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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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beschäftigt gewesen. Die wollten leider nicht gestehen, noch weniger verraten, an wen sie die Vierbeiner weiterverkauft hatten. Der Bestohlene war einer der Oberalten, also einer der einflussreichsten Männer der Stadt, und die Hunde von seltener, somit teurer Rasse, deshalb musste dieser Untat, die die Wedde sonst nicht im Geringsten interessiert hätte, gewissenhaft nachgegangen werden.
    Kaum war jedoch der Knirps mit der Nachricht gekommen, die aus dem Gerücht eine Tatsache mit Namen und Adresse machte, hatte Wagner die vermeintlichen Hundediebe kurzerhand einschließen lassen, seinen Hut aufgesetzt, Bleistiftstummel und Zettel in die Rocktasche gesteckt und war losmarschiert. Der eifrige junge Infanterist, daran gewöhnt, in gleichmäßigen, dem Vorder- und dem Nebenmann angepassten Schritten zu marschieren, war mehrfach gestolpert, bis er genug Abstand hielt, um sich von den kurzen, raschen Schritten des Weddemeisters, die so gar nichts mit Soldatenschritten zu tun hatten, nicht mehr durcheinanderbringen zu lassen.
    «Monsieur Hegolt ist sehr beschäftigt», versicherte Henning so herablassend wie möglich, «ich richte gerne etwas aus, wenn es genehm ist.»
    «Es ist nicht genehm», knurrte Wagner. Er hätte es gerne gebrüllt, das erschien ihm jedoch übertrieben. Er wusste selbst nicht, warum er so wütend war. Andererseits: Zwei ermordete Frauen, nun auch eine verschwundene, und nicht die Ahnung einer Spur – das war zum Wütendwerden. Allemal. Er hoffte, wenigstens diese sei nur einem unangenehmen Ehemann entflohen. Ob mit oder ohne Liebhaber, war ihm einerlei. Nur nicht noch eine Tote.
    Dabei irritierte ihn die Adresse der Hegolts. Sie wohnten in Sichtweite des Fundorts der ersten toten Frau, Wanda Bernau, die wiederum Dienstmädchen bei einer der Nachbarfamilien der nun Verschwundenen gewesen war. Auch der Fundort, wohl gleichzeitig der Ort des Mordes der zweiten Toten, Janne Valentin, lag nicht weit entfernt, wenn man sich in den Gängen auskannte, nur ein paar Minuten.
    Wagner schob den stocksteifen Diener in seinem samtenen Rock einfach beiseite, da der solches Benehmen nicht gewöhnt war, war er viel zu verblüfft, um Widerstand zu leisten.
    In der Diele duftete es köstlich, Wagner vermutete, nach Ochsenschwanzsuppe. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, sein Magen knurrte erwartungsfreudig, er rief sich zur Ordnung und verlangte alle im Hause Anwesenden sofort in der Diele zu sehen. Insbesondere die Dame des Hauses.
    «Das ist leider unmöglich», sagte eine Stimme von der die Diele in halber Höhe umlaufenden Empore. Ansgar Hegolt war aus dem Zimmer seiner Frau gekommen, er zog einen nachtblauen Hausrock über und kam die Treppe herunter. «Ich bin sicher, dass Ihr das auch wisst. Warum sonst wäret Ihr hier? Ihr seid doch der Weddemeister? Ich hatte bisher nicht das Vergnügen.»
    Ansgar Hegolt sah übernächtigt aus, seine Halsbinde hing offen herab, aber sein weißes Hemd war makellos sauber und gebügelt, sein dunkles lockiges Haar war einfach straff im Nacken gebunden, eine Strähne hing ihm ins Gesicht, er strich sie mit einer knappen Bewegung hinter das Ohr. Er wirkte wie ein Mann, der auf eine gepflegte Erscheinung Wert legte, nur heute ein wenig derangiert war – also genau so, wie es war. Dennoch: Falls ihm seine Frau entlaufen war, kaum wegen Unansehnlichkeit. Dass er gerade an einem solchen Morgen und gewöhnlichen Wochentag ein frisches Hemd angezogen hatte, fand Wagner erstaunlich, in seinem Beruf erlebte man auch im Alltäglichen seltsame Dinge.
    Das Personal hatte sich versammelt, die Köchin oder Wirtschafterin, zwei Dienstmädchen, ein Diener, die Gouvernante. Einmal in der Woche, zumeist freitags, komme noch eine Zugehfrau für die groben Arbeiten.
    «Woher wisst Ihr von unserem Unglück?», fragte Ansgar Hegolt den Weddemeister. «Und wieso interessiert es Euch? Es ist eine Familienangelegenheit.»
    «Es kommt darauf an.»
    «Wahrscheinlich.» Hegolt ließ sich auf einen der beiden Stühle neben dem Ungetüm von Dielenschrank fallen und blickte ergeben zu Wagner auf. Dem wäre lieber gewesen, er hätte ihm den zweiten Stuhl angeboten, was aber unterblieb. Dafür gab er bereitwillig Auskunft.
    Er erzählte von dem eiligen Ritt nach Wohldorf, ja, dort habe er übernachtet, natürlich, im Haus Monsieur Bahlmanns. Erzählte von seiner Unruhe und dem sehr frühen Aufbruch, von der Entdeckung bei seiner Rückkehr.
    «Warum seid Ihr gerade gestern nach Wohldorf geritten, und –

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