Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
Vom Netzwerk:
widerwillig nahm Siebenpfeiffer auf der Bank gegenüber Platz und warf dem Wirt ein Geldstück auf den Tisch.
    »Ich kann meinen Wein selbst bezahlen«, brummte er.
    Hieronymus knallte seine große Hand auf die Münze und schob sie dem Magister zurück, ehe der Wirt zugreifen konnte.
    »Behaltet Euer Geld, Herr Gelehrter, und spart es Euch auf, wenn Ihr wieder Strafgeld dafür zahlen müsst, dass Eure Studenten die Vorlesungen schwänzen.«
    Siebenpfeiffer zog ein sauertöpfisches Gesicht.
    »Es ist nichts gegen die strenge Ordnung an der Universität einzuwenden«, hielt er fest.
    »Solange sie nicht an den eigenen Geldbeutel geht«, grinste Hieronymus. »Ich möchte allerdings nicht daran schuld sein, wenn Ihr die Abendvorlesung verpasst.«
    »Nein, nein, es ist noch Zeit.« Der Magister wollte sich ein Essen gönnen, bevor er die abendlichen Vorlesungen abhielt. Seit der fünften Morgenstunde war er auf den Beinen und recht hung­rig. Hieronymus bemerkte es. Auch sein Magen meldete sich mit aller Macht.
    »Wirt, ein Hühnchen für mich und ein halbes für den Herrn Gelehrten, damit er nicht vor seinen Studiosi vom Katheder kippt.«
    Mit einer Handbewegung wischte er den Einwand von Siebenpfeiffer weg.
    »Heute sollt Ihr Euch mit mir freuen. Meine Frau hat mir zwei Mädchen geschenkt.«
    Siebenpfeiffer, der ab und zu in Prellers Haus eingeladen worden war, kannte die hübsche Elisabeth und den Wunsch des Paares, Kinder zu bekommen. Im Laufe der Jahre allerdings hatte sich der introvertierte Magister etwas von dem Äußerlichkeiten liebenden und ihren Reichtum freigiebig zur Schau stellenden Kaufmannspaar zurückgezogen.
    Stets im Zwist mit seinen aufmüpfigen und trinkfesten Studenten, für deren ordentlichen Lebenswandel der Magister verantwortlich zeichnete, war er gleichwohl von ihnen abhängig. Benahmen sie sich nicht anständig, geriet er in die Gefahr des Lehrverbots, der am meisten gefürchteten Strafe, die ihn um seinen Broterwerb gebracht hätte. Nur seine guten Beziehungen hatten ihn das eine oder andere Mal vor diesem Debakel gerettet.
    Ab und zu sprang Hieronymus auch mit einem Geldbetrag ein, damit Siebenpfeiffer die Stadt verlassen konnte. Zumeist fehlte diesem das Geld, das er seinen Studenten als Sicherheit für seine Rückkehr hinterlegen musste. Da war Hieronymus recht großzügig. Aber der Magister beschränkte solche Vorkommnisse auf das unbedingt notwendige Maß, um dem Kaufmann nicht zu sehr zur Last zu fallen. Er zahlte das Geld selbstverständlich zurück und erhielt sich damit auch seine Unabhängigkeit.
    Das halbe Hühnchen aber konnte er schlecht zurückweisen, ohne Preller zu beleidigen, und den Krug Wein nahm er ebenfalls an.
    »Auf Euer Weib, Preller, und auf Eure Kinder, dass sie gesund bleiben mögen.« Sie leerten zusammen einen Becher.
    Hieronymus’ Stimmung schwankte wie eine Birke im Wind. Plötzlich verfiel er in grüblerisches Nachdenken.
    »Erinnert Ihr Euch noch an unsere erste Begegnung, Siebenpfeiffer? An den Besuch des Kurfürsten, und an das, was dann geschah? Inzwischen teilen sich die beiden Prinzen die Macht und herrschen in Eintracht über das Land. Ich denke, sie sind würdige Nachfolger ihres Vaters Friedrich, Gott hab ihn selig.«
    Siebenpfeiffer, ohnehin wortkarg, schwieg und starrte in seinen Becher.
    »Wie kommt Ihr darauf, dass sie würdige Nachfolger des Kurfürsten sind? Vielleicht werden sie das einst sein.«
    Hieronymus’ Kopf ruckte etwas hoch, dann ließ er ihn wieder sinken und seine Schultern fielen nach vorn.
    »Ihr sprecht wieder einmal in Rätseln, Siebenpfeiffer. Könnt Ihr mir das so erklären, dass es auch für meinen Geist zu fassen ist?«
    »Sicher. Ihr vergesst, dass Kurfürst Friedrich nicht nur der Sanftmütige war, für den alle ihn gehalten haben. Mit seinem Bruder hat er sich einen heftigen Kampf um Kursachsen geliefert, das geteilt wurde.«
    »Na, und? Jedem, was ihm zusteht. Über den einen Teil herrschen nun die Söhne gemeinsam, ganz im Sinne des Vaters.«
    »Sie werden es nicht lange tun. Auch sie werden sich um das Land streiten, und es vielleicht sogar teilen.«
    Der Magister hatte seine Stimme zu einem Flüstern gesenkt und warf aus den Augenwinkeln prüfende Blicke durch die Schänke. Hieronymus starrte ihn aus rot unterlaufenen Augen an.
    »Ihr glaubt, der Bruderkrieg wird sich wiederholen?«
    Siebenpfeiffer nickte nur. Der Kaufmann dachte nach, dann schüttelte er den Kopf.
    »Ihr irrt Euch gewiss, Herr Gelehrter. Bei aller

Weitere Kostenlose Bücher