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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Euer Onkel im Hintergrund, nehme ich einmal an. Ein Howard, der praktisch das Land regiert. Und dann eine Frau, die das Erbe einer Frau antritt, wieder von einem Howard regiert.« Er schüttelte den Kopf, und seine Miene verdüsterte sich. »Sie
muß
mir einen Sohn schenken.« Eine Ader pochte an seiner Schläfe, und er führte die Hand an den Kopf, als wolle er den Schmerz mit den Fingerspitzen wegdrücken. »Ich lege mich wieder hin«, sagte er. »Nehmt mir diese verdammten Kissen weg. Ich kann vor Kopfschmerzen kaum aus den Augen schauen. Ein Howard-Mädchen als Regentin, und ein Howard-Mädchen folgt ihr nach. Das verspricht nichts als Unheil. Diesmal muß sie mir einen Sohn schenken.«
    Die Tür ging auf, und Anne trat ein. Sie war immer noch sehr blaß. Langsam kam sie zu Henrys Bett und nahm seine Hand. Seine Augen, die vor Schmerzen zusammengekniffen waren, musterten ihr blasses Gesicht.
    »Ich habe geglaubt, Ihr würdet sterben«, sagte sie tonlos.
    »Und was hättet Ihr dann gemacht?«
    »Ich hätte mein Bestes als Königin von England gegeben«, erwiderte sie. Sie hatte ihre Hand auf dem Bauch liegen, während sie sprach.
    Er legte seine eigene größere Hand darüber. »Ihr solltet besser einen Jungen da drin tragen, Madam«, meinte er kühl. |598| »Und ich glaube, Euer Bestes als Königin von England würde nicht reichen. Ich brauche einen Sohn, um dieses Land zusammenzuhalten, und wenn ich sterbe, möchte ich nur ungern Prinzessin Elizabeth und Euren intriganten Onkel als meine Erben hinterlassen.«
    »Schwört mir, daß Ihr nie wieder ein Turnier reitet«, sagte sie leidenschaftlich.
    Er wandte den Kopf von ihr ab. »Laßt mich ruhen«, erwiderte er. »Ihr mit Euren Schwüren und Euren Versprechungen. Gott steh mir bei, als ich die Königin verstieß, da habe ich geglaubt, daß ich etwas Besseres als dies hier bekommen würde.«
    Es war die finsterste Stimmung, die ich zwischen den beiden je erlebt hatte. Anne widersprach nicht einmal. Ihr Gesicht war so weiß wie seines. Die beiden sahen aus wie Gespenster, halbtot vor Furcht. Was eine liebevolle Szene hätte sein können, hatte sie nur wieder daran erinnert, auf welch tönernen Füßen ihre Herrschaft im Land stand. Anne machte einen Knicks und verließ das Zimmer. Sie ging so schleppend, als trüge sie eine schwere Last. Bei der Tür hielt sie ein wenig inne.
    In wenigen Augenblicken hatte sie sich vollkommen verwandelt. Sie warf den Kopf in den Nacken, verzog die Lippen zu einem Lächeln. Ihre Schultern strafften sich, und sie reckte sich ein klein wenig in die Höhe wie eine Tänzerin, wenn die Musik einsetzt. Dann nickte sie dem Wachtposten zu. Er stieß die Tür auf, und sie trat ein in den geschäftigen Lärm des Hofstaats.
     
    Henry war nach seiner Genesung von diesem Sturz ruhig und nachdenklich geworden. Die Schmerzen hatten ihm einen kleinen Vorgeschmack auf das Alter gegeben. Aus der Beinwunde traten immer noch Blut und Eiter aus. Die Wade war ständig dick bandagiert, und er mußte das Bein auf einen Fußschemel legen, wenn er saß. Das beschämte ihn, der doch immer so stolz auf seine starken Beine und seinen festen Stand gewesen war. Nun hinkte er, und der dicke Verband ließ seinen |599| Unterschenkel unförmig erscheinen. Schlimmer noch, er roch wie ein verdreckter Hühnerstall. Henry, einstmals der goldene Prinz Englands, der attraktivste Mann Europas, ahnte jetzt, wie er im Alter sein würde: lahm, von Schmerzen geplagt und stinkend.
    Anne hatte keinerlei Verständnis dafür. »Herrgott, Mann, seid doch froh!« herrschte sie ihn an. »Ihr seid noch einmal davongekommen, was wollt Ihr mehr?«
    »Wir sind beide noch einmal davongekommen«, sagte er. »Denn was wäre aus Euch geworden, wenn ich nicht mehr hier wäre?«
    »Ich würde schon zurechtkommen.«
    »Ich glaube, Ihr würdet alle zurechtkommen. Sollte ich sterben, so säßet Ihr und die Euren auf meinem Platz, ehe er kalt geworden wäre.«
    Sie hätte ihre Zunge im Zaum halten sollen, aber sie hatte es sich nun einmal angewöhnt, gegen ihn aufzubrausen. »Wollt Ihr mich beleidigen?« fragte sie wütend. »Beschuldigt Ihr meine Familie, Euch nicht vollkommen treu zu sein?«
    Der Hofstaat wartete im Großen Saal auf das Abendessen und unterhielt sich ein wenig leiser, um sie besser hören zu können.
    »Zuerst sind die Howards sich selbst treu, dann dem König«, erwiderte Henry.
    Ich sah, wie Sir John Seymour den Kopf hob und leise lächelte.
    »Meine Familie hat ihr Leben an

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