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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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am Schneeberger Erzbergbau beteiligt?«
    »Sagt man das?« Er schenkte sich selbst ein und grinste. »Ihr werdet schon merken, dass der Bergbau die Zukunft ist und eine Quelle unerschöpflichen Reichtums. Ein Freund verriet mir, dass das ganze Gebirge voller Silber steckt.«
    »Dann ist Euer Freund wohl der Berggeist persönlich?«
    Hieronymus lachte.
    »Und wenn es so wäre? Jedenfalls hätten unsere Landesherren es wohl gern, dass sie den Berg ausbeuten könnten, allein ihnen fehlt das nötige Geld.« Er schmatzte voller Genuss. »Geld, das die Leipziger Kaufleute haben, allen voran das Handelshaus Preller.«
    Er hob den Becher erneut.
    »Nun, dann auf Euer Wohl, Preller, dass Eure Truhen voller Silber sein werden und Ihr ab und zu ein paar Silberlinge in meiner Schänke lasst.«
    »Setzt Euch zu mir und trinkt einen Schluck, Wirt«, forderte Hieronymus ihn auf. »Ich feiere nicht das Silber, ich feiere das Fleisch. Es ist das Geschäft meines Lebens. Meine Frau hat mir soeben zwei Mädchen geschenkt.«
    Der Wirt stutzte. »Zwei?«
    »Zwei«, bestätigte Hieronymus.
    Hastig bekreuzigte sich der Wirt. »Wenn das kein Unheil bringt«, murmelte er.
    »Ach, Unsinn, Ihr schwatzt tatsächlich schon wie die alten Weiber daher.«
    Trotzdem verzichtete der Wirt darauf, mit Hieronymus zu trinken, auch wenn er das früher des Öfteren getan hatte. Hieronymus war zwar nicht so freigebig wie seine Gattin, aber auch nicht geizig.
    »Ich sehe jeden Tag genug, wenn ich aus dem Fenster schaue«, flüsterte der Wirt. »Da stehen die Pfaffen und reden von der Hölle. Sie zeigen solch entsetzliche Bilder. Ich will nicht ins Fegefeuer kommen.«
    »Aber es sind doch nur Kinder«, rechtfertigte sich der Kaufmann.
    »Auch Kinder können den Teufel in sich tragen. Zumal sie zweifach sind. Das ist wie mit dem Kalb, das zwei Köpfe hatte. Es wurde einem Bauern draußen im Vorwerk geboren, und später brannte das ganze Anwesen ab.«
    Preller schwieg verstimmt. Der Wirt redete fast wie die Pfaffen auf dem Markt oder die alten Weiber in der Stube daher. Sicherheitshalber drehte er sich um. Doch die halbkreisförmigen Fens­ter mit den bunten, bleigefassten Glasscheiben waren geschlossen. Bei geöffnetem Fenster hatte man einen freien Blick zum Markt, weil die Schänke in bevorzugter Lage am Beginn der Gasse lag, die vom Markt her einmündete. Es war eine der besten Schänken der Stadt.
    Sonst waren die Mönche stets bemüht, durch den Verkauf von Sündenablässen ihre Schatztruhen zu füllen, aber das nasskalte Aprilwetter hielt sie wohl heute von ihrem Vorhaben ab. Der Marktplatz war leer. Vor dem Rathaus dösten missmutig die Stadtwachen vor sich hin. Nur ein paar Bettler und streunende Hunde trieben sich herum. Der Platz würde sich erst zur Ostermesse wieder füllen.
    Die Tür öffnete sich, und der eintretende Gast brachte einen Schwall nasskalter Luft mit. Sein dunkler, bodenlanger Umhang schwang um seinen hageren Körper und auf seinem breiten, flachen Hut schmolzen einige Schneeflocken zu dicken Tropfen.
    »Heda, Siebenpfeiffer, kommt her und trinkt mit mir!«
    Der Gelehrte blieb an der Tür stehen und schaute zu Hieronymus herüber. Der rückte bereitwillig auf der Bank beiseite, während der Wirt in Erwartung eines weiteren Geschäfts schnell einen Becher und einen neuen Krug Wein holte.
    Seit dem denkwürdigen Besuch des Kurfürsten vor siebzehn Jahren, als die beiden Knaben des Landesherrn geraubt und entführt wurden, verband die beiden Männer eine seltsame Art von Freundschaft. Magister Siebenpfeiffer war ein ernster, kluger und zurückhaltender Mann, dem etwas grobschlächtigen Kaufmann Preller geistig weit überlegen, aber auf Grund seines schmalen Einkommens ein armer Tropf. Ihm schien es unangenehm, dass Preller ihn häufig zum Trunk oder einem Essen einlud, weil er meinte, der tue dies nur aus Mitleid oder Großmannssucht. Tatsächlich spottete Hieronymus nur zu gern über die fast peinliche Abhängigkeit der Professoren von ihren Studenten, die diese bezahlten.
    »Wisst Ihr, Siebenpfeiffer, wenn Eure Studenten sich mehr dem Studium und weniger den Fehden mit den Bürgern der Stadt widmen würden, klimperten wohl ein paar Gulden mehr in Eurem Ledersäckel.«
    Hieronymus spielte auf die häufigen Auseinandersetzungen, Tumulte und Schlägereien der Studenten an, die vor einigen Jahren den Stadtrat dazu zwangen, einen Erlass zu verabschieden, dass kein relegierter Student sich im Weichbild der Stadt aufhalten durfte.
    Fast

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