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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Nachmittag war Pause, in der sich die Studenten in alle Winde verstreuten, um sich pünktlich zu den Seminaren am Nachmittag wieder einzufinden.
    »Ich gehe zum Marktplatz«, sagte Johann. »Dort steht eine knusprige Brezelbäckerin und bietet ihre Ware feil. Kommst du mit?«
    Klaus schüttelte den Kopf.
    »Ich möchte mich zur Klausur zurückziehen.«
    »Was?« Johann starrte ihn sprachlos an. Dann tippte er mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Iss lieber was, sonst stehst du den Tag nicht durch. Schließlich wollen wir doch heute Abend …«
    »Ich weiß, ich weiß. Mach dir um mich keine Gedanken.« Er sah aus den Augenwinkeln, dass Siebenpfeiffer sich bereits auf den Weg machte, und eilte ihm nach.
    »Herr Magister, Herr Magister, ich hätte eine Frage zu einem wichtigen Aspekt des römischen Rechts, der …«
    »Tut mir Leid, Agricola, ich habe jetzt keine Zeit. Disputationes können heute Nachmittag im Seminar durchgeführt werden. Ich habe eine Einladung zu Kaufmann Preller.«
    »Darf ich Euch begleiten, Herr Magister?«
    Siebenpfeiffer blieb abrupt stehen.
    »Kommt nicht in Frage, Agricola. Preller hat mich eingeladen, da ziemt es sich nicht, schnorrende Anhängsel mitzuschleppen.«
    »Wenn Ihr das Mittagsmahl meint, so steht mir selbstverständlich kein Sinn danach. Ich würde gern Erfahrungen im Unterrichten sammeln.« Zum zweiten Mal blieb Siebenpfeiffer stehen.
    »Was für Unterricht?«
    Klaus trat nervös und verlegen von einem Fuß auf den anderen.
    »Ich weiß, dass Ihr die Töchter des Kaufmanns unterrichtet.«
    Der Magister schnappte nach Luft.
    »Woher wisst Ihr das?«
    »Eine der Zwillinge hat es mir erzählt. Ich finde es wunderbar, dass Ihr ein gutes Werk tut und Frauen unterrichtet.«
    »Und ich finde es unter meiner Würde«, erwiderte der Magister scharf. »Leider hat mir damals der Preller das Versprechen abgeknöpft, als Pate für die Bildung der Mädchen zu sorgen.«
    »Sehr ehrenwert von Euch«, wiederholte Klaus. »Mich interessiert das Lehramt so sehr, dass ich es gern erlernen möchte. Ich verspreche Euch tiefstes Stillschweigen über alles zu wahren, was in Prellers Haus vor sich geht.«
    Siebenpfeiffer warf ihm einen schrägen Blick zu.
    »Schwört Ihr, Agricola?«
    Klaus hob die Hand.
    »Ich schwöre es, bei allem, was mir heilig ist.«
    »So soll es Gottes Wille sein«, erwiderte er und lief mit ausgreifenden Schritten weiter.
    Auf dem Marktplatz herrschte wie immer reges Treiben. Die meisten Bauern hatten ihre Feldfrüchte, Eier und Milch bereits verkauft, aber es gab noch genug andere Händler. Eine Korbflechterin saß am Boden, um sich herum verschiedenartige Körbe, Kiepen und Matten ausgebreitet. Daneben saß ein schmutziges Kind mit triefender Nase in erbärmlichen Lumpen mit Wiesenchampignons auf einem dreckigen Tuch. Ein Mönch hielt eine flammende Rede wider die Sünde, und sammelte eine Menge Zuhörer um sich. Zwei weitere Mönche rollten abwechselnd Bilder von einem Schreckensszenarium auf, die die Qualen des Fegefeuers zeigten und wedelten mit Ablassbriefen in der Luft.
    Johanns Brezelverkäuferin war auch da. Sie trug eine Art Bauchladen mit Dach und überall baumelten die Brezeln ver­lockend herab. Die Frau selbst war auch eine Verlockung und so rund und knusprig wie ihre Brezeln. Klaus konnte verstehen, dass Johann von ihr schwärmte.
    Doch er hatte keine Zeit, dem Treiben zuzuschauen, denn der Magister klopfte bereits gegen die Tür des Prellerschen Hauses. Walburga riss sie auf und ließ die beiden Gelehrten herein.
    Hieronymus hatte Besuch von einem anderen Kaufmann und stritt gerade lautstark im Kontor über die Zahl der Säcke, die sie abgeladen hatten. Er winkte Siebenpfeiffer nur kurz zu.
    »Geht nur, geht nur, Magister, und lasst Euch und dem jungen Mann eine Schüssel Suppe geben, bevor Ihr mit dem Unterricht beginnt.« Der Magister, der sich im Haus mittlerweile gut auskannte, lief mit großen Schritten und wehendem Mantel weiter bis zur Stube, wo schon die Töchter des Hauses warteten und artig aufstanden, als er den Raum betrat. Ihre Augen wurden groß, als sie hinter Siebenpfeiffer den jungen Studenten bemerkten. Katharina errötete heftig.
    Mit Schwung warf Siebenpfeiffer Mantel und Hut ab und nahm auf der Bank Platz. Die beiden Mädchen ließen sich auf flachen Hockern nieder, damit sie deutlich unter dem Magister saßen und zu ihm aufsehen konnten. Auf ihren Knien hielten sie ihre Schreibutensilien. Klaus bemerkte mit kundigem Blick, dass es richtiges

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