Die Schwester der Braut
Damit machte Ally auf dem Absatz kehrt und verließ Alex’ Zimmer.
Alex folgte ihr.
Im Flur öffnete sich die Tür zum Schlafzimmer ihrer Mutter. Lauren streckte ihren Kopf heraus. »Ally? Alex?«, fragte sie verschlafen. Sie folgte ihren Töchtern ins Wohnzimmer, unsicher, was passiert war, allerdings mit einer dunklen Vorahnung. Sie wusste, dass Alex die Nacht bei und vermutlich auch mit Dana verbracht hatte. Dazu Allys Auftauchen hier so früh am Morgen . . .
»Ally!«, rief Alex ihre Schwester an.
Die drehte sich noch einmal um, bevor sie die Tür erreichte.
»Ich liebe Dana«, presste Alex zwischen ihren Zähnen hervor. »Das wird sich nicht ändern, nur weil du mit erhobenem Zeigefinger den Moralapostel spielst. Du kannst eine ganze Litanei von Bibelversen herunterbeten. Das macht deine Liebe zu Rick nicht besser als meine zu Dana. Ich bin lesbisch, Ally. Das bin ich schon sehr lange. Ich wollte es dir sagen, aber . . .« Sie schüttelte den Kopf. »Ich ahnte, wie du reagieren würdest.«
Ally sah schockiert von Alex zu ihrer Mutter und wollte sehen, wie die die Neuigkeit aufnahm.
Im Gesicht ihrer Mutter zeigte sich keine Überraschung. Tatsächlich trat Lauren Herrera an ihre ältere Tochter heran und legte ihr eine Hand wie tröstend auf den Oberarm. Sie wandte sich Ally zu. Ihre Augen flehten um Verständnis.
Alex beobachtete dies. Sie sah, wie sich Allys Züge verhärteten.
»Du hast es gewusst«, sagte sie leise und angewidert.
»Noch nicht lange, aber ja, Alex hat es mir vor ein paar Wochen gesagt.«
»Und du findest es okay«, stellte Ally im selben Ton fest.
»Ally, ich liebe meine beiden Töchter. Nichts kann daran etwas ändern. Schon gar nicht die Tatsache, wen ihr liebt, oder dass ihr liebt.«
Ally stampfte mit dem Fuß auf wie ein bockiges Kind. Tränen sprangen in ihre Augen, Tränen des Trotzes. »Aber sie . . .« Dabei deutete die jüngste Herrera aus dem Fenster auf das Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. ». . . sie hat so getan als wäre sie deine Freundin, und dann hat sie Alex . . . verführt. Sie ist . . .«
»Sie hat mich nicht verführt, Ally. Wenn überhaupt habe ich sie verführt«, entgegnete Alex. Sie war ruhiger, jetzt, da sie die Mutter an ihrer Seite wusste.
»Zu viele Informationen, Schatz«, bemerkte Lauren.
Alex errötete leicht.
»Ally . . . es war für mich . . . eine Überraschung. Ich ahnte nicht, dass Alex lesbisch sein könnte, und noch weniger, dass sie sich in Dana verliebt. Doch so ist es passiert. Ich kann davor meinen Kopf nicht in den Sand stecken und mir wünschen, es wäre nicht passiert. Dana ist meine Freundin. Sie hat es verdient, glücklich zu sein. Ebenso wie deine Schwester. Wenn sie zusammen glücklich sind, wie kann ich das falsch nennen?«
»Dad hätte es niemals zugelassen!«, warf ihre Tochter ihr entgegen.
»Dein Vater . . .« Es fiel Lauren offensichtlich schwer, dies zu sagen. ». . . dein Vater und ich waren nicht immer einer Meinung, mein Schatz. Er hatte Ansichten, gerade die, die von der Kirche anerzogen werden, die ich nicht geteilt habe. Ich hatte homosexuelle Freunde auf dem College. Auch heute arbeite ich mit einigen Verlagsvertretern zusammen, die schwul oder lesbisch sind. Die Sexualität eines Menschen ist eine sehr private Sache. Ich kann niemanden deswegen verurteilen. Schon gar nicht mein eigenes Kind.«
»Schon gar nicht Alex, meinst du!«, schrie Ally ihr verletzt entgegen. Die Tränen liefen ihr jetzt ungehemmt übers Gesicht.
»Ally.« Lauren wollte ihre jüngere Tochter trösten und trat einen Schritt auf sie zu.
Ally wich zurück. »Sie ist abartig. Und du lässt es zu! Dad . . .« Sie konnte den Satz nicht zu Ende führen. Der Verrat an ihrem geliebten Vater erstickte sie. Ally wandte sich um, riss die Tür auf und rannte hinaus.
Alex wollte ihr nachlaufen.
Lauren hielt sie auf. »Nicht. Ich werde mit ihr reden. Später. Sie braucht etwas Zeit.« Lauren ging zur Tür und sah Ally nach. Die jüngste Herrera ließ ihren Wagen stehen und lief stattdessen die Straße hinunter.
»Sie wird es nie verstehen«, sagte Alex hinter ihrer Mutter. Sie klang traurig und verletzt.
»Ich bin mir nicht einmal sicher, dass es nur darum geht, Alex. Ally hat sich immer ihre eigenen Gedanken um Dinge gemacht. Es sieht ihr nicht ähnlich, dass sie einfach auf die Bibel zeigt und sagt: Du bist im Unrecht.« Lauren schüttelte den Kopf.
Die Beziehungen im Hause Herrera unterlagen
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