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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Strudel hineingezogen werden.«
    »Ich gehe deinen Reiseumhang holen.«
    »Ich leihe mir einen von den Stallknechten.« Er rannte in die Sattelkammer und kam mit einem ganz gewöhnlichen Barchentumhang wieder.
    |643| »Hast du es so eilig, daß du nicht einmal auf deinen eigenen Umhang warten willst?«
    »Ich breche lieber sofort auf«, meinte er schlicht. Seine wilde Entschlossenheit ließ mich mehr um die Sicherheit meines Sohnes bangen als alles andere zuvor.
    »Hast du Geld?«
    »Genug.« Er grinste. »Ich habe gerade Sir Edward Seymour einen Beutel Gold im Spiel abgenommen. Es war für eine gute Sache, oder nicht?«
    »Wie lange wirst du wegbleiben?«
    Er überlegte kurz. »Drei Tage, vielleicht vier. Nicht länger. Ich reite ohne Pause. Kannst du vier Tage auf mich warten?«
    »Ja.«
    »Wenn sich die Lage hier zuspitzt, dann nimm Catherine und die Kleine und mach dich auf den Weg nach Rochford. Ich komme ganz bestimmt mit Henry nach.«
    »Ja.«
    Noch ein fester Kuß, dann schwang sich William in den Sattel. Die Stute war ausgeruht und wollte lostraben, aber er versammelte sie zum Schritt, bis er durch den Torbogen auf die Straße gelangt war. Ich beschattete mir mit der Hand die Augen und schaute ihm nach.
     
    Jane Seymour kam nie wieder in die Gemächer der Königin, und eine seltsame Ruhe senkte sich über die sonnigen Räume. Die Zofen verrichteten nach wie vor ihre Arbeit. Das Feuer wurde angezündet, die Stühle angeordnet, die Tische mit Obst, Wasser und Wein gedeckt, alles wurde für eine Gesellschaft vorbereitet, die nicht erschien.
    Anne und ich, meine Tochter Catherine, Tante Anne und Madge Shelton gingen unruhig in den großen, hallenden Gemächern auf und ab. Meine Mutter tauchte nie auf, sie hatte sich so vollständig von uns zurückgezogen, als wären wir nie geboren. Auch meinen Vater bekamen wir nicht zu sehen. Mein Onkel schaute durch uns hindurch wie durch venezianische Glasscheiben.
    »Ich komme mir vor wie ein Gespenst«, sagte Anne. Wir |644| spazierten am Fluß entlang, und sie hatte sich bei George eingehängt. Ich folgte ihr mit Sir Francis Weston, hinter mir ging Madge mit Sir William Brereton. Ich konnte vor Angst kaum sprechen. Ich wußte nicht, warum mein Onkel mir die Namen dieser Männer genannt hatte. Ich wußte nicht, welche Geheimnisse mit ihnen verknüpft waren. Ich hatte das Gefühl, als sei eine Verschwörung im Gange und jeden Augenblick könne sich vor mir eine Fallgrube auftun.
    »Es findet eine Art Anhörung statt«, meinte George. »Soviel habe ich von einem Pagen erfahren, der drinnen Wein eingeschenkt hat. Sekretär Cromwell, unser Onkel, der Herzog von Suffolk und all die anderen.«
    Mein Bruder und meine Schwester vermieden es, einander anzuschauen. »Gegen mich können sie doch nichts vorzubringen haben«, meinte Anne.
    »Nein«, antwortete George. »Aber sie können sich etwas ausdenken. Überlege nur, was man alles gegen Königin Katherine vorgebracht hat.«
    Plötzlich fuhr Anne zu ihm herum. »Es ist das tote Kind«, sagte sie. »Nicht? Und die Aussage dieser gräßlichen Hebamme mit ihren wilden Lügenmärchen.«
    George nickte. »Das muß es sein. Sonst haben sie nichts.«
    Sie wirbelte auf dem Absatz herum und jagte zum Palast. »Denen zeige ich es!« rief sie.
    George flitzte hinter ihr her. »Was willst du ihnen zeigen?«
    »Anne«, schrie ich hinter ihr her. »Überstürze nichts!«
    »Ich schleiche jetzt schon drei Monate in diesem Palast herum wie eine Maus, die sich vor ihrem eigenen Schatten fürchtet«, rief sie. »Ihr habt mir geraten, nett und freundlich zu sein. Ich war nett und freundlich. Jetzt werde ich mich verteidigen. Sie halten ein geheimes Treffen ab, wollen mich im geheimen richten! Ich werde sie zwingen, laut zu sprechen! Ich lasse mich nicht von einer Bande alter Männer verdammen, die mich immer gehaßt haben! Ich werde es ihnen zeigen!«
    Sie rannte über den Rasen zur Palasttür. George und ich blieben einen Augenblick wie erstarrt stehen, gesellten uns |645| dann wieder zu den anderen. »Geht weiter spazieren«, befahl ich ihnen mit verzweifelter Stimme.
    »Wir folgen der Königin«, meinte George.
    Francis machte eine instinktive Handbewegung, als wolle er George zurückhalten.
    »Schon in Ordnung«, versicherte ihm George. »Aber ich begleite sie besser.«
    Wir eilten hinter Anne her in den Palast. Sie war nicht vor dem Audienzraum des Königs, und der Wachsoldat vor der Tür sagte, er habe sie bisher auch noch nicht eingelassen.

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