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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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zu entweihen.«
    »Nun, wir sind keine Kirche. Es ist nichts weiter als Handelsware.« Hieronymus konnte die Aufregung der Amme nicht verstehen.
    »Auch ich sage: Teufelszeug. Götzenfiguren, sündige Stoffe!« Tante Brigitte erhob sich und fuchtelte mit den Armen. »Kinder, ab ins Bett. Euch krauchen diese Teufeleien noch ins Gehirn, dann bekommt ihr den Veitstanz.«
    Katharina kicherte.
    »In der Kirche stört es doch auch nicht. Da ist Weihrauch gut.«
    »In der Kirche«, schnaubte Tante Brigitte. »Wir sind aber nicht in der Kirche, sondern in einem Sündenpfuhl.« Sie schlug dreimal das Kreuz.
    »Scher dich zum Teufel, du meckernde Ziege«, rief Preller lachend und klopfte mit den Handflächen auf den Tisch. »He, Magd, bring Wein für unseren Gast. Mal sehen, was er uns noch erzählt, wenn sich seine Zunge lockert.«
    Er grapschte Philomena an den Busen.
    »Gibt es Huren in China?«, wollte er wissen.
    Der Gast nahm einen langen Zug aus seinem Becher, wischte sich mit dem Ärmel über die Lippen und hob den glänzenden Blick. »Und ob! Die heißen Blumenmädchen und sind äußerst willig.«
    »Erzählt, erzählt«, drängte der Kaufmann. »Philomena, hör gut zu, vielleicht kannst du noch etwas lernen.«
    »Meist leben sie in so genannten Blumenhöfen, die von einer Mutter geleitet werden. Es sind Häuser mit Gastzimmern, in denen es recht lustig zugeht. Da gibt es Speis und Trank auf ganz niedrigen Tischen, und die Gäste sitzen auf dem Boden auf bunten Kissen aus Seide und feinem Leder. Die Blumenmädchen nennen sich untereinander Schwestern. Sie heißen Zimtblüte, Lotosblume, Kleiner Mond, Silberschuh. Sie singen und tanzen und spielen ganz eigenartige Musikinstrumente. Da gibt es die Drachenflöte und die Pi-Pa und Trommeln aus Rhinozeroshaut. Die Blumenmädchen sind sehr anmutig und verstehen sich auf die Kunst des Tanzes, des Gesangs und der Deklamation. Dann gibt es die Lager mit den Seidenkissen, wo sich die Gäste mit den Blumenmädchen vergnügen können. Der Gast darf seinen Wunsch äußern, ob er eine erfahrene Lotosblume oder eine noch unberührte Zimtblüte haben will. Eine Zimtblüte bekommt viele Geschenke von ihrem Gast. Seidenkleider, Schuhe, Schminke, Puder und Perlenschmuck, auch kleine Lackkästchen oder Vasen aus einem seltsamen Material, das wie gefrorener Schnee aussieht. Der erste Besuch bei einer Zimtblüte wird drei Tage gefeiert, und alle Blumenmädchen feiern mit. Es gibt allerlei kurzweilige Spiele mit den Blumenmädchen, die sich auf Schaukeln schwingen oder sich mit den Gästen in kleinen, efeuumkränzten Grotten vergnügen. Ich habe ein Blumenmädchen gesehen, das lag auf einem Tisch und ihr Kleid war hochgerutscht bis unter die Brust. Darunter trug sie gar nichts. Die Gäste machten sich einen Spaß und schossen mit gekühlten Pflaumen zwischen ihre Beine, und wenn sie trafen, dann bekam das Blumenmädchen ein Geldstück, das aussah wie ein kleiner goldener Schuh.«
    Die Amme jaulte auf wie ein Hund, dem man auf den Schwanz getreten war, und presste ihre Hände auf Marias Ohren. Da sie aber nur zwei Hände hatte, blieben Katharinas Ohren frei. Tante Brigitte war einer Ohnmacht nahe und reagierte überhaupt nicht, während die drei Studiosi mir roten Ohren und zusammengepressten Knien auf ihrer Bank hockten und sich nicht zu rühren vermochten.
    Der Magister erhob sich.
    »Meine Nacht ist kurz, auch ohne Blumenhof«, sagte er zu Hieronymus. Die Ratsherren erhoben sich ebenfalls und wirkten ein wenig steif, während sie zur Tür gingen. In dem allgemeinen Durcheinander beugte sich Katharina zu Klaus.
    »Kommst du wieder?«, raunte sie ihm zu.
    »Ja«, raunte er zurück und tastete fahrig nach ihrer Hand. Der Blick in den Ausschnitt ihres Mieders ließ ihn sich zusammenkrümmen. Doch er musste dem Magister folgen, wollte er nicht Probleme mit der Nachtwache bekommen.
    Die Amme drängte die Mädchen mit Gewalt zur Treppe. Lachend liefen sie hinauf und knallten ihr die Tür vor der Nase zu.
    »Wir brauchen heute niemanden mehr«, riefen sie und schoben den Riegel vor die Tür.
    »Macht auf und lasst mich ein«, schimpfte die Amme. »Ich muss euch doch entkleiden.«
    »Das machen wir selbst«, rief Katharina zurück und ließ sich von Maria die Haken des Kleides öffnen. Dann setzte sie sich auf die Bettkante und bürstete ihr Haar. Vor Aufregung hatte sie ganz rote Wangen.
    »Glaubst du diese haarsträubenden Geschichten?«, fragte Maria mit großen Augen.
    Katharina schüttelte

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