Die Schwestern des Lichts - 3
Spirale Richtung Erdboden. Richard umklammerte Scarlets Wirbeldorne, während der riesige Drache versuchte, sich wieder zu fangen.
Im Schein des nächsten Lichtblitzes, den die Frau aus ihren Händen schleuderte, sah er sie auf den breiten Treppenstufen, die unter ihnen kreisten. Wieder brüllte Scarlet vor Schmerz auf. Als der Blitz erlosch, war die Frau im Dunkeln nicht mehr zu erkennen.
Scarlet hatte Mühe, einen unkontrollierten Absturz zu verhindern. Richard wußte, ein weiterer Blitz wäre für sie das Ende. Er riß den Bogen von seinem Rücken und zog einen Pfeil aus dem Köcher.
»Scarlet, mach Feuer, damit ich sie sehen kann!«
Als Richard die Sehne an seine Wange zog, stieß Scarlet einen feurigwütenden Schmerzensschrei aus. In dessen rotem Schein sah er, wie die Frau erneut die Arme hob. Bevor er das Ziel herbeirufen konnte, verschwand sie wegen Scarlets Kreisbewegung wieder aus dem Blickfeld.
»Scarlet, paß auf!«
Scarlet zog ihren rechten Flügel ein und neigte sich zur anderen Seite. Der gelbe Lichtblitz schoß links vorüber und verfehlte sie nur knapp. Der Boden kam rasch näher.
Im flackernden roten Schein des Feuerstoßes sah Richard, wie die Frau erneut die Hände hob. Er spannte die Bogensehne und schraubte seinen Körper gegen Scarlets Drehung, um sie im Blick zu behalten.
Bevor sie erneut verschwinden konnte, rief er sein Ziel herbei. Im selben Augenblick, als es zu ihm kam, flog der Pfeil davon.
»Dreh ab!«
Scarlet flatterte mit dem rechten Flügel, so daß sie taumelnd in der Luft standen, als der gelbe Blitz zwischen Drachenhals und -flügel vorüberschoß. Das Licht erlosch, fast bevor es richtig aufgeleuchtet war.
Ein Kräuseln schwärzester Finsternis zog über sie hinweg. Der Pfeil hatte sein Ziel gefunden. Jetzt hatte der Hüter sich auch Schwester Odette geholt.
Mit einem derben Ruck schlugen sie auf dem Erdboden auf.
Richard wurde abgeworfen und überschlug sich. Er setzte sich auf und schüttelte den Kopf, dann sprang er auf die Füße.
»Scarlet! Bist du schwer verletzt? Lebst du noch?«
»Lauf«, stöhnte sie mit tiefer, dröhnender Stimme. »Beeil dich. Du mußt ihn erwischen, bevor er uns alle holt.« Sie streckte den zitternden linken Flügel aus.
Richard strich ihr über die Schnauze. »Ich komme zurück. Halte durch.«
Richard zog das Schwert blank, als er die Stufen hinaufstürmte. Er brauchte den Zorn nicht herbeizurufen, er war da, noch ehe er das Heft des Schwertes überhaupt berührt hatte. In blinder Wut raste er auf die Türen zwischen den gigantischen Säulen zu.
Als er durch die Tür stürzte, griff ihn eine Handvoll Soldaten aus der Dunkelheit heraus an. Ohne stehenzubleiben, fuhr Richard wie eine Sichel zwischen ihnen hindurch. Seine Klinge blitzte im Schein der Fackeln auf, der aus den weiten Hallen im Innern hervordrang. Richard tanzte mit den Seelen. Seine Klinge bewegte sich mit fließender Eleganz inmitten der stumpf um sich hackenden Soldaten.
Den ersten schnitt er in zwei Teile – mitsamt Brustpanzer. Jeder Angriff wurde von seiner flinken Klinge abgewehrt. Es war nur eine Frage von Augenblicken, bis die fünfzehn Mann verstreut auf dem blutüberströmten Boden lagen und Richard weiterging.
Ein schöner Willkommensgruß zu seiner Rückkehr. Er mußte daran denken, wie die d’haranische Armee ihm ihre Ergebenheit geschworen hatte, als er das letzte Mal hiergewesen war und Darken Rahl getötet hatte. Vielleicht wußten sie nicht, wer er war. Wahrscheinlich aber wußten sie es ganz genau.
Richard wählte eine Halle, die in die Richtung des Gartens des Lebens führte. Drei Etagen mit Baikonen blickten auf diese Halle hinab. Die meisten Fackeln waren erloschen. Kein Mensch war zu sehen, als er einen Andachtsplatz mit dem zu einem Kreis geharkten weißen Sand um einen löchrigen Stein passierte.
Ein halbes Dutzend Mord-Sith stürzte aus einem seitlichen Treppenhaus und kam auf ihn zugerannt. Sie alle trugen die rote Lederuniform, und jede hielt einen Strafer in der Hand. Trotz seines Zorns war ihm bewußt, daß er sein Schwert nicht gegen sie benutzen konnte, sonst würden sie ihn mit Hilfe von dessen Magie gefangennehmen. Er war außer sich vor Wut. Er mußte unbedingt zu Darken Rahl. Er hatte keine Zeit, sich mit diesen todbringenden Frauen herumzuschlagen.
Widerstrebend schob Richard das Schwert in die Scheide und zog sein Messer. Denna hatte ihm einst erklärt, wenn er sein Schwert anstelle seines Messers benutzt hätte, dann hätte
Weitere Kostenlose Bücher