Die Schwester der Braut
Nackenmuskeln angespannt waren. Dana konnte spüren, wie ihre Finger geradezu juckten, Alex ihre Hände in den Nacken zu legen und die Sorgen fort zu massieren. Schnell richtete sie den Blick wieder auf die Straße.
Es war unheimlich, wie ihr Körper auf den der jüngeren Frau reagierte. Als sie Alex aus dem Haus hatte kommen sehen in ihrem perfekt sitzenden Anzug mit einem Ausschnitt, der gerade den darunter sitzenden BH verhüllte, schienen alle ihre Nervenenden aufzuspringen und »hier« zu rufen. Ihre Hände wollten über die kaum verhüllten Rundungen gleiten, ihr Körper sich an sie pressen, und ihre Lippen wollten wieder von Alex geküsst werden.
Sie begehrte die jüngere Frau so sehr, es war fast schmerzhaft. Doch da war noch mehr. Da war eine sentimentale kleine Stimme, die ihr Geschichten von Alex als kleinem Mädchen erzählte. Wie sie auf ihrer eigenen Hochzeit rumgetapst war und alle Gäste verzaubert hatte. Wie ihr Vater ihr vor dem Haus das Fahrradfahren beigebracht und Alex ihr freudestrahlend zugewinkt hatte als sie endlich ohne Hilfe davonfuhr.
Das war die kleine Alexandra, die beschützt und umsorgt werden musste. Und dann war da die erwachsene Frau, die mehr war als ein hinreißender Körper. Sie hatte Humor und Verstand. Sie war mitfühlend und herausfordernd. Sie könnte Danas ganze Welt zum Einsturz bringen. Auch, wenn von Danas Welt nicht mehr viel übrig war, so hielt sie krampfhaft an dem wenigen fest, das sie noch hatte: ihrem Job, ihrer besten Freundin, und dem Glauben, dass Alex nicht in ihre Welt passte.
Dana stöhnte frustriert auf. »Was willst du von mir, Alex?«
Die beiden Frauen sahen einander an, beide erschrocken über diesen Ausbruch.
Alex fand keine Antwort. Keine, die nicht selbst für sie furchtbar utopisch klang. Sie schüttelte den Kopf.
Dana wandte sich wieder der Straße zu. Sie waren jetzt fast bei der Kirche. Beide konnten den kleinen Kirchturm am Ende der Straße ausmachen. Dana steuerte den Wagen in eine Parklücke. »Was immer es ist, Alex, es ist zu spät dafür.«
»Ist das wieder ein Hinweis auf unseren Altersunterschied?«, fragte Alex bitter. Sie wollte diesen Grund am wenigsten zählen lassen. Er war ihrer Meinung nach absurd.
»Ich bin zu alt. Ich bin zu alt für all diese Gefühle, die du in mir auslöst. Ich bin zu alt, um meine Libido neu zu entdecken und noch einmal von vorn anzufangen. Ich hab einfach nicht die Kraft, Alex.«
»Das ist Unsinn. Das weißt du auch. Du hast Angst. Das hat nichts mit deinem Alter oder deiner gescheiterten Ehe zu tun. Du hast Angst, du könntest mehr für mich empfinden als körperliche Anziehung. Gib es wenigstens zu.«
»Ich bin zu alt, mich zu verlieben«, bestätigte Dana traurig.
Alex schüttelte den Kopf. »Noch mehr Unsinn.« Sie wandte sich Dana zu und sah sie eine Weile nachdenklich an. »Ich weiß, dass es keinen Weg für uns gibt, Dana. Ich . . . weiß es. Dennoch will ich dich. Das geht nicht einfach weg, nur weil eine Beziehung aussichtslos erscheint. Du solltest dich aber auch nicht selbst belügen. Gefühle haben rein gar nichts mit dem Alter zu tun. Du bist fähig zu Leidenschaft und zur Liebe, das weiß ich. Das weiß ich ganz genau. Wir haben uns geküsst. Ich kenne dich besser, als du denkst.«
Sie blieben einen Moment sitzen und sahen einander an.
Dana war überrascht über Alex’ eindringliche Worte. Sie würden sie so schnell nicht wieder verlassen. Dana sah zur Kirche hinüber, wo ein paar Leute die Treppen hinaufeilten. Auch sie und Alex sollten sich eigentlich beeilen. Nur schien diese Unterhaltung hier so viel wichtiger als alles andere.
»Du hast recht. Ich habe Gefühle für dich. Ich kann es nicht verstehen, Alex. Nach allem . . . Joshs Tod, Brian. Ich müsste völlig kalt und leer sein. Doch ich fühle . . . dich.« Sie legte Alex ihre Hand an die Wange.
»Ich fühle dich auch.«
Dana bemerkte eine Bewegung bei der Kirche. Lauren kam auf ihr Auto zugeeilt. Dana zog ihre Hand von Alex’ Gesicht. »Deine Mutter.«
Alex wandte sich um und öffnete die Wagentür, noch bevor Lauren am Auto ankam. Sie waren sich beide nicht sicher, ob Lauren sie gesehen hatte.
»Da seid ihr ja endlich! Schnell, wir wollen anfangen!« Lauren fuchtelte wild mit den Armen und trieb Alex und Dana zur Eile an. Sie liefen schließlich zur Kirche und waren die letzten, die ihre Plätze einnahmen.
Vor der Trauung hatte Alex noch mit ihrer Schwester reden wollen. Durch das Gespräch mit Dana war ihr
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