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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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auftrat. Jane war neben ihm, und eine geschlossene Front von Seymours umringte die beiden. Ich blickte mich nach meinem Vater, meiner Mutter oder meinem Onkel um. Sie waren weit nach hinten abgedrängt.
    »Majestät«, begrüßte ich ihn und sank in einen Knicks. »Meine Schwester, die Königin, ist angekommen und bittet mich, Eurer Majestät ihre Grüße zu übermitteln.«
    Henry schaute mich an. Seine Miene war finster, seine Stirn von Schmerzen gezeichnet, sein Mund schmollte. »Sagt ihr, daß mich der Ritt ermüdet hat. Ich sehe sie beim Abendessen«, antwortete er knapp.
    Er ging mit schweren Schritten an mir vorüber, humpelte, um sein verletztes Bein zu schonen. Sir John Seymour half seiner Tochter vom Pferd. Ich bemerkte ihr neues Reitkleid, das neue Pferd, den Diamanten, der an ihrem Handschuh blitzte. Ich verspürte das unbändige Verlangen, sie mit Gift und Galle zu überschütten, und mußte mir auf die Zunge beißen, um ihr ein zuckersüßes Lächeln zuzuwerfen. Ich trat einen Schritt zurück, während ihr Vater und ihr Bruder sie durch das große Portal in ihre Gemächer geleiteten – in die Gemächer der Favoritin des Königs.
    Mein Vater und meine Mutter folgten den Seymours. Ich wartete darauf, daß sie sich bei mir nach Anne erkundigten. Aber sie nickten kaum im Vorübergehen. »Anne geht es gut«, teilte ich meiner Mutter mit.
    »Wie schön«, erwiderte sie kühl.
    »Kommt Ihr und seht nach ihr?«
    Ihr Gesicht war leer und ausdruckslos, als seien wir nicht ihre Kinder. »Ich besuche sie, wenn sich der König in ihre Gemächer begibt«, erwiderte sie.
    Da wußte ich, daß Anne, George und ich von nun an auf uns allein gestellt waren.
     
    Die Damen kehrten in Annes Gemächer zurück wie ein Schwarm Bussarde, die sich nicht sicher waren, wo die beste |629| Beute zu holen war. Ich bemerkte mit bitterer Belustigung, welche Krise in Sachen Kopfputz Annes selbstbewußte Rückkehr heraufbeschworen hatte. Manche Damen gingen wieder zu den französischen Hauben über, die Anne weiterhin trug. Andere blieben bei den schweren, ausladenden spanischen, die Jane bevorzugte. Alle waren verzweifelt darum bemüht, herauszufinden, ob sie sich besser in den wunderschönen Gemächern der Königin oder auf der anderen Seite des Korridors bei den Seymours aufhalten sollten. Wo würde der König als nächstes hingehen? Welche Gemächer mochte er vorziehen? Madge Sheldon trug eine spanische Haube und versuchte sich in Jane Seymours Kreise einzuschmeicheln. Madge zumindest war überzeugt, daß Annes Stern sank.
    Ich betrat das Zimmer, und mehrere der Damen verstummten sofort. »Was für Neuigkeiten habt Ihr?« fragte ich.
    Niemand wollte mir berichten. Dann kam Jane Parker, stets die verläßlichste Überbringerin von skandalösen Nachrichten, zu mir. »Der König hat Jane Seymour ein Geschenk geschickt, eine riesige Börse mit Goldstücken, und sie hat sie abgelehnt.«
    Ich wartete.
    Jane Parkers Augen strahlten vor Begeisterung. »Sie sagte, sie könne derlei Geschenke nicht vom König annehmen, solange sie keine verheiratete Frau sei. Es würde sie kompromittieren.«
    Ich schwieg einen Augenblick und versuchte, diese Botschaft zu enträtseln. »Kompromittieren?«
    Jane nickte.
    »Entschuldigt mich«, sagte ich und bahnte mir einen Weg durch die Hofdamen in Annes Privatgemach. George war bei ihr, außerdem Francis Weston. »Ich möchte mit dir allein sprechen«, sagte ich nüchtern.
    »Sir Francis kann es ruhig mit anhören«, erwiderte Anne.
    Ich holte tief Luft. »Habt ihr mitbekommen, daß Jane Seymour ein Geschenk des Königs abgelehnt hat?«
    Sie schüttelten die Köpfe.
    »Sie soll gesagt haben, sie könne von ihm keine solchen Geschenke annehmen, solange sie keine verheiratete Frau sei, weil es sie kompromittieren würde.«
    |630| »Oho«, meinte Sir Francis.
    »Damit will sie wohl nur ihre Tugend noch mehr herausstreichen. Der ganze Hof spricht darüber«, fügte ich hinzu.
    »Es erinnert den König daran, daß sie einen anderen heiraten könnte«, überlegte George. »Das wird er gar nicht gern hören.«
    »Damit trägt sie ihre Tugend zur Schau«, ergänzte Anne.
    »Die Komödie fliegt auf«, sagte Sir Francis. »Es ist nämlich nur Theater. Das Pferd hat sie nicht abgelehnt, oder? Genausowenig den Diamantring. Oder das Medaillon mit Henrys Bild. Doch nun denkt der Hof und bald die ganze Welt, daß der König sich für eine junge Frau interessiert, der an Reichtum nichts gelegen ist.
Touché!
Und alles mit

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