Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
du wirst mir dabei helfen.
    Anne

|391| Herbst 1531
    Als ich in jenem Herbst zum Hof zurückkehrte, begriff ich, daß die Königin endgültig gestürzt war. Anne hatte Henry davon überzeugt, daß es nun nicht mehr der Mühe wert war, den Anschein einer guten Ehe zu wahren. Sie konnten jetzt der Welt dreist ins Antlitz blicken und allen die Stirn bieten, die es wagten, sich gegen sie zu stellen.
    Henry war großzügig. Katherine von Aragon lebte in The More in großem Staat. Sie empfing Botschafter, als sei sie noch immer eine vielgeliebte Ehefrau und geehrte Königin. Sie hatte einen Haushalt von mehr als zweihundert Personen, fünfzig von ihnen junge Hofdamen. Es war nicht die erste Wahl an jungen Mädchen: Die strömten alle an den Hof des Königs und wurden Annes Haushalt zugesellt. Anne und ich verbrachten einen ganzen Tag damit, Mädchen, die wir nicht leiden konnten, fröhlich dem Hof der Königin zuzuteilen. So wurden wir ein halbes Dutzend Seymour-Mädchen los. Wir lachten beim Gedanken an das Gesicht von Sir John Seymour, wenn er es erfuhr.
    »Ich wünschte, wir könnten auch Georges Ehefrau wegschicken«, sagte ich. »Er wäre so viel glücklicher, wenn er bei seiner Heimkehr feststellte, daß sie fort ist.«
    »Ich habe sie lieber hier, wo ich sie im Auge behalten kann, als daß ich sie irgendwohin schicke, wo sie mir Ungelegenheiten bereiten könnte. Im Umfeld der Königin möchte ich nur unbedeutende Niemande sehen.«
    »Du kannst sie doch unmöglich immer noch fürchten.«
    »Ich bin nicht in Sicherheit, ehe sie nicht tot ist«, erwiderte Anne. »Genauso wie sie nicht in Sicherheit ist, ehe ich nicht tot bin. Es geht inzwischen nicht mehr nur um einen Mann oder einen Thron, es ist, als wäre ich ihr Schatten und sie der |392| meine. Wir sind bis in den Tod miteinander verstrickt. Eine von uns muß den vollständigen Sieg davontragen, und keine kann sicher sein, daß sie gewonnen hat, ehe die andere nicht tot und begraben ist.«
    »Wie könnte sie noch gewinnen?« wollte ich wissen. »Er besucht sie nicht einmal.«
    »Du weißt nicht, wie sehr mich die Menschen hassen«, flüsterte Anne. »Wenn wir jetzt auf Staatsreise sind, ziehen wir von einem Herrenhaus zum anderen und machen niemals in den Dörfern halt. Die Leute haben Gerüchte aus London gehört. Sie sehen in mir nicht mehr das hübsche Mädchen, das neben dem König reitet, sie sehen mich als die Frau, die das Glück der Königin zerstört hat. Wenn wir länger in einem Dorf bleiben, schreien die Leute Hetzparolen gegen mich.«
    »Nein!«
    Sie nickte. »Als die Königin in der Londoner Innenstadt ein Bankett gab, versammelte sich eine Menschenmenge vor dem Ely Palace, und sie haben alle Segenswünsche gerufen und ihr versprochen, daß sie niemals vor mir das Knie beugen werden.«
    »Eine Handvoll Speichellecker.«
    »Was ist, wenn es mehr sind?« fragte Anne trübe. »Was ist, wenn mich das ganze Land haßt? Was meinst du, wie sich der König fühlt, wenn er vernimmt, wie sie mich verfluchen? Glaubst du, ein Mann wie Henry kann es ertragen, bei jedem Ausritt Verwünschungen anzuhören? Ein Mann wie Henry, der von Kindesbeinen an nichts als Lob gewöhnt ist?«
    »Sie werden sich damit abfinden«, sagte ich. »Die Priester werden in den Kirchen predigen, daß du seine Frau bist, und wenn du ihnen einen Prinzen schenkst, dann sind sie sofort auf deiner Seite, und du bist die Retterin des Landes.«
    »Ja«, sagte sie. »Daran hängt alles, nicht wahr? An einem Sohn.«
     
    Anne fürchtete den Mob zu Recht. Kurz vor Weihnachten fuhren wir von Greenwich flußaufwärts, um bei den Trevelyans zu Abend zu speisen. Niemand wußte davon. Der König dinierte in seinen Privatgemächern mit Gesandten aus Frankreich, |393| und Anne hatte es sich in den Kopf gesetzt, in die Stadt zu fahren. Ich begleitete sie zusammen mit einigen Herren des Königs und ein paar anderen Hofdamen. Es war kalt auf dem Fluß, und wir waren warm in Pelze gehüllt. Niemand am Ufer konnte unsere Gesichter erkannt haben, als das Boot an der Treppe der Trevelyans anlegte und wir ausstiegen.
    Doch es sah uns jemand. Jemand erkannte Anne. Ehe wir noch mit dem Essen begonnen hatten, kam schon ein Diener in den Saal gerannt und flüsterte Lord Trevelyan zu, eine erregte Menschenmenge bewege sich auf das Haus zu. Sein rascher Seitenblick auf Anne bedeutete uns allen, wessentwegen sie kamen. Sie erhob sich sofort vom Tisch, ihr Gesicht so bleich wie ihre Perlen.
    »Ihr solltet besser

Weitere Kostenlose Bücher