Die Schwester der Nonne
hüteten das Vieh und mussten Getreide dreschen. Die Frauen mussten Wäsche waschen, die Kammern säubern, Möhren und Rüben schneiden, Heu und Grummet trocknen und Garn spinnen. Die emsige Betriebsamkeit ließ nichts von den Geschehnissen im Land ahnen.
Auch für Beate und Katharina ging das Leben seinen Gang. Die Stadt war fern, Dresden noch ferner, und wenn ein Herrscher gestorben war, dann gab es einen Sohn, der das Erbe seines Vaters übernahm. So war es auch mit Herzog Albrecht. Sein Sohn Georg übernahm die Amtsgeschäfte und regierte seinen Teil Sachsens weiter. Die Zäsur berührte das gemeine Volk nicht weiter.
Beate hatte Katharina zu einem Ausritt eingeladen. Auf dem Rittergut hatte Katharina das Reiten gelernt, und es machte ihr viel Spaß. Stolz saß sie auf ihrem Pferd. Auch wenn es kein so edler Zelter war wie Beates Reittier, so gaben die beiden Damen doch ein prächtiges Bild ab, wenn sie durch die Felder ritten, die zum Gutsbesitz gehörten.
Die Bauern auf den Feldern grüßten ehrerbietig. Das Korn war geschnitten, die Garben wurden auf die Karren geladen. Die Zugochsen brachten ihre schwere Last zur Tenne, wo das rhythmische Klopfen der Dreschflegel ertönte. In der Luft flirrten Staub und Grannen und machten das Atmen zur Qual. Auf den meisten der schmalen, langen Felder ragten nur die Stoppeln empor, die den Schafherden noch Futter boten.
Ein langer, warmer und trockener Sommer ging zur Neige. Die Sonne bot noch einmal alle Kräfte auf. Im Obstgarten reiften die Äpfel, und in den Hecken leuchteten rote und blaue Beeren. Die Welt könnte für Katharina so herrlich sein, wenn nur Klaus hier wäre. So schwelgte sie in Erinnerung an ihre Schäferstündchen und musste Beate in allen Einzelheiten davon berichten.
Schwatzend und lachend lenkten sie ihre Pferde zu einem Bach, der sich durch die Wiesen schlängelte. Er war schmal und seine Ufer von hohem Gras bewachsen. Einige Erlen und Weiden säumten das Fließ und neigten ihre Zweige dem kühlen Wasser zu. Hier war es sehr angenehm zu rasten. Die trockene Hitze des Tages blieb auf den abgeernteten Feldern zurück.
Die beiden jungen Damen saßen von ihren Pferden ab und ließen sie vom kühlen Nass trinken. Dann setzten sie sich in das Gras, zogen die Schuhe aus und ließen die Füße ins Wasser hängen.
»Huch, ist das kalt«, erschreckte sich Katharina.
»Der Quell befindet sich in den Felsen weiter südlich von hier«, erklärte Beate. »Die Leute erzählen, dass er von einer Quellnymphe bewacht wird, die sich im Winter zu einem Eiszapfen verwandelt. Deswegen ist der Quell immer eisig.«
Katharina planschte mit den Zehen im Wasser.
»Also, irgendwie weckt das Plätschern ein dringendes Bedürfnis in mir.«
Beate kicherte.
»Tu’s doch gleich im Gras. Es sieht dich doch niemand.«
Katharina raffte ihre Röcke.
»Wenigstens hinter den Busch da werde ich verschwinden«, erwiderte sie und hüpfte barfuß und mit geschürzten Röcken durchs Gras. Hinter einem Holunderbusch lüpfte sie ihre Röcke. Sie hatte keine Ahnung, dass brennende Augen sie seit geraumer Zeit beobachteten. Dann wurde es plötzlich dunkel um sie.
Beate schob unterdessen ihre Röcke bis weit über die Knie herauf, strampelte mit den Beinen im Wasser, dass die Tropfen wie Silber gen Himmel spritzten und lehnte sich zurück. Ihre Augen schweiften in den blauen Himmel, an dem sich die Wolken wie Schneegebirge türmten.
»Es zieht ein dunkle Wolk’ herein, mich deucht, es muss ein Regen sein, ein Regen aus den Wolken«, sang sie laut.
»Hörst du, Katharina, ich besinge den Regen«, rief sie über die Schulter. »Wir werden sehen, ob es hilft. Komm und sing mit. Zu zweit werden Gebete besser erhört. Oder wir machen richtigen Regenzauber! Es zieht ein dunkle Wolk’ herein, mich deucht, es muss ein Regen sein … Katharina? Wo bleibst du denn?«
Beate hörte auf zu strampeln und richtete sich auf.
»Katharina? Wieso brauchst du so lange?«
Katharina antwortete nicht.
»Willst du Verstecken spielen?« Beate erhob sich und hüpfte nun ebenfalls mit gerafften Röcken und barfuß durchs Gras bis zum Holunderbusch. »Kathrinchen, wo bist du?«
Sie konnte Katharina nicht entdecken. Verwundert umkreiste Beate den Busch. Da war niedergetrampeltes Gras, wo Katharina wohl ihr Bedürfnis verrichtet hatte, und da waren abgebrochene Zweige, die vom Busch hingen.
»Was soll das, Katharina? Ich finde das gar nicht lustig. Wo steckst du?«
Doch es blieb still. Ein leichter
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