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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Euren Dienst hingegeben«, keifte Anne.
    »Hingegeben habt Ihr Euch, das ja, Ihr und Eure Schwester«, fuhr Henrys Hofnarr pfeilschnell dazwischen und wurde mit brüllendem Gelächter belohnt. Ich errötete bis an die Haarwurzeln und erhaschte Williams Blick. Seine Hand fuhr zum Schwertgriff. Doch es war sinnlos, gegen einen Narren anzugehen, zumal der König selbst lachte.
    Jovial tätschelte der König Annes Bauch. »Ja, und für einen guten Zweck«, meinte er. Verärgert stieß sie seine Hand fort. Er erstarrte, und im Nu war seine gute Laune verflogen.
    |600| »Ich bin kein Pferd«, sagte sie scharf. »Und ich werde auch nicht gern wie eins behandelt.«
    »Nein«, erwiderte er kühl. »Ein derart übellauniges Pferd hätte ich es längst an meine Hunde verfüttert.«
    »Eine solche Stute solltet Ihr wohl besser reiten und zähmen«, provozierte sie ihn.
    Wir warteten auf seine übliche heißblütige Erwiderung. Annes Lächeln wurde immer verkrampfter.
    »Manche Stuten sind es kaum wert, daß man sie zureitet«, sagte Henry leise.
    Nur einige wenige Leute ganz in der Nähe des obersten Tisches konnten das gehört haben. Anne erbleichte, lachte aber ihr hohes, gurrendes Lachen, als hätte der König etwas unwiderstehlich Komisches gesagt. Die meisten Anwesenden hielten den Kopf gesenkt und gaben vor, sich angeregt mit ihren Tischnachbarn zu unterhalten. Annes Augen huschten an mir vorüber zu George, und er schaute zurück, hielt einen Moment ihrem Blick stand, was sie spürbar beruhigte, als hätte er ihr die Hand aufgelegt.
    »Mehr Wein, lieber Mann?« fragte Anne ohne das geringste Zittern in der Stimme. Ein Bedienter trat vor und goß dem König und der Königin ein. Das Abendessen begann.
    Während des ganzen Mahles schmollte Henry. Nicht einmal Tanz und Musik vermochten ihn aufzuheitern, obwohl er mehr aß und trank als gewöhnlich. Er humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht umher, richtete hier ein Wort an jemanden, hörte dort einem Herrn zu, der ihn um einen Gefallen bat. Er kam an unseren Tisch, wo die Hofdamen der Königin zusammensaßen, und blieb zwischen mir und Jane Seymour stehen. Wir erhoben uns beide, Kopf an Kopf. Er schaute auf Janes gesenktes Haupt, als sie vor ihm in einen Hofknicks sank.
    »Ich bin müde, Mistress Seymour«, sagte er. »Ich wünschte, wir wären in Wulfhall und Ihr könntet mir einen Würztrank mit Kräutern aus Eurem Garten bereiten.«
    Sie erhob sich und warf ihm ein überaus liebliches Lächeln zu. »Das wünsche ich mir auch so sehr«, antwortete sie. »Ich |601| würde alles tun, um Eure Majestät ausgeruht und von Euren Schmerzen befreit zu sehen.«
    Der Henry, den ich bisher kannte, hätte darauf nur um des schlüpfrigen Scherzes willen erwidert: Wirklich alles? Doch der neue Henry zog sich einen Schemel heran und gebot uns, sich rechts und links von ihm zu setzen. »Blaue Flecken und Prellungen kann man heilen, das Alter jedoch nicht«, meinte er. »Ich bin jetzt fünfundvierzig, noch nie zuvor habe ich mein Alter so gespürt.«
    »Es ist nur der Sturz«, tröstete sie ihn. »Ihr seid verletzt und müde, und Eure vielen Mühen um die Sicherheit des Königreichs haben Euch erschöpft. Ich weiß ja, daß Ihr Tag und Nacht an nichts anderes denkt.«
    »Ein feines Erbe. Wenn ich nur einen Sohn hätte, dem ich es hinterlassen könnte«, murmelte er traurig. Beide schauten zur Königin. Anne, die vor Ärger kochte, hielt ihrem Blick stand.
    »Ich bete zu Gott, daß die Königin diesmal einen Sohn auf die Welt bringt«, sagte Jane zuckersüß.
    »Betet Ihr wirklich zu Gott für mich, Jane?« erkundigte er sich noch leiser.
    Sie lächelte. »Es ist meine Pflicht, für meinen König zu beten.«
    »Werdet Ihr heute abend für mich beten?« wiederholte er noch leiser. »Wenn ich schlaflos liege und mir jeder Knochen im Leibe weh tut, wenn ich Angst habe, dann möchte ich gern denken, daß Ihr für mich betet.«
    »Das mache ich«, erwiderte sie schlicht. »Es wird sein, als wäre ich bei Euch im Raum, als legte ich meine Hand auf Eure Stirn und hülfe Euch, Ruhe zu finden.«
    Ich biß mir auf die Lippe. Ich bemerkte, wie meine Tochter Catherine vom Nebentisch mit runden, staunenden Augen zusah und zu verstehen versuchte, was da vorging. Der König erhob sich mit einem kleinen Schmerzenslaut.
    »Einen Arm«, rief er über die Schulter. Sogleich eilte ein halbes Dutzend Männer herbei, die alle die Ehre haben wollten, Seiner Majestät auf den Thron zu helfen. Er schob meinen Bruder

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