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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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können. Alberte gab sich gerne schroff, so verbarg sie am besten ihr zuzeiten butterweiches Herz.
    Was war denn so schlimm daran, wenn ein Mädchen schwache Beine hatte? Felice war ein so angenehmes und heiteres Kind, so voller Leben und Beweglichkeit. Noch war sie das. Ihre Mutter hatte es immer verstanden, ihr zu zeigen, was für ein wertvoller, geliebter Mensch sie war. Die liebe arme Madam Hegolt. Sie durfte nicht sterben. Sie war ein guter Mensch und das Licht dieses Hauses, was sollte werden, wenn sie nicht mehr da war? Alle liebten und brauchten sie. Jeder auf seine Weise und nach seinen Bedürfnissen. Die Kinder, der Ehemann, auch das Gesinde. Georgine und Emanuel, das jüngste und das älteste der Kinder, waren stark und gesund an Körper und Seele. Doch was sollte aus Felice werden? Wer sollte aus dem fröhlichen Kind eine fröhliche junge Frau machen, all die Demütigungen und Rückweisungen auffangen, die sie erfahren würde, und Trost spenden? Niemand verstand sich darauf wie Madam Hegolt. Sie konnte in die Herzen der Menschen sehen und fand so immer das richtige Wort, die richtige Geste oder Entscheidung. Das klang schwärmerisch? Es war trotzdem die Wahrheit.
    Alberte steckte rasch eine der Ordnung entkommene Haarsträhne unter ihre Haube zurück, lauschte ein letztes Mal und drückte die Klinke zu Madam Hegolts Kammer herunter.
    Wieder schlug ihr der Geruch von Krankheit entgegen, allerdings milder als beim letzten Mal. Vielleicht hatte sich doch jemand erbarmt, die Meyberg gar oder Monsieur Hegolt, und ein wenig frische Luft herein- und die krankmachende hinausgelassen.
    Ina Hegolt lag erschöpfter als vorgestern in ihren Kissen, bleich wie das Leinen, die Lippen trocken und blutleer. Ihr Haar hatte immer einen warm glänzenden Goldton gehabt, nun war es schmutzig gelb und stumpf.
    «Alberte?», flüsterte sie, als die Köchin behutsam näher trat. «Ist sie noch weg?»
    «Ja, Madam. Sie war wieder ein Stündchen mit Felice aus, wie Ihr befohlen habt, Georgine, unsere kleine Stubenhockerin, hat sie heute begleitet. Nun fragt sie die Mädchen ihre Lektionen ab. Ich denke, sie braucht noch ein Weilchen, bevor sie zurück sein wird.»
    «Und Emanuel?»
    «Der Junge ist im Reitstall am Gänsemarkt, Madam. Sobald es wirklich Frühling ist, vielleicht schon in der nächsten Woche, wird der Reitlehrer mit ihm und einigen anderen Jungen durchs Tor hinausreiten, nach Eimsbüttel, glaube ich. Aber das weiß Monsieur Hegolt natürlich genauer, ich habe nur davon gehört. Ihr solltet Euch keine Gedanken um die Kinder machen, allen geht es gut, denkt lieber an Euch und Euer Wohlergehen. Damit Ihr bald gesund werdet.»
    Ina Hegolt schloss für einen Wimpernschlag müde die Augen, als sei es schon Anstrengung, an Gesundheit nur zu denken. «Warum bist du nicht früher gekommen? Hattest du mich nicht verstanden?»
    «Doch.» Alberte tupfte die Stirn der Kranken mit einem feuchten Tuch und berührte sanft ihre Wange. Sie wusste, dass ihr Ton vor falscher Munterkeit triefte, und hoffte, die Kranke werde es nicht merken. Leider war Madam Hegolt keine, die sich Theater vorspielen ließ, ohne es zu durchschauen. Selbst jetzt nicht.
    Alberte war erschreckt. Es gab gute und schlechte Tage, heute war ein besonders schlechter. Diese Krankheit war ein unberechenbares, beständiges Auf und Ab. «Eine große Mattigkeit des Herzens», hatte einer der Ärzte die Achseln zuckend dem anderen zugeraunt, als sie durch die Diele zum Portal gingen und die Köchin übersahen wie ein Möbelstück.
    Alberte war etwa im gleichen Alter, vielleicht sogar einige Jahre jünger als ihre Herrin, doch schon von Anfang an, als noch niemand an Schwäche und Krankheit dachte, hatte sie bis dahin kaum bekannte mütterliche Gefühle für Ina Hegolt gespürt, als müsse sie, eine Dienstbotin, die Kaufmannsfrau beschützen. Das war so lächerlich wie vermessen, trotzdem fühlte sie so. Jetzt erst recht. «Doch, Madam, ich war schon einmal hier», versicherte sie, «Ihr habt geschlafen, und ich wollte Euch nicht wecken. Schlaf ist doch die beste Medizin.»
    «Dieser Schlaf nicht.» Ina Hegolt umklammerte mit überraschender Kraft Albertes Handgelenk. «Dieser nicht.» Ihr Blick flatterte zu dem braunen Laudanum-Fläschchen zwischen den anderen Dosen, Schachteln und Phiolen mit allerlei sinnvollen und sinnlosen, jedenfalls vergeblich verabreichten Mitteln und Arzneien. «Die Kinder. Du musst auf die Kinder achtgeben.» Ihre Stimme bat nicht, sie flehte,

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