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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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westlichen Länder zusammenkommen? Ein großes Reich, das ganz Westeuropa umfasst, wäre wohl der Traum aller Händler und Kaufleute. Nicht auch Eurer, Siebenpfeiffer?«
    »Es wäre ein Albtraum. Stellt Euch vor, all die verschiedenen Völkerschaften unter einem König oder Kaiser. Um den Volkszorn im Zaum zu halten, müsste der Regent seinen ganzen Reichtum für Soldaten ausgeben, die im Inneren des Reiches kämpften, statt neue Länder zu erobern. Nein, nein, Preller, Gott hat die Ordnung schon richtig geschaffen. Seht es doch einmal vom philosophischen Standpunkt aus.«
    »Davon habe ich keine Ahnung. Ihr seid Gelehrter, ich bin Kaufmann. Mich interessiert nur, wie viele Zollschranken zwischen meinen Handelsplätzen liegen. Jeder Zoll verteuert meine Ware und schmälert meinen Gewinn. Es ist eine einfache Rechnung, wie ein Naturgesetz.«
    »Nun, vielleicht lernen die beiden Kurfürsten aus dieser schmerzhaften Teilung und vermeiden weitere in der Zukunft. Aber das sehe ich nicht, Preller, sondern hoffe es.«
    Hieronymus nickte schwach. Er stützte seinen Kopf gedankenschwer auf seine Hand.
    »Und ich träumte davon, so wie mein Freund Sikora den Handel bis in das Reich des chinesischen Kaisers ausweiten zu können.«
    Siebenpfeiffer schwieg. Er mochte nicht erwähnen, dass dem Kaufmann vielleicht weiteres Ungemach ins Haus stehen würde. Die Unzufriedenheit der Kaufleute war nur die eine Seite. Die Unmoral der Kirche eine andere.
    Von draußen war die schrille Stimme des Ablasspredigers zu hören, der den Leuten das Fürchten lehrte. Er drohte ihnen mit den Qualen des Fegefeuers und zählte immer wieder die Sünden auf, von denen man sich freikaufen musste, wollte man nicht so enden wie die grausigen Gestalten auf den Rollbildern, die eifrige Mönche im Rund zeigten.
    »Vergebung für die Toten. Auch Eure Ahnen haben gesündigt. Damit sie schneller in den Himmel kommen, zahlt Eure Dukaten hier ein. Damit werden auch Euren Ahnen alle Sünden vergeben. Habt Ihr gesündigt?
    Habt Ihr womöglich einen Mord begangen? Für acht Dukaten wird er Euch hier und jetzt vergeben. Habt Ihr den Mord noch nicht begangen? Plagen Euch nur derartige Gedanken? Acht Dukaten! Heute nur acht Dukaten, und auch der Gedanke daran sei Euch vergeben.«
    Der Magister bekreuzigte sich. Er konnte es nicht verdenken, dass seine Studenten diese natternzüngigen Prediger verspotteten. Er würde die Sache mit der Kutte einfach auf die vielen fremden Studenten schieben, die aus Böhmen und Polen, Ungarn, Kärnten und Österreich herkamen, um sich die Universität zu beschauen und den Weinumsatz in den städtischen Schänken zu steigern.
    Das Problem war nur, dass Propst Benedictus zu viel Macht und Einfluss in der Stadt besaß, um ihn zu hintergehen. Was einmal zwischen seine fetten Wurstfinger geriet, das ließ er nicht wieder los, in Gottes Namen, dem Namen der heiligen Mutter Kirche und damit in seinem Namen. Siebenpfeiffer hatte keine Lust, es sich mit den Mächtigen zu verderben, war er doch auf das schmale Salär als Magister angewiesen. Er konnte nichts anderes, als Studenten zu unterrichten, wollte er nicht betteln gehen.
    Er klopfte Hieronymus tröstend auf die Schulter und blickte sich dann im Kontor um.
    »Interessante Ware habt Ihr wieder hereinbekommen«, stellte er fest. »Ihr schwärmt für das Orientalische, nicht wahr? Der schönste Edelstein in Eurer Sammlung ist wohl Eure … hm … Philomena.«
    Bei der Nennung ihres Namens leuchteten Hieronymus’ Augen auf.
    »Wie wahr«, rief er. »Wenn sie nicht wäre, dann wären meine Tage finster wie die Nächte ohne Mondlicht.«
    »Woher kommt diese schöne Frau?«, wollte der Magister wissen.
    Hieronymus starrte ihn erschrocken an.
    »Das darf ich niemandem sagen. Es ist ein Geheimnis.«
    Siebenpfeiffer deutete auf die orientalischen Teppiche.
    »Ich wette, sie stammt auch aus dem Orient. Habt Ihr sie etwa auf einem Sklavenmarkt gekauft?«
    Hieronymus’ Blick flackerte unsicher. Siebenpfeiffer schätzte, dass er der Wahrheit ziemlich nahe kam.
    »Was Ihr nur denkt, Magister. Ich nehme mir doch keine Heidin ins Haus. Nein, nein, lasst Philomena aus dem Spiel. Sie ist eine liebe Frau, sehr häuslich und versteht es, mein großes Haus zu führen. Sie ist gut zu den Kindern, und vor allem ist sie gut zu mir.«
    Bei der Erwähnung der Zwillinge wurde Siebenpfeiffer unruhig. Er wollte unbedingt nachschauen, wie sich Klaus bei der Unterrichtung der Mädchen anstellte. Hieronymus’ Klage hatte

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