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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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in einer halben Stunde eintreffen.
    Niemand hatte ihn so früh zurückerwartet. Kaum war er also aus dem Haus, schon begann der Schlendrian? Irgendetwas stimmte nicht. Ganz und gar nicht. Er fühlte sein Herz bis in den Hals klopfen, löste sich aus dem Moment der Erstarrung und sprang, plötzlich wie getrieben, die Stufen hinauf in den ersten Stock und stieß die Tür zur Krankenkammer seiner Frau auf. Im Bett nur zerwühlte Laken und Kissen, auf dem Laken ein großer bräunlicher Fleck – Ina Hegolt war nicht da. Nicht in ihrem Bett, nicht in dem weich gepolsterten Lehnstuhl, in dem sie an guten Tagen am Fenster gesessen hatte, in ihrem ganzen Zimmer nicht.
    «Kassandra!» Hegolts Stimme hallte durch das Treppenhaus, sie wurde mit jedem Ruf schriller. «Mademoiselle Kassandra! Alberte! Henning.»
    Schlagartig kam Leben in das Haus. Türen klappten, Schritte eilten aus dem Souterrain herauf, aus den oberen Etagen herunter.
    «Monsieur? Ihr seid schon zurück?» Alberte rannte, die Röcke mit beiden Händen gerafft und immer zwei Stufen auf einmal nehmend, zu ihm herauf. «Was ist geschehen? Und wo – wo ist Madam?» Sie trat ganz in das Zimmer und blickte ihn verständnislos an. «Wo ist Madam Hegolt? Geht es ihr besser? Ist sie aufgestanden?»
    Dann drängte sich Mlle. Meyberg in das Zimmer, bleich, die Augen gerötet, das Haar wirr vom Schlaf. Sie war barfüßig und noch nicht angekleidet, was um diese Stunde noch nie vorgekommen war, ein großes, um ihren dünnen Körper gewickeltes Tuch aus geblümtem Kattun bedeckte ihr Nachtgewand nur notdürftig.
    «Wo ist Madam?», fragte sie erschreckt. «Sie ist doch nicht ausgegangen?»
    «Ausgegangen!? Wie hätte sie das tun sollen? Sie ist krank. Sehr schwer krank. Habt ihr das vergessen? Ihr alle?», schrie er plötzlich, sein Arm beschrieb einen weiten Bogen über seine nun vollzählig vor der Tür versammelten Dienstboten.
    «Mademoiselle?», rief eine unsichere Mädchenstimme von der oberen Etage. «Mlle. Meyberg? Was ist denn geschehen? Ist Papa schon zurück?»
    «Felice», flüsterte die Köchin. Niemand musste daran erinnert werden, dass das Mädchen die Treppe ohne Hilfe nicht herabsteigen konnte. «Georgine wird bei ihr sein. Wo ist Emanuel?», wandte sie sich an die Gouvernante. Die zuckte die Achseln, beschämt ob ihrer Unwissenheit, vielleicht bemerkte sie auch erst jetzt, wie unschicklich sie gekleidet war. Sie hatte zu lange geschlafen, es war eine Schande.
    «Der Junge ist schon weg», meldete sich Henning, der Diener, «er sieht morgens vor der Schule gern noch im Reitstall vorbei.»
    «Gut. Das ist gut. Kassandra, Mlle. Meyberg, Ihr geht zu den Mädchen hinauf und beruhigt sie. Alles wird sich klären. Dann könnt Ihr Euch – ankleiden und wieder herunterkommen. Lasst die Mädchen oben in ihrem Zimmer.» Ansgar Hegolt wirkte plötzlich ruhig und kühl, als habe er sich auf seine Aufgabe als Herr des Hauses besonnen. Seine Frau war verschwunden, schlimmer noch, seine schwer kranke Frau war verschwunden. «Und zuerst: alle in die Diele. Ich will hören, was heute Nacht hier vorgegangen ist.»
    Das Ergebnis der Besprechung mit den Dienstboten, das richtige Wort wäre Verhör, ergab wenig. Niemand wusste etwas. Alle hatten fest geschlafen und nichts Ungewöhnliches gehört. Wie gewöhnlich hatte Alberte als Letzte die Lichter gelöscht, in der Küche die Glut mit Asche bedeckt, geprüft, ob der Balken ordentlich vor der Tür lag, da habe die Uhr schon halb elf geschlagen. Ja, Mlle. Meyberg sei um diese Zeit schon in ihrem Zimmer im Dachgeschoss gewesen.
    Ja, bestätigte die, sie habe zuvor Madam vorgelesen und für die Nacht versorgt. Mit allem, ja. Wie Monsieur es ihr aufgetragen hatte.
    Auch die anderen hatten schon geschlafen. Niemand hatte etwas hinzuzufügen. Heute Morgen, auch darin waren alle einig, war Madam Hegolts Tür geschlossen gewesen. Da ihre Versorgung der Gouvernante anvertraut war, Kassandra Meyberg, hatte niemand geargwöhnt, etwas sei anders als sonst.
    «Es ist gut», sagte Hegolt schließlich, «geht nun an eure Pflichten. Noch etwas», hielt er sie zurück, «Madam Hegolt ist nicht hier, das stimmt und ist», er rieb sich tief einatmend die Stirn und fuhr fort: «ja, es ist beunruhigend. Aber es geht niemand etwas an. Es ist einzig meine Angelegenheit, ich werde mich darum kümmern, und sie wird bald zurück sein.» Das jüngere der beiden Dienstmädchen schluchzte leise auf, verstummte umgehend unter einem scharfen Blick ihres

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