Die Schwester der Braut
Blick, der um Verständnis bat. Er überraschte Lauren.
Sie wandte sich an ihre jüngere Tochter. »Deine Schwester hat das Recht, nicht zu heiraten, Ally. Ich weiß, es ist schwer zu verstehen, besonders jetzt, da du vor deiner eigenen Hochzeit stehst. Aber nicht jede Frau wünscht sich diese Dinge, nicht das weiße Kleid, nicht die Kirche, nicht die Feier und die Gelübde.«
»Ich will nur, dass sie glücklich ist.«
»Für den Moment musst du einfach damit zufrieden sein, dass ich nicht unglücklich bin. Okay?«
Ally zuckte mit den Schultern, sah ihrer Schwester allerdings fest in die Augen. Alex wusste, was dieser Blick bedeutete: Ally wusste besser, wie man glücklich wurde als sie. Doch der Streit war zu Ende. Und das war der Abend ebenfalls.
Ein paar Minuten später drängte Ally zum Aufbruch. Schließlich würde der nächste Tag ein langer werden, und es war schon spät. Sie begaben sich alle zusammen ins Wohnzimmer, wo das Brautpaar sich verabschiedete.
»Bleibt ihr noch?«, fragte Ally an der Tür über die Schulter hinweg.
Lauren schien ebenfalls bereit, sich zu verabschieden. Sie wandte sich Alex zu.
»Ich dachte, ich helfe Dana beim Aufräumen.« Alex sah ihre Gastgeberin an.
»Das musst du wirklich nicht.«
»Das ist das mindeste. Außerdem möchte ich es.«
»Das ist eine gute Idee.« Zum Abschied umarmte Lauren ihre Freundin. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihre älteste Tochter auf die Wange. »Danke, Schatz.« Lauren folgte Ally und Rick aus der Tür.
Dana und Alex blieben zurück.
Alex wandte sich zu Dana um, nachdem sich die Tür hinter ihrer Mutter geschlossen hatte.
»Es tut mir leid wegen des Streits. Ich wollte nicht, dass der Abend so endet«, entschuldigte sie sich.
»Ich weiß, es ist . . .« Dana beendete den Satz nicht. Sie winkte Alex stattdessen, ihr zu folgen und ging zurück ins Esszimmer. Dort sammelten sie gemeinsam die restlichen Gläser ein, die noch auf dem Tisch standen, bevor sie in die Küche gingen.
»Du wolltest etwas sagen«, erinnerte die große Latina ihre Gastgeberin. Die hatte bereits begonnen, ihre Spülmaschine zu befüllen, während Alex Essensreste in den Müllzerkleinerer beförderte.
Dana seufzte und lehnte sich gegen ihre Küchenzeile. »Willst du wirklich wissen, was ich denke?«
Alex sah Dana erstaunt an, nickte aber.
»Ich denke, du bist sauer auf deine Schwester, weil du glaubst, dass sie dein Lesbischsein nicht verstehen würde. Du bist sauer auf etwas, das sie noch gar nicht getan hat. Das ist unfair. Du solltest ihr zumindest die Möglichkeit geben, etwas dazu zu sagen, bevor du wütend wirst.« Sie wartete einen Moment, ob Alex etwas erwidern würde. Die schien noch über das Gesagte nachzudenken, daher setzte Dana ihre Arbeit an der Spülmaschine fort.
»Du hattest doch auch Bedenken wegen Allys Reaktion«, bemerkte Alex nach einer Weile.
»Mag sein. Am Ende können wir es beide nicht wissen. Es ist natürlich deine Angelegenheit, wann du dich outest. Du musst dazu bereit sein. Nur sei nicht böse auf deine Schwester, denn sie kann nicht wissen, wie es in dir aussieht.«
Alex lehnte über der Spüle und sah in den Ausguss.
Dana schloss inzwischen die Spülmaschine und trat näher an die jüngere Frau heran. Sie legte ihr eine Hand auf den Oberarm und strich sanft darüber. »Jetzt bist du sauer auf mich«, riet sie.
Alex schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin nur frustriert. Diese ganze Sache . . .« Sie hielt inne und atmete tief durch. »Ich weiß, dass ich Frauen mag, seit ich sechzehn bin – mein halbes Leben. Aber Ally kenne ich länger. Ich kenne meine Mom länger. Die beiden sind die wichtigsten Menschen für mich. Ich könnte sie verlieren, wenn ich ihnen sage, dass ich lesbisch bin. Oder ich halte einfach den Mund . . . und nehme ihnen die Chance, mich wirklich kennenzulernen. Das ist so unfair!«
Alex stand noch immer an der Spüle. Sie sah Dana an, die noch einen Schritt näher kam, deren Hand von ihrem Oberarm über ihren Rücken glitt. Die Berührung war tröstend. Doch sie war auch mehr als das für Alex, deren Emotionen so dicht unter der Oberfläche lagen. Sie schluckte und wandte ihr Gesicht zum Fenster über der Spüle. Sie sah in die Dunkelheit.
Dana schwieg. Sie ließ Alex Zeit über alles nachzudenken. Sie wollte einfach da sein, wenn die junge Frau jemanden zum Reden brauchte. Wie selbstverloren fuhr ihre Hand über den starken Rücken der großen Frau, und nach einer Weile
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