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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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mich.
    »Ich glaube nicht, daß ich in den Diensten Eures Onkels bleibe.« William lenkte sein Pferd neben meines.
    »Was?«
    »Wahrscheinlich gehe ich auf mein kleines Landgut und versuche mich als Bauer. Alles wartet dort nur auf mich. Ich bin des Hofes überdrüssig. Ich bin für dieses Leben nicht geschaffen, bin viel zu unabhängig, als daß ich dienen könnte, selbst wenn die Familie so großartig wie die Eure ist.«
    Ich richtete mich ein wenig auf. Der Stolz der Howards half mir weiter. Ich straffte die Schultern und hob das Kinn. »Wie Ihr wünscht«, sagte ich, so kühl ich konnte.
    Er nickte und ließ sein Pferd ein wenig zurückfallen. Wir ritten auf die Stadtmauern zu wie eine Hofdame und ihr Begleiter. Die verzauberten Liebenden hatten wir in den Sanddünen weit hinter uns zurückgelassen. Nun waren wir wieder das Boleyn-Mädchen und der Bedienstete der Howards, die zum Hof zurückkehrten.
    Die Abenddämmerung war noch nicht hereingebrochen. Das Stadttor war noch offen. Seite an Seite ritten wir zur Festung hinauf. Die Tore standen offen, die Zugbrücke war herabgelassen, und wir ritten gleich in den Stallhof. Der König und Anne waren eben zurückgekehrt, und man bewegte ihre Pferde, bis sie sich abgekühlt hatten, ehe man sie fütterte und tränkte. Ein Gespräch unter vier Augen war unmöglich.
    |452| William hob mich aus dem Sattel. Als seine Hände meine Taille berührten, als ich seinen Körper neben dem meinen spürte, überkam mich plötzlich eine so heftige Sehnsucht nach ihm, durchfuhr mich wie ein scharfer Schmerz, daß ich leise aufschrie.
    »Geht es Euch gut?« fragte er, als er mich auf dem Boden absetzte.
    »Nein!« antwortete ich. »Es geht mir nicht gut. Und Ihr wißt das.«
    Er packte meine Hand und zog mich zu sich heran. »So, wie Ihr Euch jetzt fühlt, so fühle ich mich schon monatelang«, sagte er. »So fühle ich mich Tag und Nacht, seit ich Euch zum ersten Mal sah, so werde ich mich wohl den Rest meines Lebens fühlen. Denkt einmal darüber nach, Mary. Und schickt nach mir, wenn auch Ihr begreift, daß Ihr ohne mich nicht …«
    Ich riß mich los. Wenn er meinen Namen noch so leise geflüstert hätte, ich hätte ihn gehört und wäre umgekehrt. Ich ging weg von ihm, obwohl meine Füße bei jedem Schritt zögerten. Ich trat durch das Burgtor, obwohl jede Faser meines Körpers danach schrie, bei ihm zu bleiben.
     
    Ich wollte in mein Gemach gehen und weinen, aber als ich durch den Großen Saal kam, erhob sich George von einem Stuhl und sagte: »Ich habe auf dich gewartet. Wo warst du denn?«
    »Reiten«, erwiderte ich knapp.
    »Mit William Stafford.« Es klang wie eine Anklage.
    Ich verbarg meine rotgeweinten Augen und meinen bebenden Mund nicht. »Ja, und?«
    »O Gott!« meinte er brüderlich. »Lieber Gott, nein, du törichtes kleines Hürchen. Geh und wasch dir diesen Ausdruck vom Gesicht, sonst kann sich jeder denken, was du getrieben hast.«
    »Ich habe nichts getrieben!« protestierte ich. »Nichts! Und was hat es mir genutzt!«
    Er zögerte. »Nun, es war wohl besser so. Beeil dich.«
    Ich ging in mein Zimmer, benetzte meine Augen mit Wasser |453| und rieb mein Gesicht mit einem Tuch trocken. Als ich in Annes Empfangsräume kam, saß dort ein halbes Dutzend Hofdamen beim Kartenspiel. George wartete mit ernster Miene in der Fensternische.
    Er ließ vorsichtig den Blick durch das Zimmer schweifen, hakte mich dann unter und führte mich zur Bildergalerie.
    »Man hat euch gesehen«, sagte er. »Du kannst doch nicht ernsthaft geglaubt haben, daß du nicht erwischt würdest.«
    »Wobei?«
    Er blieb unvermittelt stehen und schaute mich so ernst an wie noch nie. »Werd nicht frech. Man hat euch gesehen, wie ihr aus den Dünen gekommen seid, dein Kopf lag auf seiner Schulter, sein Arm war um deine Taille geschlungen, und dein Haar flatterte lose im Wind. Weißt du denn nicht, daß Onkel Howard seine Spione überall hat?«
    »Und was geschieht jetzt?« fragte ich ängstlich.
    »Nichts, wenn die Sache hier zu Ende ist. Deswegen ermahnt dich nicht Onkel oder Vater, sondern ich sage es dir. Sie wollen nichts damit zu tun haben. Und du weißt nicht, daß sie es wissen. Es ist eine Angelegenheit zwischen dir und mir.«
    »Ich liebe ihn, George«, sagte ich sehr leise.
    Er senkte den Kopf und schritt weiter die Galerie entlang, zerrte mich an der Hand hinter sich her. »Das ist für Leute wie uns nebensächlich. Das weißt du sehr wohl.«
    »Ich kann nicht schlafen, ich kann nicht essen,

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