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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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und wich zurück. George hatte im Nu seinen Dolch gezückt und hätte um ein Haar zugestochen, stockte aber mitten in der Bewegung.
    »Smeaton!« rief er. »Was, zum Teufel, macht Ihr hier?«
    »Ich muß sofort zur Königin«, antwortete er.
    »Um Gottes willen, ich hätte Euch beinahe erstochen. Ihr solltet Euch ohne Einladung nicht hier aufhalten. Macht, daß Ihr fortkommt, Junge. Geht!«
    »Ich muß Euch etwas fragen … Etwas sagen …«
    »Raus!« befahl George.
    »Werdet Ihr für mich aussagen, Majestät?« rief Smeaton über die Schulter, als George ihn zur Tür schieben wollte. »Sie haben mich herbeizitiert und mir so viele Fragen gestellt.«
    »Einen Augenblick«, sagte ich eilig. »Fragen worüber?«
    Anne sackte auf der Bank beim Fenster zusammen und wandte den Blick ab. »Was hat das schon noch zu bedeuten?« meinte sie. »Sie befragen jetzt doch jeden.«
    |648| »Sie haben mich gefragt, ob ich intime Beziehungen zu Euch hatte, Majestät«, erklärte der junge Mann und errötete wie ein kleines Mädchen. »Oder zu Euch, Sir«, sagte er, zu George gewandt. »Sie haben mich gefragt, ob ich Euer Ganymed gewesen bin. Ich wußte nicht, was das bedeutet, da haben sie es mir erklärt.«
    »Und was habt Ihr geantwortet?« wollte George wissen.
    »Ich habe nein gesagt. Ich wollte ihnen nicht erzählen …«
    »Gut«, erklärte George. »Bleibt dabei, und kommt der Königin, mir oder meiner anderen Schwester nie mehr in die Nähe.«
    »Ich habe Angst«, stammelte der Junge. Er zitterte, und Tränen standen ihm in den Augen. Sie hatten ihn stundenlang über schreckliche Laster verhört, von denen er noch nie etwas vernommen hatte. Sie, das waren kampferprobte alte Soldaten und Kirchenfürsten gewesen, und sie wußten mehr über Sünde, als er je erfahren würde. Schließlich war er zu uns gerannt, hatte von uns Hilfe erwartet und keine bekommen.
    George nahm ihn beim Ellbogen und brachte ihn zur Tür. »Trichtert Euch das in Euren hübschen hohlen Schädel ein«, sagte er tonlos. »Ihr seid unschuldig, das habt Ihr ihnen erklärt, und vielleicht läßt man Euch laufen. Aber wenn sie Euch hier finden, dann denken sie, daß Ihr zu uns gehört, daß wir Euch bestochen haben. Macht also, daß Ihr fortkommt, und geht uns aus dem Weg. Hier ist der letzte Platz auf Erden, wo Ihr Hilfe finden werdet.«
    Er wollte ihn zur Tür hinausschieben, doch der Junge klammerte sich am Türrahmen fest, während schon der Wachsoldat draußen nur auf ein Wort von George wartete, um ihn die Treppe hinunterzustoßen.
    »Und erwähnt bloß niemals Sir Francis«, zischte ihm George noch schnell zu. »Oder irgend etwas, das Ihr gesehen oder gehört habt. Versteht Ihr mich? Kein Wort.«
    Der Junge klammerte sich noch immer fest. »Ich habe nichts gesagt!« beteuerte er. »Ich war standhaft. Aber was ist, wenn sie mich noch einmal fragen? Wer schützt mich dann? Wer steht mir dann bei?«
    George nickte dem Soldaten zu, der einen schnellen Schlag |649| von oben auf den Arm des jungen Mannes herabsausen ließ. Der ließ den Türrahmen mit einem Schmerzensschrei los. George schlug ihm die Tür vor der Nase zu. »Niemand«, sagte er grimmig. »Genauso, wie uns niemand beschützen wird.«
     
    Der nächste Tag war der erste Mai. Eigentlich hätte Anne am frühen Morgen von Hofdamen geweckt werden sollen, die unter ihrem Fenster sangen, und die Mädchen hätten einen Umzug mit Weidenzweigen machen sollen. Aber niemand hatte das vorbereitet, und so wurde zum allerersten Mal dieser Brauch vergessen. Anne wachte bleich und verhärmt zur üblichen Zeit auf und verbrachte die erste Stunde des Tages auf ihrem Betschemel kniend, ehe sie ihre Hofdamen zur Messe führte.
    Jane folgte ihr in Weiß und Grün. Die Seymours hatten den Mai mit Blumen und Gesang begrüßt. Jane hatte mit Blüten unter dem Kopfkissen geschlafen und von ihrem Zukünftigen geträumt. Ich schaute in ihr süßes, fades Gesicht und fragte mich, ob ihr klar war, wie hoch der Einsatz in dem Spiel war, das sie gerade spielte. Sie lächelte mich an und wünschte mir einen schönen ersten Maimorgen.
    Wir zogen an der Kapelle des Königs vorüber. Er wandte den Blick ab, als Anne vorüberging. Sie kniete sich nieder zum Gebet und sprach alle Worte so sorgfältig und fromm mit wie Jane. Als wir nach dem Gottesdienst die Kirche verließen, kam der König von seiner Galerie und fragte sie knapp: »Werdet Ihr zum Turnier erscheinen?«
    »Ja«, erwiderte Anne überrascht. »Natürlich.«
    »Euer

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