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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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auf. So wurden wir Zeugen, wie Jane Seymour noch rasch vom Schoß des Königs aufsprang, der ebenfalls versuchte, sich zu erheben, seine Jacke glattzustreichen und so unbekümmert wie möglich dreinzuschauen. Doch er war noch sehr unbeholfen und geriet ins Taumeln. Anne fuhr dazwischen wie ein Wirbelwind.
    »Hinaus, du Schlampe!« rief sie Jane Seymour zu. Jane machte einen Hofknicks und eilte aus dem Zimmer. George versuchte Anne rasch in ihr Privatgemach zu schieben, doch sie stürmte auf den König zu.
    »Was hatte das denn zu bedeuten, diese Schlampe auf Eurem Schoß? Sie ist wohl eine Art Breiumschlag?«
    »Wir haben uns unterhalten …«, sagte er verlegen.
    »Flüstert sie so leise, daß ihre Zunge schon beinahe in Eurem Ohr sein muß?«
    »Ich … Es war …«
    »Ich weiß, was es war!« schrie Anne. »Der ganze Hof weiß, was es war! Wir alle hatten das Privileg, mit anzusehen, was es war. Ein Mann, der behauptet, zu müde für einen Spaziergang zu sein, und sich dann ein schlaues kleines Hohlköpfchen auf den Schoß setzt.«
    »Anne …«, fuhr er dazwischen. Außer Anne erkannten alle den warnenden Ton.
    |605| »Ich dulde das nicht. Sie hat sofort den Hof zu verlassen!« keifte sie.
    »Die Seymours sind stets treue Gefolgsleute der Krone und unsere guten Diener gewesen«, sagte der König großspurig. »Sie bleiben.«
    »Sie ist nicht besser als eine Hure in einem Badehaus!« wütete Anne. »Mir ist sie keine Freundin. Ich möchte sie nicht länger unter meinen Hofdamen haben.«
    »Sie ist eine sanfte und reine junge Frau und …«
    »Rein? Und was hat sie dann auf Eurem Schoß gemacht? Gebetet?«
    »Das langt!« erwiderte er ärgerlich. »Sie bleibt Eure Hofdame. Ihre Familie bleibt bei Hof. Ihr überschätzt Euch, Madam.«
    »Keineswegs!« schimpfte Anne. »Ich bestimme, wer mir dient. Ich bin die Königin, und dies sind meine Gemächer. Ich dulde hier keine Frau, die ich nicht mag.«
    »Ihr werdet die Gesellschafterinnen haben, die ich für Euch auswähle«, beharrte er. »Ich bin der König.«
    »Ihr werdet mir keine Befehle erteilen«, keuchte sie, die Hand aufs Herz gelegt.
    »Anne«, sagte ich. »Beruhige dich doch.« Sie hörte mich nicht einmal.
    »Ich erteile hier alle Befehle«, antwortete er. »Ihr werdet tun, was ich sage, denn ich bin Euer Ehemann und Euer König.«
    »Ich will verdammt sein, wenn ich das tue!« kreischte sie, machte auf dem Absatz kehrt und floh in ihr Privatgemach. Von der Schwelle her schrie sie ihm zu: »Mich beherrscht Ihr nicht, Henry!«
    Diesmal jedoch konnte er ihr nicht hinterherrennen. Das war Annes entscheidender, fataler Fehler. Hätte er sie einholen können, sie hätten miteinander aufs Bett fallen können wie schon so oft. Doch sein Bein schmerzte, und sie war jung und hatte ihn verhöhnt. Er war nicht erregt, sondern nur verärgert und bitter, nahm ihr ihre Jugend und Schönheit übel, ergötzte sich nicht mehr daran wie früher.
    |606| »Die Hure seid Ihr, nicht sie!« brüllte er ihr hinterher. »Glaubt nicht, daß ich vergessen habe, was Ihr alles angestellt habt, um auf den Schoß eines Königs zu gelangen. Jane Seymour wird nie auch nur die Hälfte der Schliche kennen, die Ihr angewendet habt, Madam! Französische Schliche! Die Schliche der Huren! Sie bezaubern mich nicht mehr, vergessen habe ich sie aber nicht.«
    Der Hof verhielt schockiert den Atem. George und ich blickten einander völlig entsetzt an. Krachend schloß Anne die Tür, und der König wandte sich seinem Hofstaat zu.
    Schwerfällig erhob er sich und befahl: »Arm!« Sir John Seymour schob George unsanft zur Seite, der König lehnte sich auf ihn und ging schweren Schrittes in seine Gemächer, gefolgt von seinen Herren.
    Sofort erschien Georges Frau Jane Parker neben mir. »Was für Schliche hat sie denn benutzt?«
    Plötzlich erinnerte ich mich lebhaft daran, wie wir ihr beigebracht hatten, ihr Haar, ihren Mund, ihre Hände zu benutzen. George und ich hatten ihr alles beigebracht, was wir wußten – George aus seiner Zeit in den Badehäusern und ich mit all dem Wissen, das ich mir nach der Heirat im Bett meines Ehemanns und bei der Verführung eines anderen Mannes erworben hatte. Wir hatten Anne die Dinge anerzogen, die Henry mochte, hatten ihr beigebracht, die Dinge zu tun, die alle Männer mochten und die von der Kirche ausdrücklich verboten waren. Wir hatten ihr die Wörter beigebracht, die er mochte, die Bilder verraten, die er gern in Gedanken entstehen ließ. Wir hatten ihr das

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