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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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streichelten.
    Sie drehte sich zu Thomas um und packte seine Schultern.
    »Du musst mir helfen, Thomas. Ich kann hier nicht bleiben, aber ich kann auch nicht in die Stadt zurückkehren.«
    »Wohin willst du?«
    »Das weiß ich noch nicht. Aber Klaus wird es wissen.«
    »Klaus?«
    »Der Studiosus. Bitte geh zu ihm. Er wohnt bei Magister Siebenpfeiffer in einer der Gassen am Halleschen Tor. Natürlich musst du es heimlich tun, niemand darf etwas merken. Auch nicht der Magister! Versprich es mir, dass du mir helfen wirst. Erzähle Klaus von meinem Unglück, bring ihn hierher. Er soll mich abholen.«
    »Aber wieso er? Ich verstehe nicht …«
    »Ich liebe Klaus. Wir lieben uns schon lange, aber mein Vater war gegen diese Verbindung. Ein armer Student und eine Kaufmannstochter, das passt nicht zusammen.«
    Ein Kuhhirte und eine Kaufmannstochter auch nicht, dachte Thomas verbittert. Katharina liebte einen Studenten!
    Kälte kroch in ihm auf – und Eifersucht. Nun sollte er den beiden auch noch helfen, ein glückliches Paar zu werden, während e r … Er konnte nicht verhindern, dass Tränen der Wut und Enttäuschung in seine Augen traten. Er hob das Gesicht zum Himmel, wo sich sacht die kalten Flocken auf seine erhitzten Wangen legten. Sie schmolzen und vermischten sich mit seinen Tränen.
    Katharina schüttelte ihn und schaute ihn eindringlich an.
    »Versprichst du es mir, Thomas? Du bist doch mein Freund.«
    Er nickte stumm. Das schien ihr zu genügen, und sie ließ ihn los. Langsam erhob sie sich.
    »Mir ist kalt«, murmelte sie.
    Mit schleppenden Schritten ging sie zur Hütte, wo schon ungeduldig und frierend die Ziege vor der Tür stand. Griseldis war wohl eingeschlafen. Es schneite stärker. Die Wiese wurde von einem weißen Leichentuch bedeckt. Nur der Flussarm schlängelte sich dunkel durch den Wald. Die Bäume streckten ihre kahlen Äste gen Himmel, als flehten sie um Erlösung von diesem unwürdigen Dasein.
    Thomas schaute Katharina nach. Sie hinterließ eine dunkle Spur auf der gefrorenen Wiese. Ihre unförmigen Schuhe waren aus altem Leder und Fellresten zusammengeflickt. Nicht viel erinnerte mehr an die junge, fröhliche und stets in liebliche Kleider gehüllte Kaufmannstochter. Er wollte sie so gern trösten, sie glücklich machen. Aber wie? Er besaß nichts, nur seine Liebe zu ihr, eine Liebe, von der sie gar nichts wusste.
    Er folgte ihr nicht zur Hütte, obwohl er sich gern am Kamin etwas aufgewärmt hätte. Doch die Gefühle in seinem Inneren sprudelten aufgeregt durcheinander wie der Elsterfluss im Frühling während der Schneeschmelze. Er musste sich erst einmal darüber klar werden, ob er diesen Studenten Klaus aufsuchen sollte. Damit machte er sich die Aussicht zunichte, vielleicht doch noch Katharinas Herz zu erobern. Warum tat unerfüllte Liebe nur so weh?
    Es war Zufall, dass Bruder Tobias beim Holzsammeln im Wald den Hirtenburschen Thomas dabei beobachtete, wie er zielstrebig zwischen den Stämmen der uralten Eichen verschwand.
    Eigentlich sammelte Tobias das Holz als Vorwand, und er scheute sich nicht, es wegzuwerfen, wenn es die Situation erforderte. Eine innere Unruhe trieb ihn durch die Stadt und die Flur.
    In den letzten Wochen gab es reichlich Aufregung um den reichen Kaufmann Hieronymus Preller. Hatte er sich erst zum Handlanger dieses ketzerischen Studenten gemacht und ihn mit viel Geld aus den Klauen der Inquisition freigekauft, was Tobias bis heute nicht verstehen konnte, so gab es nun die neue Auf­regung, dass er eine jüdische Hure in seinem Haus beherbergte und mit ihr in Unkeuschheit lebte. Und dazu verschwand seine zweite Tochter, als hätte sie sich in Luft aufgelöst.
    Zunächst vermutete Tobias, die Jüdin hätte Katharina bei einer Teufelei geopfert. Aber dann dachte er eher, dass sie sich versteckt hielt. Und nun war auch Preller samt seiner Hure verschwunden.
    Wenngleich Tobias nichts mehr fürchtete als die Strafe Gottes und auch sehr abergläubig war, so besaß er doch einen wachen Verstand und hielt stets Augen und Ohren offen.
    Nie würde er den Anblick vergessen, wie Katharina im Gras lag, der Student über sie gebeugt. Die Erinnerung an diesen Anblick verursachte Tobias heute noch schwüle Träume, aus denen er schweißgebadet und erregt erwachte und sich danach kasteite, weil er sich vor sich selbst ekelte.
    Was machte diese Hexe mit ihm? Hatte sie von ihm Besitz ergriffen? Er konnte sich nicht von ihr befreien, sie beherrschte sein Denken und Fühlen, vor allem aber

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