Die Schwester der Nonne
begleitete, wohl aus Sorge, sie könne erkannt werden.
Griseldis war ihr nicht geheuer, und Katharina war fest überzeugt, dass sie eine Hexe war. Doch tat die Alte ihr nichts Böses und so konnte sie ihre Anwesenheit ganz gut ertragen.
Weniger erträglich war es, wenn Griseldis fort war. Dann lauschte Katharina auf jedes Geräusch, das aus dem Wald zu ihr in die Hütte drang. Da krächzte ein Rabe auf einem Ast, da rieben die knorrigen Äste der Eichen gegeneinander, da huschte eine Natter durch das Laub, und ein Waldkauz schrie.
Es gab auch andere Tage, da schickte die Sonne ihre Strahlen durch das Geäst, ließ den Waldboden dampfen und die Regentropfen in den Spinnennetzen wie Perlen funkeln. An so einem Tag nahm Griseldis ihren Kahn, um Fische zu fangen.
Katharina beobachtete die Alte, wie sie das nasse Tau vom Pflock löste, das schwere Ruder nahm und den undichten Kahn auf das trübe Wasser des Flussarmes hinausstakte. Man sah es ihr an, dass es ihr schwer fiel. Die Nässe und Kälte suchten ihre alten Gelenke heim und ließen sie schmerzen und knirschen. Sie ging schon ganz krumm und beim Laufen schlurfte sie und zog die Beine nach.
Der Regen der letzten Tage hatte die Flüsse im Auwald anschwellen lassen und auch die vielen gewundenen Nebenarme wurden zu schnell fließenden Strömen. Kaum hatte Griseldis den Kahn in die Mitte des Wasserlaufs gesteuert, als die Strömung sie ergriff und schnell davontrug.
Eine Weile blieb Katharina noch vor der Hütte sitzen und schaute auf den Fluss, auf dem Griseldis entschwunden war. Dann wurde ihr langweilig. Sie wollte sich ein bisschen nützlich machen.
Zunächst fegte sie die Hütte aus, entsorgte den Abfall, indem sie ihn in den Fluss warf, und schüttelte den Strohsack auf. Dann warf sie der Ziege etwas Heu vor.
Die Ziege bewegte sich frei und lief öfters hinaus, um neben der Hütte die letzten Grashalme abzuknabbern. Wenn sie dessen überdrüssig war, legte sie sich wieder auf ihren Platz und käute zufrieden wieder, während sie Katharina mit hochmütigem Blick musterte.
Katharina trällerte ein Liedchen, während sie in dem Holztrog Brotteig ansetzte und zum Gären mit einem Tuch zudeckte. Draußen wanderte die Sonne auf ihrer Bahn. Um die Mittagszeit legte sich der Wind, es wurde still und warm. Die bunten Blätter fielen zu Boden, doch sie raschelten nicht, weil sie viel zu feucht waren. Ringelnattern suchten die letzte herbstliche Wärme und sonnten sich auf freien Stellen.
Katharina musste höllisch aufpassen, dass sie sich nicht später auch einen warmen Platz in der Hütte suchten. Vor Schlangen fürchtete sie sich, waren es doch Tiere des Teufels, schlüpfrig und mit gespaltener Zunge. Solchen Wesen ging man besser aus dem Weg.
Sie beschloss, in der Nähe wenigstens etwas Holz zu sammeln. Mehr konnte sie nicht tun. Mit Pilzen und Wurzeln, Früchten und Kräutern kannte sie sich nicht aus und überließ es lieber Griseldis, diese zu sammeln. Sie setzte sich die aus Weidenzweigen geflochtene Kiepe auf den Rücken und ging los.
Es lagen genug Zweige und Äste im Wald, die der Wind gebrochen hatte. Manchmal war auch ein ganzer Baum umgestürzt. Sie hatte die kleine Axt vergessen, die Griseldis zum Holzspalten benutzte. Aber wahrscheinlich hätte sie ohnehin keinen ganzen Baumstamm damit auseinander bekommen. So beschränkte sie sich auf das Holz, das sie mit der Hand aufheben und notfalls mit dem Fuß brechen konnte.
Katharina lief hierhin und dorthin und bald hatte sie die Kiepe wohl gefüllt. Ihr Rücken schmerzte. Sie richtete sich ächzend auf und schaute sich um. Überall sah der Wald gleich aus, ragten dunkle Bäume mit ihren knorrigen Ästen in den Himmel. Dieser hatte sich verdüstert. Graue Wolken überzogen ihn wie mit einem schmutzigen Tuch. Die Sonne hatte sich hinter diesem grauen Schleier versteckt.
Nebel legte sich über die wenigen freien Stellen zwischen den Bäumen, wo sich Wiesenlichtungen oder Kahlschläge mit alten Baumstubben befanden. Wind kam auf, ließ die Nebel tanzen und die Baumriesen sich ächzend bewegen. In dem undurchdringlichen Gebüsch, das die Wiesen zum Wald hin umsäumte, wisperte und raschelte es. Gespenstische Schatten tauchten über den feuchten Fluren auf und vergingen wieder in der Dämmerung. Die Wasserläufe, Nebenarme der Flüsse und kleine Bäche, bildeten ein verwirrendes Geflecht, durchzogen den Wald und schenkten ihm die Feuchte. Es gab kaum Wege oder ausgetretene Pfade. Wo ging es zurück zur
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