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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Mädchen.
    »Was immer wir getan haben, wir haben es aus Liebe getan«, fuhr er sanft fort.
    Sie drehte sich zu ihm um und musterte sein Gesicht. Noch nie hatte ich erlebt, daß sie jemanden so angesehen hatte. Sie schaute ihn an, als sei ihr wirklich an ihm gelegen. Er war nicht |626| nur eine Stufe auf der Leiter ihres Ehrgeizes. Er war ihr Liebstes. »Selbst wenn das Ergebnis ungeheuerlich war?« fragte sie.
    Er zuckte die Achseln. »Ich behaupte nicht, daß ich etwas von Theologie verstehe. Aber meine Stute hat kürzlich ein Fohlen auf die Welt gebracht, dessen Hinterbeine zusammengewachsen sind. Und ich habe keine Hexenprobe bei ihr machen lassen. Diese Dinge geschehen in der Natur, sie haben nicht immer etwas zu bedeuten. Du hast Pech gehabt, mehr nicht.«
    »Ich lasse mich davon nicht ängstigen«, bestätige sie beherzt. »Ich habe schon gesehen, wie Schweineblut als das Blut von Heiligen ausgegeben wurde, wie man Geheiligtes Wasser aus einem Bach geschöpft hat. Die Hälfte aller Lehren dieser Kirche ist nur dazu bestimmt, uns an der Nase herumzuführen, und die andere Hälfte soll dir Angst und Schrecken einjagen und dich auf deinen Platz in der Welt verweisen. Ich lasse mir keine Angst einjagen. Von nichts und niemandem. Ich habe mich entschlossen, meinen Weg zu gehen, und das tue ich auch.«
    Hätte George ihr aufmerksam zugehört, so hätte er den nervösen Unterton in ihrer Stimme wahrgenommen. Aber er betrachtete nur ihr leuchtendes, entschlossenes Gesicht. »Immer aufwärts und weiter, Anna Regina!« sagte er.
    Sie strahlte ihn an. »Aufwärts und weiter. Und das nächste Kind wird ein Junge.«
    Sie legte ihm die Hände auf die Schultern und schaute zu ihm auf, als wäre er ein Liebhaber, dem sie vertraute. »Was soll ich also machen?«
    »Du mußt ihn zurückgewinnen«, erwiderte er ernst. »Beschimpfe ihn nicht, laß ihn deine Angst nicht spüren. Locke ihn zurück mit allen Schlichen, die du kennst. Bezaubere ihn wieder.«
    Sie zögerte, dann lächelte sie und erklärte: »George, ich bin jetzt zehn Jahre älter als damals, ich bin beinahe dreißig. Ich habe ihm nur ein lebendes Kind geboren, und er weiß, daß ich ein Ungeheuer zur Welt gebracht habe. Er wird sich von mir abgestoßen fühlen.«
    |627| George faßte sie fester um die Taille. »Du darfst nicht abstoßend für ihn sein«, erwiderte er schlicht. »Sonst ist es unser aller Untergang. Du mußt ihn wieder an dich binden.«
    »Aber ausgerechnet ich habe ihn doch gelehrt, daß er nur seiner Begierde folgen soll, habe ihm die neuen Lehren in seinen dummen Kopf eingetrichtert. Nun glaubt er, daß seine Begierden Eingebungen Gottes sind. Er muß sich nur etwas wünschen, und schon meint er, das sei der Wille Gottes. Seine Launen sind geheiligt. Wie kann man so einen Mann dazu bringen, zu seiner Frau zurückzukehren?«
    George blickte mich über ihren Kopf hinweg hilfesuchend an. Ich trat ein wenig näher. »Er liebt seine Bequemlichkeit«, meinte ich. »Ein wenig Trost. Verwöhne ihn, sage ihm, daß er wunderbar ist, lobe ihn, sei freundlich zu ihm.«
    Sie schaute mich verständnislos an. »Ich bin seine Geliebte, nicht seine Mutter«, sagte sie ausdruckslos.
    »Er braucht jetzt eine Mutter«, stellte George fest. »Er fühlt sich alt und zerschlagen. Er fürchtet das Greisenalter, er fürchtet den Tod. Die Wunde an seinem Bein stinkt. Er lebt in der ständigen Furcht, er könnte sterben, ohne einen Prinzen für England gezeugt zu haben. Jetzt braucht er eine Frau, die sanft und zärtlich zu ihm ist, bis er sich wieder besser fühlt. Jane Seymour ist süß und lieblich durch und durch. Du mußt noch süßer und lieblicher sein als sie.«
    Sie verstummte. Wir alle wußten, daß es unmöglich war, süßer als Jane Seymour zu sei, nicht einmal Anne, diese Erzverführerin, konnte das. Das Strahlen wich aus Annes Gesicht.
    »O Gott, ich hoffe, es bringt sie um«, fluchte sie schließlich rachsüchtig. »Wenn sie ihre Hand auf meine Krone und ihren Hintern auf meinen Thron bekommt, dann hoffe ich, daß das ihr Tod ist. Ich hoffe, sie stirbt im Kindbett, während sie ihm einen Jungen gebiert. Und ich hoffe, der Junge stirbt auch!«
    George erstarrte. Durch das Fenster sah er die Jagdgesellschaft heimkehren.
    »Lauf nach unten, Mary, und sage dem König, daß ich hier bin«, bat mich Anne und blieb in Georges Umarmung.
    |628| Ich kam unten an, als der König gerade vom Pferd stieg. Ich sah, daß er zusammenzuckte, sobald er mit seinem verletzten Bein

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