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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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eines kleinen Schlosses, und mit seinen zwei Türmen, der efeuberankten Fassade und dem gepflegten Innenhof sah es auch tatsächlich so aus. Sogar ein kleiner Park gehörte dazu. Amalia hatte es zunächst für ein Hotel oder eine Herberge gehalten, in der sie nur die Nacht verbringen wollten. Die hohen Mauern hatte sie erst bemerkt, als es schon längst zu spät war. Man hatte ihr das Zimmer gezeigt – es war elegant eingerichtet, ein wenig kleiner als ihres in Sherwood, aber mit allem Komfort. Von dem Fenster aus konnte man über den Innenhof direkt auf die Mauer schauen, diesen steinernen Wall, der das Anwesen wie ein Gefängnis umschloss. Sie entsann sich, dass sie auf dem Flur andere junge Frauen und auch Männer erblickt hatte – und Aufsichtspersonal. Eine leise Angst war in ihr aufgestiegen, weil sie nicht begriff, was sie hier sollten. Ihre Eltern hatten ihr gesagt, dass sie ihre Schwester in Dover vom Schiff abholen wollten. Amalia war überrascht gewesen, dass ihre Mutter sie gebeten hatte, sie auf dieser Fahrt zu begleiten. Seit dem Vorfall mit den Hamptons war sie ihr mit einer eisigen, unversöhnlichen Kälte begegnet. Zwei Tage zuvor jedoch hatte ihre Mutter auf einmal das Gespräch mit ihr gesucht. Sie bat sie, einige Sachen für die Fahrt nach Dover zu packen. Lady Hampton war gegen Mittag überraschend zu Besuch erschienen. Amalia war erstarrt und hatte einen Moment lang sogar befürchtet, sie sei gekommen, um ihrer Mutter alles zu erzählen. Sie wusste, dass Edward mit ihr hatte sprechen wollen. Doch sie hatte Amalia freundlich begrüßt und ihr sogar heimlich ein Briefchen zugesteckt.
    Edward bittet mich, Ihnen auszurichten, dass er Sie sehen muss. Wenn es Ihnen möglich ist, sollen Sie gegen zwei Uhr zu dem Cottage kommen.
    Sie war viel zu überrascht, um darüber nachzudenken, wie seltsam es war, dass Edward ihr nicht selbst schrieb. Nur kurz war ihr auch durch den Kopf gegangen, dass er eigentlich in London sein müsste. War er vorzeitig zurückgekehrt?
    Ihre Sehnsucht nach ihm war so groß, dass sie selbst der Sturm nicht davon abhielt, sich auf den Weg zu ihm zu machen. Mr Benson, der Gärtner, machte ihr beunruhigt einige Zeichen, als er sie am Tor traf, doch sie lächelte ihm beschwichtigend zu. Sie würde nicht lange fortbleiben.
    Draußen im Moor war der Wind so stark, dass sie kaum vorwärtskam, und der Regen peitschte ihr ins Gesicht. Mühsam kämpfte sie sich vorwärts und erreichte schließlich das Cottage. Doch Edward kam nicht. Fast eine Stunde wartete sie auf ihn, bevor sie sich enttäuscht und auch ein wenig beunruhigt wieder auf den Rückweg machte. Der Himmel hatte sich weiter zugezogen, und der Regen war inzwischen so heftig geworden, dass sie auf dem schmalen Pfad immer wieder ins Rutschen kam. Furcht ergriff sie, sie könne es nicht mehr zurückschaffen. Als sie hinter den Hügeln endlich die Straße erreichte, sah sie zu ihrer Erleichterung die Kutsche ihrer Eltern, die ihr entgegenkam. Eilig half man ihr in den Wagen.
    »Was machst du hier draußen? Bei diesem Wetter?« Sie konnte die aufgebrachten Worte von den Lippen ihrer Mutter lesen. »Wir müssen sofort los, um nach Dover aufzubrechen, bevor der Sturm noch schlimmer wird!«
    Amalia nickte verwirrt. Selbst ihr Gepäck hatten sie schon dabei. Ihre Mutter reichte ihr ein Tuch für ihre nassen Haare.
    Starr blickten ihre Eltern aus dem Fenster, während sich ihre eigenen Gedanken Edward zuwandten und sie sich abermals fragte, weshalb er nicht gekommen war.
    Die Fahrt war lang. Die Kutsche schaukelte im Wind, und mehr als einmal drohten sie auf den matschigen Wegen stecken zu bleiben. Ihre Eltern sprachen kaum ein Wort. Amalia konnte sich nicht erinnern, wann sie jemals so viele Stunden mit ihrer Mutter und ihrem Vater allein verbracht hatte. Die Verständigung mit ihnen war schwierig, nie war ihr das so bewusst geworden, und in manchem Moment schien es ihr beinahe, als würde sie mit Fremden reisen.
    Die Nacht verbrachten sie abseits der Landstraße in einem einsam gelegenen Gasthaus, und am nächsten Tag hatten sie schließlich ihren Weg fortgesetzt und waren hier angekommen – in St. Mary’s Home.
    Verwirrt sah sie sich nach der Ankunft erneut in dem Zimmer um und versuchte das Gefühl der Panik zu bekämpfen, das in ihr hochstieg. Sie ergriff ihren Block. Was machen wir hier? Ich dachte, wir holen Cathleen ab?
    Ihr Vater wich ihrem Blick aus, so wie er es schon die ganze Fahrt über getan hatte. Ihre Mutter strich

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