunde und Geschäftspartner sind, bitte ich Euch, dies Versprechen einzulösen.«
»Sie ist dieselbe, die Ihr schon vor zwanzig Jahren kennen lerntet, und die damals mein Eheweib war.«
»Meister Ries, ich weiß, dass ihr mit euren terranischen Arzneien länger lebt als wir Menschenwesen. Ihr seid in den letzten zwanzig Jahren tatsächlich kaum gealtert – weit weniger als ich in derselben Spanne.
Doch diese hübsche Maid scheint um keinen Deut älter als vor zwanzig Jahren. Warum ist das so?«
»Sie hat fast all diese Jahre mit Reisen durch das All verbracht; darum ist das so.«
Asteratun starrte hinunter auf den Tisch. »Ja, ich habe von jener Raum-Magie gehört, welche die Zeit für jenen verlangsamt, der daran teilhat, wie in der Mär von dem Wicht, der für einen Tag ins Elfenreich reist und bei seiner Rückkehr feststellen muss, dass ein Jahrhundert vergangen ist. Ein Terraner versuchte einst, mir diese Magie zu erklären, aber ich vermochte aus seinen Darlegungen nicht klug zu werden. Wie auch immer, Ihr sagtet, dass sie Euer Eheweib war. Heißt das, sie ist es nicht mehr?«
»Das ist richtig. Wir wurden geschieden, kurz nachdem Ihr sie kennen lerntet.«
»Ohe! Deshalb bestandet Ihr also darauf, alleine zu schlafen! Gleichwohl wart ihr unlängst gemeinsam hier und führtet euch wie alte Freunde auf, gleich als wäre nie auch nur ein harsches Wort zwischen euch gefallen. Wenn eines von uns Menschenwesen sich scheiden lässt, dann muss einer von beiden dem andren so übel mitgespielt haben, dass der andre nie wieder etwas mit dem Übeltäter zu tun haben will.«
»Keiner von uns hat dem andren Leides getan«, sagte Reith mit einem schiefen Lächeln. »Ich nehme an, jeder von uns trachtete danach zu regieren, und sie konnte den Wettstreit nicht ertragen.«
Der alte Krishnaner schüttelte sein allmählich ergrauendes blaugrünes Haar. »Ja, ihr Terraner nehmt eure Paarungen und Entzweiungen so leicht als wie die frivolen Ritter von Qarar, die sich paaren wie die Tiere des Waldes. Einer, ein gewisser Sir Khors, nächtigte unlängst hier. Er hatte seine neue Buhle dabei und brüstete sich damit, seiner vormaligen Mätresse ihretwegen den Laufpass gegeben zu haben – wenn es nicht in Wahrheit sie war, die von ihm geflohen ist. Er riet mir, ich solle das gleiche mit meinem alten Eheweib tun. Jeder Mann‹, sprach er, ›braucht alle paar Jahre eine
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