Die Schwester der Braut
empfunden hatte. Es war alles nicht fair – und das war ebenfalls ein Gedanke, der sich in ihrem Kopf manifestiert hatte, der immer wieder hervorsprang in roten Lettern und sie inzwischen zu veralbern schien. Alex seufzte.
»Verdammt! Warum . . .?« Sie wusste es wirklich nicht mehr. Sie konnte sich daran erinnern, was Dana am Abend zuvor gesagt hatte. All die angeführten Gründe, die gegen ein Zusammensein sprachen. Waren sie wirklich unüberwindbar? Konnte sie nicht in Dennizville leben und nach Baltimore pendeln? Das taten andere schließlich auch. Oder sie könnte sich etwas auf halbem Weg suchen. So würde sie auch mehr von ihrer Familie sehen. Ihrer Mutter würde das gefallen. Vielleicht würde sie sich mit der Situation anfreunden können. Vielleicht . . .
Es waren zu viele Hürden, wenn Dana nicht bereit war, sie zu überwinden. Wenn sie den Altersunterschied ins Spiel brachte. Oder wenn sie gar keine Beziehung mit einer Frau wollte.
Zu Alex’ Überraschung war dieser Punkt nicht aufgekommen. Sie wusste nicht, ob Dana schon mit Frauen zusammen gewesen war, vor ihrer Hochzeit mit Brian Lincoln, oder vielleicht auch während ihrer Ehe (auch wenn Alex sich nicht vorstellen konnte, dass Dana eine Frau war, die ihren Ehemann betrog). Es schien für Dana keine Rolle zu spielen, dass sie eine Frau war. Sie war nicht erschrocken gewesen. Sie schien nicht einmal überrascht. Natürlich konnte Alex nicht sagen, wie es in Dana aussah. Womöglich war der Grund, der einzige, der alles entscheidende Grund für ihre Zurückweisung ja ihr Geschlecht.
Alex schloss die Augen. Allein die Vorstellung war schmerzhaft. Ihr Inneres zog sich zusammen. Dieser Grund ließ sich nicht einfach wegargumentieren. Wenn Dana sie nicht wollte, weil sie eine Frau war, gab es keine Chance. Damit wäre alles Denken, alles Fühlen, alles Sehnen sinnlos. Dann war das Leben in der Tat mehr als unfair.
Dana ging es an diesem Morgen nicht besser als Alex. Dabei hatte sie noch nicht einmal angefangen, über das Dilemma vom vorigen Abend nachzudenken. Während Alex sich auf einen Tag mit der lieben Verwandtschaft freuen durfte, hatte Dana einen Termin in Waldorf. Dieser Termin bereitete ihr sogar noch mehr Kopfzerbrechen als ihre Gefühle für Alex Herrera. Es war ein Treffen der Scheidungsparteien Lincoln mit ihren Anwälten. Danas Anwältin, Francine Snyder, hatte die Parteien an einen Tisch gebeten, damit sie ein paar Formalitäten aus dem Weg räumen konnten. Im Klartext hieß dies, dass jetzt die Streitereien über die Wertanlagen losgehen würden.
Das Problem war für Dana allerdings nicht, wer welchen Wagen oder das Haus bekommen würde. Sie wollte das Haus, und sie hatte auch Anspruch darauf. Das Problem war ihr Ehemann.
Sie hatte Brian seit seinem Auszug nicht mehr gesehen. Er hatte ein paar Sachen in den Koffer geworfen und war verschwunden. Seitdem hatte sie aber herausgefunden, dass er in Waldorf mit einer anderen Frau zusammenlebte, einer jüngeren Frau, die vor kurzem noch für ihn gearbeitet hatte.
Verständlicherweise war Dana wütend über diese Neuigkeit. Sie wusste nicht, wie sie diesen Gefühlen und Brian begegnen sollte. Schon jeden Gedanken daran hatte sie bisher vermieden. Jetzt musste sie sich all diesen Gefühlen stellen. Sie fühlte sich überfordert. Sie wollte nicht wie eine der hysterischen, betrogenen Ehefrauen erscheinen, die keine Ahnung von den Affären ihrer Männer hatten und sich dann im Beisein Dritter furchtbar aufführten – das sah man schließlich ständig in irgendwelchen Anwaltsserien.
Dana mochte nicht gewusst haben, dass Brian fremdging, andererseits hatte es sie auch nicht besonders interessiert. Zugegeben, sie hatte ihn vernachlässigt – so wie er sie auch. Nach Joshuas Tod war einfach nichts mehr wichtig gewesen. Es gab Tage, an denen war es noch immer so.
Sie waren sich keine guten Ehepartner mehr gewesen. Sie konnte Brian schwerlich vorwerfen, dass er sich jemanden gesucht hatte, der ihn liebte, wenn seine Frau es nicht mehr tat. Allerdings hätte sie ihm ein bisschen mehr Offenheit hoch angerechnet. Dann hätte sie sich von seiner Eröffnung, so zwischen Tür und Angel, dass er die Scheidung wolle, nicht dermaßen überfahren gefühlt.
Gab es überhaupt einen vernünftigen Weg, eine Trennung zu vollziehen? War man nicht immer zu verletzt, um die Gefühle des anderen in Betracht zu ziehen.
Dana war sich nicht sicher. Sie wollte diese Angelegenheit einfach nur schnell und
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