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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Gerücht nach dem anderen entkräften. Du mußt so tun, als wären sie dir alle völlig gleichgültig.«
    »Ich werde jedes einzelne widerlegen«, schwor sie. »Und du geh zum König in seine Sitzung und finde heraus, was sie über mich sagen.«
     
    George bekam nicht heraus, was vor sich ging. Er schickte mich zu meinem Vater, der nur den Blick abwandte und mir sagte, ich solle meinen Onkel nach den neuesten Nachrichten fragen. Ich traf Onkel im Stallhof, wo er sich eine Stute ansah, die er kaufen wollte. Die Aprilsonne war in dem geschützten Hof schon sehr warm. Ich wartete im Schatten des Tordurchgangs, bis er fertig war, und näherte mich ihm dann.
    »Onkel, der König hat anscheinend mit Master Cromwell sehr viel zu besprechen und mit dem Schatzmeister und mit Euch auch. Die Königin wüßte gern, mit welchen Geschäften er so viel Zeit verbringt.«
    Diesmal wandte er sich nicht mit dem üblichen bitteren Lächeln von mir ab. Er blickte mich geradewegs an, und in seinen |641| Augen bemerkte ich etwas, was ich bei ihm noch nie gesehen hatte: Mitleid.
    »Ich an Eurer Stelle würde meinen Sohn sofort von seinen Lehrern fortholen«, riet er mir ruhig. »Er wird doch mit dem Sohn von Henry Norris bei den Zisterziensern unterrichtet, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete ich, verwirrt über seinen plötzlichen Sinneswandel.
    »Ich würde an Eurer Stelle darauf achten, nichts mit Norris oder Brereton oder Weston oder Wyatt zu tun zu haben. Wenn sie Euch je Briefe oder Liebesgedichte oder ein Liebespfand geschickt haben, so solltet Ihr alles verbrennen.«
    »Ich bin eine verheiratete Frau, und ich liebe meinen Ehemann«, erwiderte ich verwirrt.
    »Das schützt Euch«, stimmte er mir zu. »Jetzt geht. Was ich weiß, kann Euch nicht helfen, es belastet nur mich allein. Geht nun, Mary. Aber an Eurer Stelle würde ich sehen, daß ich alle meine Kinder in meiner Obhut habe. Und ich würde den Hof verlassen.«
     
    Ich ging nicht zu Anne und George, die mich ungeduldig erwarteten, sondern schnurstracks in die Gemächer des Königs, um mit meinem Mann zu reden. Er hielt sich im Audienzraum auf, während sich der König mit seinem inneren Rat in seinen Privatgemächern besprach, wie an all den vergangenen Frühlingstagen. Sobald William mich sah, eilte er zu mir und führte mich auf den Flur.
    »Schlechte Neuigkeiten?«
    »Überhaupt keine, mir ist das alles ein Rätsel.«
    »Wieso?«
    »Mein Onkel gibt mir Rätsel auf. Er rät mir, nichts mit Henry Norris, William Brereton, Francis Weston oder Thomas Wyatt zu tun zu haben. Als ich sagte, das hätte ich ohnehin nicht, da meinte er, ich sollte Henry von seinen Lehrern zurückholen, die Kinder in meine Obhut nehmen und den Hof verlassen.«
    William überlegte einen Augenblick. »Was ist daran rätselhaft?«
    |642| »Was er damit meint.«
    »Dein Onkel wird mir immer ein Rätsel bleiben«, sagte er. »Doch ich denke nicht darüber nach, was er damit meinen könnte, ich befolge seinen Rat. Ich gehe Henry sofort holen.«
    Mit zwei Schritten war er wieder in den Gemächern des Königs und bat einen der Herrn, ihn zu entschuldigen, falls der König nach ihm verlangte, er sei in spätestens vier Tagen wieder zurück. Dann eilte er so schnell zur Treppe, daß ich laufen mußte, um mit ihm Schritt zu halten.
    »Warum? Was, meinst du, wird geschehen?« fragte ich völlig verängstigt.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur eines: Wenn dein Onkel sagt, unser Sohn sollte nicht mit dem Jungen von Henry Norris zusammen sein, hole ich ihn nach Hause. Und anschließend brechen wir alle zusammen nach Rochford auf. Mich muß man kein zweites Mal warnen.«
    Das große Tor zum Stallhof stand offen, und er rannte nach draußen. Ich hob den Saum meines Kleides und folgte ihm. Er rief einem der Howard-Jungen zu, er solle ihm sein Pferd satteln.
    »Ohne Annes Erlaubnis kannst du Henry nicht von seinen Privatlehrern wegholen«, meinte ich hastig.
    »Ich tu’s einfach«, erwiderte William. »Ihre Erlaubnis können wir uns später geben lassen – wenn wir sie überhaupt brauchen. Hier geht mir alles viel zu schnell. Ich will, daß unser Junge in Sicherheit ist.« Er nahm mich in die Arme und küßte mich fest auf den Mund. »Meine Liebste, ich lasse dich nur ungern allein hier zurück.«
    »Was sollte denn passieren?«
    Er küßte mich fester. »Gott weiß. Dein Onkel spricht nicht leichtfertig Warnungen aus. Ich hole unseren Jungen, und dann machen wir alle, daß wir hier wegkommen, ehe wir mit in den

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