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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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dagegen und ich erst recht nicht.«
    »Rede doch nicht so um den heißen Brei herum«, fuhr Katharina ihn an. »Was ist los?«
    »Dieser Eckhardt von Grimma war nicht sehr erbaut über dein Verschwinden. Er warf deinem Vater Betrug vor und gebärdete sich wie toll. Er zeigte deinen Vater bei Gericht an und rief auch den Propst auf den Plan. Überall haben sie dich gesucht, und Eckhardt hat eine Belohnung auf dich ausgesetzt. Es gibt nicht wenige Leute, die sich die Belohnung gern verdient hätten. In allen Dörfern diesseits und jenseits der Aue haben Herolde nach dir suchen lassen, und sogar dein Bild wurde ausgehängt.«
    Katharina hörte ihn mit offenem Munde an, dann schlug sie sich die Hände vors Gesicht.
    »Oh, mein Gott, der arme Vater! In welche Situation habe ich ihn gebracht? Ich sollte mich freiwillig stellen. Vielleicht kann der Vater eine Abstandszahlung leisten, so dass Eckhardt auf seinen Anspruch verzichtet.«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Thomas stockend und wandte das Gesicht ab, um Katharina nicht in die Augen sehen zu müssen. »Es hat wohl wenig Sinn, wenn du dich freiwillig stellst. Auf jeden Fall kannst du deinem Vater damit nicht helfen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil … weil er verschwunden ist.«
    Eine kleine Weile herrschte Stille. Katharina schien nicht zu begreifen, was Thomas eben sagte.
    »Verschwunden? Wie meinst du das?«
    »Wie ich es sagte. Er ist weg, verschwunden eben.«
    Katharina fuhr auf.
    »Dann muss ich erst recht zurückkehren und ihn suchen. Vielleicht hat wieder der Propst …«
    »Nein, nein«, erwiderte er hastig. »Ich glaube, er ist geflüchtet.« Zornig zog sie die Augenbrauen zusammen. »Geflüchtet? Nein, das nehme ich dir nicht ab. Mein Vater ist kein Feigling. Er hat immer alles geregelt, dafür ist er Kaufmann und Stadtrat und ein großartiger Mann. Der verschwindet nicht so einfach. Be­stimmt hat der Propst die Finger im Spiel. Bei Klaus war es ähnlich, der verschwand in einem schrecklichen Keller des Klosters, und die Mönche haben ihn gefoltert.« Sie begann zu weinen. »Ich muss meinen Vater retten. Ich kann ihn nicht seinem Verderben überlassen. Schließlich bin ich schuld, dass es so weit gekommen ist. Ich kehre zurück und stelle mich. Ich werde mit Eckhardt reden und ihn bitten, auf mich zu verzichten. Ich werde nur für meinen Vater da sein.«
    Thomas legte seine Hand auf Katharinas Arm.
    »Das wird nicht viel nützen. Davon abgesehen, dass Eckhardt nicht auf dich verzichten will, weil du eine ziemlich große Mitgift bekommen sollst, bin ich ziemlich sicher, dass dein Vater wirklich geflüchtet ist.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Weil die Geschäfte euer Prokurist übernommen hat. Und Philomena ist auch verschwunden.«
    »Philomena? Nein, das glaube ich nicht. Wo sollte sie denn hingehen? Sie hat niemanden hier, keine Menschenseele. Außerdem hat sie Vater sehr geliebt, und Vater liebt sie auch.«
    »Eben deshalb. Dein Vater hatte nicht nur Schwierigkeiten wegen deiner Flucht bekommen, sondern auch mit der Kirche. Der Propst hat ihn wegen Philomena bedrängt. Immerhin leben sie in fleischlicher Sünde miteinander.«
    »Ja und? Das tun sie seit vielen Jahren. Mein Vater hat unsere Mutter über alles geliebt und geschworen, nie wieder zu heiraten. Sonst hätte er Philomena schon längst geheiratet.«
    Thomas schüttelte heftig den Kopf.
    »Er hätte sie auch ohne diesen Schwur nicht heiraten können. Philomena ist Jüdin.«
    Katharina starrte ihn an.
    »Nein, das ist nicht wahr. Du lügst!«
    »Warum sollte ich? Die ganze Stadt spricht davon. Der Bürgermeister und die Stadträte sind sauer, weil dein Vater sie so hinters Licht geführt hat. Immerhin wohnt seit Jahren kein einziger Jude mehr in der Stadt. Wenn sie zum Markt und zur Messe kommen, dann kampieren sie vor den Toren. Der Propst hat den siebenarmigen Leuchter gefunden und eine Kette mit dem Judenstern und noch so allerlei. Er hat die Knechte und Mägde deines Vaters befragen lassen, und sie haben seltsame Dinge erzählt. Philomena hat Sachen gemacht, wie sie nur Juden zelebrieren.«
    »Das ist einfach Verleumdung. Sie wollen sich vielleicht an Vater rächen.«
    »Ist dir denn nichts aufgefallen? Du hast doch all die Jahre mit ihr zusammengelebt.«
    Katharina zuckte mit den Schultern.
    »Ich kenne es nicht anders. In unserem Haus gibt es so viele merkwürdige Dinge, die Vater oder andere Handelsreisende von ihren Fahrten mitgebracht hatten. Und Philomena ist eine Orientalin. Sie

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