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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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gestanden, die flüchtige Nonne Maria zu sein, die aus der Obhut der Marienmägde mit Hilfe des Teufels persönlich ausgefahren ist. Zuvor hat sie sich schon diverser Hexereien schuldig gemacht. Die Schande für das Kloster muss gesühnt werden, und Maria wird ausgestoßen aus dem Schoß der Kirche. Die Exkommunikation ist bereits erfolgt, und so sie durch das Schwemmen eindeutig der Hexerei überführt wird, wird ihr Leichnam nicht in geweihter Erde bestattet werden.«
    Er breitete nun die Arme aus, während Katharina von den Knechten grob auf die Brücke gezerrt wurde.
    »Maria, gestehe vor all diesen Menschen, denen du Schaden zugefügt hast, dass du eine Hexe bist, dass du Hagel und Blitz auf sie herniedergezaubert hast, dass du Gott verleugnet und dich selbst als Heilige hast feiern lassen. Gestehe deine Buhlschaft mit dem Teufel und dass er dich verleitete, Gott abzuschwören und dich dem Bösen zuzuwenden. Gestehe, dass du es mit dem Teufel getrieben und dabei große Lust empfunden hast.«
    Katharina riss die gefesselten Hände hoch.
    »Scheusale seid ihr alle, die ihr euch am Leid Unschuldiger ergötzt! Scheusale seid ihr, die Unschuldige quälen, bis sie vor Schmerz gestehen, was ihr hören wollt. Mörder seid ihr, die unbedingt ein Opfer suchen, um eure abscheulichen Gelüste zu stillen. Ich bin unschuldig! Unschuldig! Unschuldig!«
    »Genug!« Das Gesicht des Propstes lief zornesrot an, und er keuchte. »Gott wird über Schuld und Unschuld richten. Aber jeder wird sich wohl sein eigenes Urteil gebildet haben.«
    »Nieder mit der Hexe!«
    »Ersäuft sie endlich!«
    »Lasst Gott sprechen!«
    »Sie ist schuldig!«
    Die Rufe wurden immer lauter.
    Benedictus gab ein Zeichen mit der Hand. Die Henkersknechte packten Katharina und zogen sie derb herab. Ihre ohnehin gefesselten Hände wurden an die Füße gebunden, der rechte Daumen an den linken großen Zeh, der rechte große Zeh an den linken Daumen. Dann banden sie sie an ein langes Seil und hoben sie wie ein Lumpenbündel hoch.
    Als Katharina das schwarze Wasser unter sich sah, griff die Todesangst nach ihr. Sie wollte sich wehren, doch die Fesseln waren grausam eng. Ein eisiger Ring legte sich um ihren Brustkorb, und sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, Gott möge ihr Leiden nicht weiter verlängern.
    »Maria, verzeih mir!«, waren ihre letzten Worte.
    Die aufgebrachte Menge schrie auf, als die Hexe roh über das Brückengeländer in die dahineilenden Fluten der Elster geworfen wurde. Das Wasser teilte sich, wie mit zwei schlangenähnlichen Armen nahm der Fluss sein Opfer auf. Einige Augenblicke lang bauschte sich Katharinas heller Büßerkittel auf, und es sah aus, als würde das Wasser sie wieder freigeben. Dann jedoch verwischte der Fleck, und die Wellen schlossen sich über ihr.

Der Aufruhr
    Das Wasser war kalt und sehr trüb. Hans musste immer wieder auftauchen, um sich zu orientieren. Obwohl es zu Fuß nicht weit war von der Brücke bis zur Mündung des schmalen Seitenarms, das Schwimmen raubte ihm die Kräfte. Zudem hatte sich das Seil, das er hinter sich herzog, voll Wasser gesogen und wurde allmählich schwer wie Blei. Es hinderte ihn daran, schneller vorwärts zu kommen.
    Wieder kamen Zweifel in ihm auf, ob das Unterfangen glücken würde. Wenn der tobende Mob ihn entdeckte, wäre sein Leben keinen Pfifferling wert. Er sah die Fackeln auf der Brücke und Katharina in einem hellen Kittel aus Nessel. Er konnte nur hoffen, dass er sie dadurch im trüben Wasser des Flusses besser orten würde.
    Zum Glück für ihn wandten ihm alle den Rücken zu. Der östliche Arm der Elster floss in Richtung Osten der Stadt zu. Hans näherte sich aus westlicher Richtung mit der Strömung. Das mochte ihm jetzt den Weg erleichtern, dafür würde es nachher umso schwerer werden, wenn sie Katharina herausziehen würden. Wenn …
    Hans klemmte das Stückchen Rohr zwischen die Zähne, tauchte wieder unter und ließ sich mit der Strömung treiben. Bald musste er die Brücke erreicht haben. Als er vorsichtig auftauchte, befand er sich wenige Schritte davor. Sein Blick ging nach oben, wo jetzt der Propst mit erhobenen Händen stand und zu den Leuten sprach.
    Ihn schauderte, dass so viele Menschen ein junges Weib sterben sehen wollten. Jeder von ihnen war wohl froh, dass es ihn selbst nicht traf und dass es jemanden gab, dem sie die Schuld für alle Unbill zuschieben konnten. Im Schatten der Brücke duckte er sich und tastete nach dem Messer in seinem Gürtel. Es musste ganz

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